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VIII.

DER KUPFERSTICH IN DEUTSCHLAND IM
XVII. UND XVIII. JAHRHUNDERT
Von den Eigenschaften, die den deutschen Kupferstich im
XV. und XVI. Jahrh. auszeichnen, erbt das XVII. Jahrh. kaum
einen geringen Anteil. Die selbständig schöpferische Kraft der
deutschen Kunst, zumal der Malerei und damit zusammen-
hängend des Kupferstichs, scheint verloren, und dieser letztere
fristet sein Leben fast nur noch als Ableger der in kräftiger
Blüte stehenden niederländischen und französischen Schule.
Was an Kunstleistungen jetzt zu Tage kommt, darf als Zeichen
gelten, dafs die Freude an dieser Kunstgattung in Deutschland
trotz aller Widrigkeit der Zeitläufe nicht völlig erloschen war.
Die Bedeutsamkeit der religiösen Darstellungskreise tritt im
XVII. Jahrh. wesentlich in den Hintergrund; grofser Beliebtheit
erfreut sich die Allegorie und das Genre. Da der Holzschnitt
nun fast ganz aufser Übung kommt, werden Stich und Radie-
rung das ausschliefsliche Kunstmittel der Buch-Illustration. Mehr
als alles Andere wird von den Stechern die Porträtdarstellung
betrieben. Die Bildnisse hervorragender Personen werden in
unglaublichen Mengen verfertigt, aber auch solche geringeren
Ranges geben durch den Auftrag ihres Porträts den Stechern
Nahrung. Die Bildnisstecherei ist vielfach werkstattmäfsig or-
ganisiert, in einer Teilung der Arbeit, indem der Meister nur
Köpfe und Hände, Gesellen und Gehülfen die Gewänder und
das Beiwerk machen.
Hauptstätten des Kupferstichs sind Augsburg und Nürn-
berg. In Augsburg, wo sich merkwürdigerweise die gute ältere
Tradition länger als in Nürnberg erhält, ist um 1600 der noch
in der Weise der Feinstecher des XVI. Jahrh. arbeitende
Alexander Mair (1559—1620) wirksam. Schon zu seinen
Lebzeiten gewinnt die niederländische Manier hier Boden.
Ihr Träger ist der seit 1584 in Augsburg ansässige Antwerpener
Stecher und Kunstverleger Dominicus Custos, ein erfolg-
reicher Nachahmer Crispin de Passes. Aus seiner Werkstatt
geht das grofse, den Stammbaum der Fugger illustrierende
 
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