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IX.

DER KUPFERSTICH IN SPANIEN

In Spanien hat sich die Stechkunst niemals zu einer Stellung
erhoben, die dem hohen Rang der Malerei in diesem Lande ent-
sprochen hätte. Der Zufall hat uns einen Kupferstich spanischen
Ursprungs aus dem XV. Jahrh. erhalten. Die Nationalbibliothek
in Madrid bewahrt ein Kleinfolio-Blatt, das im oberen Teil
Scenen aus dem Leben Christi, im unteren die Madonna mit
anbetenden Heiligen, darunter die hl. Eulalia, die Schutz-
patronin von Barcelona, darstellt. Der nur in Umrissen und
ziemlich derb ausgeführte Stich trägt am Unterrand die Be-
zeichnung Fr. Franciscus Domenech 1488, wobei das Fr. als
Frater zu lesen ist. Zu vermuten ist, dafs Franciscus Domenech
ein Dominikanermönch war, der die Kenntnis des Stech-
verfahrens wahrscheinlich in Italien erworben hat. Dafs das
Blatt in Spanien entstanden ist, scheint kaum zAveifelhaft,
aber die so bemerkenswert frühe Ausübung der Stechkunst in
diesem Falle, bleibt, soviel wir bis jetzt wissen, ganz vereinzelt,
denn wir kennen weder Werke spanischen Ursprungs aus dem
XV. noch aus dem XVI. Jahrh. Im XVII. Jahrh. kommen in
Spanien öfter Bücher mit gestochenen Titelblättern und ebenso
ausgeführten Illustrationen heraus. Auch werden jetzt hier
häufig Andachtsbilder und Bildnisblätter in Stich ausgeführt, auf
denen Namen einheimischer Verfertiger erscheinen. Es sind
aber rein handwerkliche, künstlerisch nicht in Betracht kom-
mende Arbeiten. Die hohe Blüte der spanischen Malerei im
XVII. Jahrh. hat keinen Aufschwung der Stechkunst im Gefolge.
Ungleich ihren Zeitgenossen in den Niederlanden, scheinen die
spanischen Maier weder dem Stich, noch auch der Radierung
Interesse entgegenzubringen. Alles was an einzelnen Radierungen
oder vielmehr Radierversuchen berühmten spanischen Malern
zugeschrieben wird, ist hinsichtlich der Echtheit zweifelhaft, so
der angeblich von Diego Velasquez radierte Porträtkopf des
Olivarez, die Kreuzigung Christi des Claudio Coello, die dem
Bartolome Esteban Murillo zugeteilten Blätter etc. Von
 
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