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Wanner, Peter [Red.]
Heimatbuch der Stadt Lorch: Lorch: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Kloster — Lorch, 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.7424#0056
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von Berg, Vater und Sohn, schenkten 1313 in Ehingen einige
Leibeigene auf den Marienaltar des Klosters (U 12). Solche weit
vom Kern der Klosterherrschaft entfernt lebenden Leibeigenen
waren natürlich in besonderem Maße gefährdet, dem Kloster
entzogen zu werden. Kaiser Ludwig der Bayer privilegierte 1331
das Kloster, niemand solle etwas mit seinen Eigenleuten zu tun
haben außer dem Reich, dem Abt oder dem Pfleger (Besold
1636, S. 739 f.). 1347 bestätigte Karl IV. dieses Privileg mit etwas
anderem Wortlaut: außer Abt und Konvent soll niemand (d. h.
auch das Reich und ein Pfleger nicht) etwas mit den Leuten, die
dem Kloster zinsbar oder sonst eigen sind, zu tun haben (ebd.,
S.742 f.).

Einen Schwerpunkt des Lorcher Leibeigenenverbands13 bildete
die Alb um Urach, Schelklingen, Ehingen und Zwiefalten. 1439
empfahlen Abt und Konvent ihre dort ansässigen Eigenleute
dem Schutz des Uracher Vogts Rudolf von Bustetten (U 883).
Mit den im Umkreis von zwei Meilen um Lorch wohnenden
Leuten sollte er nichts zu schaffen haben. Zensualen und Eigen-
leute werden damals nicht mehr unterschieden - ein deutlicher
Hinweis auf die Einebnung der ursprünglich völlig unterschied-
lichen Rechtsstellung in Richtung auf eine einheitliche Unter-
tanenschaft hin.16

Daß man um 1500 versuchte, an die hochmittelalterliche Aus-
stattung mit Eigenleuten anzuknüpfen, belegt die Sammlung
der Dokumente im Roten Buch S. 54 - 56, die mit der Urkunde
von 1488 beginnt und die hochmittelalterlichen Traditionsnoti-
zen von 1162, 1194 und 1218 umfaßt (vgl. Rep. S.17). Die Texte
von 1162 und 1194 wurden wohl zur gleichen Zeit auf einzelne
Pergamentblätter geschrieben, um ihnen Urkundenform zu ge-
ben, also ebenfalls zum Zweck der Rechtssicherung.

Die Krise im 13. Jahrhundert

Die Hinrichtung Konradins, des letzten staufischen Herrschers
und des letzten Herzogs von Schwaben überhaupt, im Jahr 1268
zu Neapel, war lediglich der letzte Akt jenes historischen Vor-
gangs, den man als Untergang des staufischen Hauses be-
schreibt. Zwar urkundete Konradin noch zu Weihnachten 1266
in Schwäbisch Gmünd, doch wenige Kilometer westwärts hatte

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sich bereits um 1250, wie Hans-Martin Maurer gezeigt hat (1977,
S.67 f.), der Graf von Württemberg auf altstaufischem Gut
breitgemacht. 1246 waren die Württemberger in der Schlacht bei
Frankfurt zur stauferfeindlichen, d. h. päpstlichen Partei über-
gewechselt. Während im Gmünder Raum die Herren von Rech-
berg offenbar staufische Positionen wahren konnten, gelang es
dem Württemberger, die Vogtei über Lorch zu erlangen (Stein-
hauser 1912, S.30). Im März 1251 war Graf Ulrich von Würt-
temberg in Lyon bei Papst Innozenz IV. und erwirkte mehrere
Urkunden für Lorch. In einer dieser Urkunden wird er aus-
drücklich als Vogt des Klosters bezeichnet (WUB IV, S.255 f.
mit OAB 1845, S. 200). Die Abtei mußte sich dem neuen Herren
unter anderem darin gefügig erweisen, daß sie Walter, dem Sohn
des württembergischen Truchsessen, einem Kleriker, eine kirch-
liche Pfründe zu versprechen hatte (WUB IV, S. 472 f.).
Die wenig sicheren Verhältnisse in der Mitte des 13. Jahrhun-
derts haben dazu geführt, daß sich etliche benachbarte Herren
unter Ausnutzung der politischen Wirren an den Klostergütern
bedienten. 1251 beauftragte der Papst den Abt von Anhausen
mit dem Schutz des Klosters Lorch gegen räuberische Eingriffe
in dessen Güter (WUB IV, S. 260). 1259 mußte Rom ein weiteres
Mal befehlen, daß dem Kloster unrechtmäßigerweise entfrem-
deter Besitz zurückgegeben werden sollte (WUB V, S.315, 321).
1277 führte Lorch Klage über eine ganze Reihe mächtiger Her-
ren, die es belästigten: Ulrich von Asperg, Ulrich von Helfen-
stein, Ulrich von Württemberg (alle drei Grafen), Albert von
Ebersberg, Heinrich von Brauneck (aus dem Haus Hohenlohe),
Walter von Limpurg und Engelhard der Jüngere von Weinsberg.
Während es zweifelhaft ist, ob sich der Württemberger auch

15 Die Leibeigenenverbände der Herrschaften im Gmünder Raum müß-
ten näher untersucht und mit anderen Verbänden der Nachbarschaft
(Waibelhube, vgl. zuletzt Spranger/Graf 1984, S. 61), aber auch ande-
rer Räume (Königsleute der Pfalz) verglichen werden. Zu den Leibei-
genen der Herrschaft Rosenstein - Heubach vgl. Gerhard Kolb in:
Heubach und die Burg Rosenstein. Schwäbisch Gmünd 1984, S. 68 f.,
73 mit Anm. 171 und zuletzt ders. in: Zeugen ihrer Zeit 1987, S. 102 -
107 Dabei würden wohl manche Aussagen, die Maurer 1977 S. 119 f.

über die Waffenabgabe des Leibeigenschaftsverbands des Hohenstau-
fen trifft, zu relativieren sein. Zu den Lorcher Leibeigenen im Amt Tä-
ferrot vgl. unten S. 84.

16 Die Rechtsstellung einer leibeigenen Familie ist detailliert beschrieben
in U 882.
 
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