Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Wanner, Peter [Red.]
Heimatbuch der Stadt Lorch: Lorch: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Kloster — Lorch, 1990

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7424#0105
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zur Frühgeschichte des Klosters Lorch

Das ehemalige Benediktiner-Kloster krönt bis heute das
Lorcher Stadtbild. Die hinaufgestellte Klosterburg, vom Mau-
erring umgürtet, zeichnet an dieser Stelle das Remstal aus, gibt
ihm Signifikanz und Größe, schreibt in die bewaldeten Höhen-
züge, die an die Talflanken herantreten, ein großes historisches
Zeichen hinein.

Die Entstehungsgeschichte dieses Klosters ist ein Stück Ge-
schichte der Stauf er. Vor der Mitte des 11. Jahrhunderts hatten
sie, die hochadeligen Riesgaugrafen, ihren Sitz nach Westen ver-
lagert, in den Bereich wohl neu erworbener Gebiete. Bei Lorch
im oberen Remstal richteten sie auf einem günstig gelegenen
Talsporn einen Herrensitz ein. Die Marienkirche des Orts,
Urkirche der Landschaft, wählten sie zur Begräbnisstätte der
Familie und erhoben sie zur Kollegiatkirche. In den Jahren um
1070 bestimmte Graf Friedrich den nahen Hohenstaufen zum
neuen Herrschaftssitz. Fortan nannte er sich Friedrich von Stau-
fen. Nun residierte er wie andere Dynastenfürsten seiner Zeit
auf herausragendem Plateau. Die Selbstdarstellung hatte weit-
hin sichtbare Form angenommen.

Die Staufer gaben ihren Lorcher Sitz auf und stifteten dort um
1100 ein Haus- und Familienkloster. Das war eine weitere Geste,
die Rang und Anspruch dokumentierte. An einem solchen Ort
fand das Frömmigkeitsideal der Zeit seine Erfüllung, hier wurde
auch geistigen Interessen nachgegangen, und hier lebte das Ge-
schlecht der Stifter in Gedächtnisstätten und der Klosterchronik
fort.

Solches verband die Stauf er mit Lorch, wie die Zähringer mit St.
Peter im Schwarzwald, die Weifen mit Weingarten, die Dillinger
mit Neresheim, die Grafen des Kochergaues mit der Komburg,
um nur einige der namhaften und auch rivalisierenden Ge-
schlechter zu nennen, die gleiches in jener Zeit taten. Insofern
zeigen diese Gründungen auch Parallelen, als häufig der Klo-
sterburg eine Familienburg vorausging. Bei der Komburg treten
dafür Schriftquellen ein, bei Lorch nur ungesicherte Traditio-

nen. Der archäologische Beweis steht hier (und der Komburg)
noch aus. Es ist angebracht, in den Vorgängerbauten des Klo-
sters Lorch »nur« einen Herrensitz, aber keine Burg mit ausge-
bauten fortifikatorischen Anlagen zu sehen.1
Dem Kloster fehlt das Gründungsdatum (wohl kurz vor 1100),
nicht die Schenkungsurkunde von 1102, in der Friedrich, Her-
zog der Schwaben und Franken, seine Gemahlin Agnes und die
beiden Söhne Friedrich und Konrad die Abtei Lorch dem heili-
gen Apostelfürsten Petrus rechtmäßig und freiwillig übergeben.
Die Auflage, dafür jährlich dem heiligen Stuhl eine Goldmünze
zu bezahlen, ist an die Bedingung gekoppelt, »daß jeweils der
Älteste des Geschlechts Schutzherr und Vogt dieses Klosters
bleibe«. Diese Stiftung darf demnach nicht verstanden werden
als ein einmaliger Akt der Zuwendung und Großzügigkeit, son-
dern als Bekundung des Willens zu bleibender Verbindung,
wirklichkeitsnäher gesagt: zu bleibendem Einfluß.

1 Hans-Martin Maurer (1977, 19 - 21) spricht glaubwürdig von einem
ehemaligen Herrensitz. Anders die Germania Benedictina (1975,
371): »Die ursprüngliche Burganlage läßt sich auch teilweise noch im
Gelände nachweisen«. Oder Karl-Heinz Mistele (1974, 15): »Vieles
deutet darauf hin, daß auf dem Lorcher Klosterberg eine Burg der
staufischen Familie gestanden hatte«. Diese beiden Aussagen sind
nicht mehr wert als Behauptungen, weil die Verifikation noch aus-
steht.

Wir vertrauen Maurer, schließen jedoch die Einschätzung dieses Pla-
teaus als strategisch und fortifikatorisch günstig gelegene Höhe damit
nicht aus. Man kann in ihr ein Gunstareal der Frühbesiedlung sehen.

103
 
Annotationen