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Häßler, Hans-Jürgen; Rösing, Friedrich Wilhelm
Zur inneren Gliederung und Verbreitung der Vorrömischen Eisenzeit im südlichen Niederelbegebiet (Teil 1): Mit e. Beitr. von F. W. Rösing über Die Leichenbrände der eisenzeitlichen Gräberfelder von Bargstedt I, Harsefeld und Issendorf III (Kreis Stade) — Hildesheim: Verlag August Lax, 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.65516#0097
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bezug auf ihre relativ-chronologische Zuordnung hingewiesen. In ihnen finden sich sehr selten
Waffen, obwohl sie zu den charakteristischen Gefäßen der Friedhöfe vom Typ Rieste gehören.
Von den zahlreichen Trichterurnen des südlichen Niederelbegebietes kennt Verfasser nur ein
einziges Exemplar, in dem Waffen gefunden wurden. Es handelt sich dabei um das kleine Gefäß
aus Ehestorf-Vahrendorf, Grab 684. Nach W. Wegewitz staken in dieser Trichterurne mit der
Spitze nach unten 2 längere Lanzenspitzen; außerhalb der Urne lag eine Schildfessel. W. WEGE-
WITZ (1962, 77; Taf. 22) bemerkte, daß die Urne durch das Einstecken der Lanzen beschädigt
worden ist. Läge nicht die Schildfessel bei diesem Fund, könnte man annehmen, die Lanzen seien
nachträglich und unabsichtlich in die Urne gesteckt worden. Besonders Lanzen finden sich ja
häufiger ohne Bezug zu einer Bestattung auf diesem Friedhoftyp. Daß die Trichterurnen
weitgehend ohne Waffen vergesellschaftet auftreten, darf wohl so gedeutet werden, daß diese
Gefäße einem zeitlich engabgesteckten Horizont angehören, wo es noch nicht üblich war, Waffen
mitzugeben.
Liegen Waffen mit Urnen kombiniert, handelt es sich überwiegend um weitmündige Topffor-
men oder Schalenurnen. Die weitmündigen Töpfe sind neben den Trichterurnen die am
zahlreichsten vorkommende Keramikform. Sie lösen in den letzten Jahrzehnten vor der Zeitwende
die Trichterurnen als Bestattungsgefäß ab. Formenkundlich sind sie verschiedentlich mit den Drei-
knubbentöpfen der Friedhöfe vom Typ Darzau zu vergleichen. Nur fehlen ihnen meistens die drei
Knubben, Ösenhenkel oder Griffleisten 175. Direkt vergleichbar und möglicherweise aus einer
Werkstatt stammend, sind die Gefäße mit schrägem, einzeiligem Rädchenmusterzwischen breiteren
Horizontalstreifen. Derart verzierte Gefäße liegen aus Bargstedt I (Taf. 31, 228; 40, 300), Harse-
feld, Hamburg-Langenbek, Hamburg-Marmstorf, Fpl. 9 und aus Putensen vor 176. Sie gehören
bereits der älteren römischen Kaiserzeit an. Auch die Beispiele von schalenförmigen Urnen aus
Bargstedt I (Taf. 29, 210; 40, 300) und Bargstedt II (Taf. 41, 3,6; 42, 13) sowie die mit einem
mehrzeiligen Rädchen mit Mäandermuster verzierte Urne aus Sauensiek (Taf. 47, 33), vor allem
aber aus Tostedt-Wüstenhöfen zeigen, daß sich in augusteischer Zeit die Unterschiede in der Grab-
keramik zwischen beiden Friedhofstypen ausgleichen 177. Besonders ausgeprägt sind sie im
Horizont der Trichterurnen (Typ Rieste) und der Dreiknubben- und Zweihenkeltöpfe (Typ Dar-
zau), einer relativ kurzen Zeitspanne, die sicherlich nicht nur formenkundlich, sondern auch kul-
turell und politisch einen neuen Abschnitt im südlichen Niederelbegebiet einleitete.
VI. Die Verdener Gruppe
(Ältere bis jüngere vorrömische Eisenzeit)
Ein großer Teil des Verdener Raumes ist bereits von K. Tackenberg in seine Untersuchung über
die vorrömische Eisenzeit in Mittel- und Westhannover mit einbezogen worden, so daß hier dieser
Bezirk nur summarisch bearbeitet zu werden braucht. Dies empfiehlt sich nicht nur wegen der
gesetzten regionalen Abgrenzung des Themas, sondern auch aus dem Grunde, weil eine eingehen-
dere Betrachtung ein zusätzliches Studium der Nienburg-Harpstedter Gruppe erfordert hätte, was
aufgrund der ausführlichen Vorlage K. Tackenbergs nicht nötig erschien und darüber hinaus den
Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätte. Andererseits sind gewisse Kulturäußerungen und Bezie-
hungen im südlichen Niederelbegebiet nicht zu verstehen, falls das Verdener Gebiet völlig unbe-
rücksichtigt bliebe. Als Kontaktgebiet zwischen der Nordostniedersachsen-Gruppe und dem
Nienburger Formenkreis fällt gerade dem Allermündungsgebiet eine interessante Rolle zu, die da-
durch noch verstärkt wird, als dieses Gebiet — verkehrstechnisch durch den Zusammenfluß von
175 Auf dem spätlatdnezeitlichen Urnenfeld von Putensen sind vereinzelt Gefäße mit aufgesetzten Griffleisten gefunden
worden (W. WEGEWITZ, 1972, Taf. 136, 182, 230 u.a.), so daß auch innerhalb des Keramikbestandes bei der
Trennung friedhofspezifischer Funde mit Ausnahmen zu rechnen ist.
176 Der Reihenfolge entsprechend: W. WEGEWITZ (1937a, Taf. 2, 5.1605, 27.1636; 12, 110.1743; ders., 1965, Taf. 5, 5;
7, 145; ders., 1964, Taf. 15, 195; ders., 1972, Taf. 140, verschiedene Nummern).
177 w. WEGEWITZ (1944, Abb. 11, 1; 12, 44 und zahlreiche andere).

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