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Häßler, Hans-Jürgen; Rösing, Friedrich Wilhelm
Zur inneren Gliederung und Verbreitung der Vorrömischen Eisenzeit im südlichen Niederelbegebiet (Teil 1): Mit e. Beitr. von F. W. Rösing über Die Leichenbrände der eisenzeitlichen Gräberfelder von Bargstedt I, Harsefeld und Issendorf III (Kreis Stade) — Hildesheim: Verlag August Lax, 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.65516#0124
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ältereisenzeitlichen Friedhöfe — etwa in der Form wie Putensen und Soderstorf — auf der Stader
Geest bislang unbekannt sind, was sich nicht allein mit einer Ausgrabungslücke erklären läßt.
Offensichtlich nimmt der Beginn der älteren vorrömischen Eisenzeit ethnographisch gesehen in
diesem Gebiet einen anderen Verlauf. Die großräumige Gliederung wird dadurch besonders hervor-
gehoben, daß ihre Grundlage bereits in der älteren Bronzezeit, möglicherweise noch früher, gelegt
wurde. Der Stader Raum reagiert sowohl in der älteren und mittleren Bronzezeit als auch in der
gesamten vorrömischen Eisenzeit „nordisch“. Die Grenzen sind scharf umrissen und bleiben
konstant. Von allgemeinem Interesse ist dabei, daß die Elbe nicht als natürliche Begrenzung
wirkte, sondern offensichtlich kleine, wenige Meter breite, durchgängige Kleinflüsse (z.B. Seeve,
Oste) als natürliche Demarkationslinien angesehen wurden; dies mag als ein Hinweis für ein sehr
differenziertes politisches Bewußtsein anzusehen sein.
Gesondert zu betrachten ist das südlauenburgische Gebiet. Das hier zu verzeichnende vermehrte
Auftreten besonders der Tinsdahler Fibeln sowie das vereinzelte Vorkommen von Segelohrringen
ist aus den Befunden südlich der Elbe nur schwer zu erklären. Es sei hier darum nur darauf hinge-
wiesen.
Innerhalb dieser Großgruppierungen lassen sich weitere Untergliederungen durchführen. Ein-
heitlich stellt sich die Stader-Geest-Gruppe in der älteren vorrömischen Eisenzeit dar. Durch die
verbesserte Fundsituation im Kreise Wesermünde wurde erkannt, daß das Gebiet im Elbe-Weser-
Dreieck an der allgemeinen Entwicklung der älteren vorrömischen Eisenzeit teilnimmt; dies konnte
vor der von H. Aust durchgeführten Landesaufnahme nicht so eindeutig gesagt werden. Größere
Unterschiede im Elbemündungsgebiet zu den weiter östlich gelegenen Bereichen der Stader-Geest-
Gruppe lassen sich zu dieser Zeit noch nicht erkennen.
Die Nordostniedersachsen- und die Verdener Gruppe sind als Bestandteil einer größeren Einheit
anzusehen, die von Mitteldeutschland bis an die Weser reicht. Daß sie hier als zwei getrennte
Gruppen aufgeführt werden, liegt für den ältereisenzeitlichen Bereich besonders an den nuancierten
Unterschieden der Segelohrringe in beiden Gruppen. Die engen Beziehungen zwischen ihnen stehen
aber außer Frage. Einer weiteren Unterteilung der Nordostniedersachsen-Gruppe aufgrund der Ket-
tengehänge und Paukenfibeln einerseits und der Heitbracker und Tinsdahler Fibeln andererseits —
wie sie O. HARCK (1972, 130) sieht — kann Verfasser nicht folgen, da die Kettengehänge und
Paukenfibeln weitverbreitet auch in Schleswig-Holstein vorkommen (H. KEILING, 1968, 163,
Abb. 2). Sie sind offenbar in Niedersachsen als Ausläufer einer weiter östlich gepflegten Tracht-
sitte anzusehen. Einheimisch hingegen scheinen die Heitbracker und Tinsdahler Fibeln mit ihrem
Verbreitungsschwerpunkt im Uelzener Raum zu sein. Ihr Vorkommen auch in Südholstein
schränkt ihren gruppenspezifischen Charakter aber ein 218.
Unzutreffend ist — zumindest für das Gebiet der Kreise Harburg und Lüneburg — die Aussage O.
Harcks, daß sowohl in der jüngeren Bronzezeit als auch in der älteren vorrömischen Eisenzeit
kleine Friedhöfe vorherrschen (vgl. S. 93 ff.). Dieser Annahme lag offensichtlich eine für die ältere
vorrömische Eisenzeit ungenügende Fundsituation zugrunde. Im Kreise Harburg sind heute allein vier
Friedhöfe bekannt, die mehrere Hundert Gräber dieser Zeit aufweisen (Dohren 236; Hamburg-
Marmstorf, Fpl. 9, 259; Putensen ca. 250; Soderstorf bisher ca. 550)219. Derartig hohe Gräber-
zahlen sind auch für die Spätlatenezeit keinesfalls selbstverständlich. Tostedt-Wüstenhöfen, Kr.
Harburg, eine der bedeutenden Nekropolen dieser und der römischen Kaiserzeit, zählt 255 Gräber;
218 Das Vorkommen dieser Fibelformen in Holstein kann nicht so gedeutet werden, daß sich hierin der von G. Schwantes
und W. Wegewitz angenommene Bevölkerungszustrom zu Beginn der vorrömischen Eisenzeit dokumentiert. Einer
solchen naheliegenden Argumentation steht die chronologische Stellung dieser Objekte entgegen. Sie werden allgemein
in die fortgeschrittene vorrömische Eisenzeit (Jastorf b) eingeordnet. Damit eröffnet sich aber eine andere Deutungs-
möglichkeit, nämlich die eines umgekehrten Weges dieser Fibeln von Süd (Nordostniedersachsen) oder Südost (Mittel-
deutschland) in nördlicher Richtung.
219 vgl. dazu Anm. 199.

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