im östlichen Bereich der Stader-Geest-Gruppe die Sitte des getrennten Begräbnisses von Frauen
und Männern auf separaten Friedhöfen bereits in der mittleren vorrömischen Eisenzeit einsetzt.
Hierin bestehen — wie im gesamten materiellen Inventar überhaupt — engste Verbindungen zu
Schleswig-Holstein. Neben den Friedhöfen Harsefeld und Ehestorf-Vahrendorf ist es vor allem das
Urnenfeld von Bargstedt I, das hierfür gute Hinweise liefert. Dadurch kann auch die von G.
SCHWANTES (1958, 350 f.) angeführte Gruppe von Harsefeld unter einem anderen Aspekt
betrachtet werden. Es ist keine eigenständige Gruppe, sondern ein Friedhof bestimmten Charakters
innerhalb eines größeren ethnischen Komplexes. Wahrscheinlich finden unter diesem Gesichtspunkt
auch die „Riesenurnen“ von Berensch ihre wahre Bewertung in der kulturhistorischen Deutung.
Ähnlich wie im Bereich der Stader-Geest-Gruppe bleiben zur Zeit der mittleren vorrömischen
Eisenzeit auch in der Nordostniedersachsen-Gruppe die großräumigen Bindungen erhalten, doch
kommt es zu erkennbaren Differenzierungen. Die Gebiete um den Nienburg-Verdener Raum stehen
mit dem nordostniedersächsischen Raum, besonders mit dem fruchtbaren Uelzener Becken, aber
auch der Altmark und dem Braunschweiger Land in enger Beziehung. Diesen Räumen gemeinsam
ist das verstärkte Aufkommen keltischer Metallformen, die mit Sicherheit auf einen verstärkten
Kontakt zum südlichen und östlichen Latene-Bereich zurückzuführen sind. Eine erneute Einwande-
rung von Stammesbeständen aus dem Braunschweigischen, wie G. SCHWANTES (1921, 7) sie
annahm, ist keine zwingende Voraussetzung für die Erklärung der veränderten Situation. Dieser Auf-
fassung Schwantes’ war K. TACKENBERG (1934, 114 ff.), bereits mit Nachdruck entgegengetreten.
Auf welche kulturhistorischen Prozesse allerdings das weitgehende Fehlen der mittleren vor-
römischen Eisenzeit im Bereich der Luhe zurückzuführen ist, kann heute noch nicht klärend beant-
wortet werden. Auch das Abbrechen zahlreicher ältereisenzeitlicher Friedhöfe, so Putensen,
Soderstorf und viele andere, bleibt weiterhin ein ungeklärtes Phänomen. Anders als in der Stader-
Geest-Gruppe sind im Bereich der Nordostniedersachsen-Gruppe offensichtlich größere Störungen
zu verzeichnen, deren Ursachen uns bislang weitgehend verschlossen sind. Bei der Annahme einer
erneuten Einwanderung um 300 wäre aber mit einem Bevölkerungszuwachs und so mit einer Zu-
nahme der Grabfunde und nicht mit einer drastischen Verminderung derselben zu rechnen. Selbst-
verständlich könnte man das Fehlen großer Teile der Bestattungen wiederum auf eine archäolo-
gisch nicht faßbare Form der Sonderbestattung zurückführen; diese Art der Interpretation befrie-
digt aber ebensowenig wie die, alle aus unserer Sicht unerklärbaren Funde und Befunde in den
Bereich des Kultischen ansiedeln zu wollen.
Durch die Kartierung verschiedener Typen konnte nachgewiesen werden, daß die Bindungen
zwischen großen Teilen der Nordostniedersachsen-Gruppe und dem Nienburg-Verdener Raum auch
in der mittleren vorrömischen Eisenzeit erhalten blieben. Spürbar werdende Differenzierungen in
den einzelnen Fundräumen verwischen aber die klaren Konturen, die für die ältere vorrömische
Eisenzeit vorliegen. Besonders die Abweichungen in der Bestattungsweise, die zahlreichen
Knochenlager und die Brandgruben des Gebietes um Uelzen verweisen darauf, daß dieser Bereich
besonders eng mit dem Nienburg-Verdener Raum kontaktierte, während der restliche Teil dieser
Gruppe — das Gebiet der Kreise Bremervörde, Osterholz und Rotenburg ist, wie bereits erwähnt,
fast fundleer — einen etwas anderen Verlauf nimmt. Wie die sehr engen Beziehungen des Uelzener
Raumes mit dem sich anders entwickelnden Nienburg-Verdener Gebiet zu erklären sind, ist schwer
zu deuten. Eine wesentliche Rolle dürften die Handelsbeziehungen gespielt haben. Besonders der
Weser-Aller-Raum bildet eine verkehrstechnisch günstige Ausgangsposition für einen überregiona-
len Handel. Möglicherweise sind auch die in diesem Raum nachgewiesenen umfangreichen Rasen-
eisenerzvorkommen in diesem Zusammenhang von größerer Bedeutung (D. SCHÜNEMANN, W.
EIBICH, 1974, 44). Verwiesen sei hier noch einmal auf die Urnenpackungen aus Raseneisenerz in
den Gräbern von Otersen-Wittlohe. Das fruchtbare Uelzener Becken hingegen könnte mit einem
Überschuß landwirtschaftlicher Produkte an diesem sicherlich weitergespannten Handel teilge-
nommen haben.
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und Männern auf separaten Friedhöfen bereits in der mittleren vorrömischen Eisenzeit einsetzt.
Hierin bestehen — wie im gesamten materiellen Inventar überhaupt — engste Verbindungen zu
Schleswig-Holstein. Neben den Friedhöfen Harsefeld und Ehestorf-Vahrendorf ist es vor allem das
Urnenfeld von Bargstedt I, das hierfür gute Hinweise liefert. Dadurch kann auch die von G.
SCHWANTES (1958, 350 f.) angeführte Gruppe von Harsefeld unter einem anderen Aspekt
betrachtet werden. Es ist keine eigenständige Gruppe, sondern ein Friedhof bestimmten Charakters
innerhalb eines größeren ethnischen Komplexes. Wahrscheinlich finden unter diesem Gesichtspunkt
auch die „Riesenurnen“ von Berensch ihre wahre Bewertung in der kulturhistorischen Deutung.
Ähnlich wie im Bereich der Stader-Geest-Gruppe bleiben zur Zeit der mittleren vorrömischen
Eisenzeit auch in der Nordostniedersachsen-Gruppe die großräumigen Bindungen erhalten, doch
kommt es zu erkennbaren Differenzierungen. Die Gebiete um den Nienburg-Verdener Raum stehen
mit dem nordostniedersächsischen Raum, besonders mit dem fruchtbaren Uelzener Becken, aber
auch der Altmark und dem Braunschweiger Land in enger Beziehung. Diesen Räumen gemeinsam
ist das verstärkte Aufkommen keltischer Metallformen, die mit Sicherheit auf einen verstärkten
Kontakt zum südlichen und östlichen Latene-Bereich zurückzuführen sind. Eine erneute Einwande-
rung von Stammesbeständen aus dem Braunschweigischen, wie G. SCHWANTES (1921, 7) sie
annahm, ist keine zwingende Voraussetzung für die Erklärung der veränderten Situation. Dieser Auf-
fassung Schwantes’ war K. TACKENBERG (1934, 114 ff.), bereits mit Nachdruck entgegengetreten.
Auf welche kulturhistorischen Prozesse allerdings das weitgehende Fehlen der mittleren vor-
römischen Eisenzeit im Bereich der Luhe zurückzuführen ist, kann heute noch nicht klärend beant-
wortet werden. Auch das Abbrechen zahlreicher ältereisenzeitlicher Friedhöfe, so Putensen,
Soderstorf und viele andere, bleibt weiterhin ein ungeklärtes Phänomen. Anders als in der Stader-
Geest-Gruppe sind im Bereich der Nordostniedersachsen-Gruppe offensichtlich größere Störungen
zu verzeichnen, deren Ursachen uns bislang weitgehend verschlossen sind. Bei der Annahme einer
erneuten Einwanderung um 300 wäre aber mit einem Bevölkerungszuwachs und so mit einer Zu-
nahme der Grabfunde und nicht mit einer drastischen Verminderung derselben zu rechnen. Selbst-
verständlich könnte man das Fehlen großer Teile der Bestattungen wiederum auf eine archäolo-
gisch nicht faßbare Form der Sonderbestattung zurückführen; diese Art der Interpretation befrie-
digt aber ebensowenig wie die, alle aus unserer Sicht unerklärbaren Funde und Befunde in den
Bereich des Kultischen ansiedeln zu wollen.
Durch die Kartierung verschiedener Typen konnte nachgewiesen werden, daß die Bindungen
zwischen großen Teilen der Nordostniedersachsen-Gruppe und dem Nienburg-Verdener Raum auch
in der mittleren vorrömischen Eisenzeit erhalten blieben. Spürbar werdende Differenzierungen in
den einzelnen Fundräumen verwischen aber die klaren Konturen, die für die ältere vorrömische
Eisenzeit vorliegen. Besonders die Abweichungen in der Bestattungsweise, die zahlreichen
Knochenlager und die Brandgruben des Gebietes um Uelzen verweisen darauf, daß dieser Bereich
besonders eng mit dem Nienburg-Verdener Raum kontaktierte, während der restliche Teil dieser
Gruppe — das Gebiet der Kreise Bremervörde, Osterholz und Rotenburg ist, wie bereits erwähnt,
fast fundleer — einen etwas anderen Verlauf nimmt. Wie die sehr engen Beziehungen des Uelzener
Raumes mit dem sich anders entwickelnden Nienburg-Verdener Gebiet zu erklären sind, ist schwer
zu deuten. Eine wesentliche Rolle dürften die Handelsbeziehungen gespielt haben. Besonders der
Weser-Aller-Raum bildet eine verkehrstechnisch günstige Ausgangsposition für einen überregiona-
len Handel. Möglicherweise sind auch die in diesem Raum nachgewiesenen umfangreichen Rasen-
eisenerzvorkommen in diesem Zusammenhang von größerer Bedeutung (D. SCHÜNEMANN, W.
EIBICH, 1974, 44). Verwiesen sei hier noch einmal auf die Urnenpackungen aus Raseneisenerz in
den Gräbern von Otersen-Wittlohe. Das fruchtbare Uelzener Becken hingegen könnte mit einem
Überschuß landwirtschaftlicher Produkte an diesem sicherlich weitergespannten Handel teilge-
nommen haben.
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