Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
die bei näherer Überprüfung aus vergleichbaren
Gründen ebenfalls als nicht gesichert gelten können.
Erst in neuster Zeit fanden sich in Mardorf, Kreis
Marburg-Biedenkopf in Hessen und in Sülzdorf/
Thüringen, ebenfalls Grundrisse mehrschiffiger
Häuser auf kaiserzeitlichen Siedlungsplätzen (Mey-
er 1998/99, 115 ff., Anm. 11). Ein Baubefund aus
Geismar bei Fritzlar, Schwalm-Eder-Kreis (Hes-
sen) konnte ebenfalls als dreischiffiges Wohnstall-
haus identifiziert werden (Thiedmann 2000, 37,
Abb. 5). Nach Thiedmann (ebd. 47) ist das Lang-
haus direkt als Hinweis für die Anwesenheit frem-
der Kulturgruppen zu werten, die „nördlich der
Mittelgebirgszone“ beheimatet waren. Dies sieht
er auch durch die Keramik bestätigt.
Für die Keramik des Hauses von Schwiegershau-
sen dagegen kann dies jedoch nicht nachgewiesen
werden, da die gefundene Keramik ganz dem
rhein-wesergermanischen geprägten keramischen
Fundgut des übrigen Arbeitsgebietes entspricht,
ebenso wie auch in Hehlen.
5.2.4 Brunnen
Kaiserzeitliche Brunnenanlagen sind in anderen
Gebieten durchaus nicht selten anzutreffen (Gau-
de 1995). So fanden sich im Neckargebiet bisher
über 20 Brunnen mit Einbauten in verschieden
Techniken (Schlegel 2000, 141). Im Arbeitsge-
biet gibt es dagegen nur drei Nachweise von Brun-
nen bzw. Zisternen, alle im Landkreis Hildesheim.
Brunnen fanden sich in Bavenstedt, Kat. Nr. 22,
und Rössing, Kat. Nr. 309. Bei Algermissen, Kat.
Nr. 7, entdeckte man während des Baues des Mit-
tellandkanales 1923 eine Zisterne zum Auffangen
von Regenwasser, die aufgrund der darin befind-
lichen Keramik in die Römische Kaiserzeit datiert
werden konnte (Jacob-Friesen 1925, 29 ff.). Bei
der Ausgrabung der Zisterne konnten in der Um-
gebung allerdings keinerlei Spuren der dazuge-

hörigen Siedlung gefunden worden, sodass über
die Funktion der Anlage für religiöse/kultische
Zwecke spekuliert wurde (Raddatz 1981, 129).
Das Umfeld der Fundstelle zeichnet sich durch
besonders hochwertige Böden aus, sodass auf-
grund der hohen landwirtschaftlichen Attrakti-
vität des Gebiets mit der nahezu vollständigen
Zerstörung der oberflächennahen Siedlungsbe-
funde gerechnet werden muss (s. Diagramm 5.5).
Auch die Lage der Fundstelle im Gelände und in
Bezug zu dem Untergrund ist, wie an dieser Stel-
le schon einmal vorweggenommen werden kann
(vgl. Kap. 7), durchaus typisch für die kaiserzeit-
lichen Siedlungen des Arbeitsgebietes.
Die Brunnenfunde im Arbeitsgebiet beschränken
sich auf das Gebiet um Hildesheim (s. Karte 15).
Eine Erklärung für diese Konzentration in diesem
Bereich dürfe die Tatsache sein, dass das Börde-
gebiet generell ein Wassermangelgebiet darstellt
(vgl. dazu Kap. 2.6). Widersprüchlich ist allerdings
die Tatsache, dass die Siedlungen Bavenstedt und
Rössing jeweils nur geringer Distanz zu einem re-
zenten Fließgewässer liegen. Da aufgrund der nahe-
liegenden Salzlagerstätten mit einer Versalzung
des Grundwassers und z. T. auch des Oberflä-
chenwassers zu rechnen ist, könnten der Bau der
Brunnen (Gewinnung von Sole) bzw. der Zister-
ne (Gewinnung von unversalzenem Regenwasser)
mit diesem Problem in Verbindung stehen (zur
Salzgewinnung mittels Brunnenanlagen s. bei Lud-
wig u. Schmidtchen 1997, 170 ff. bzw. 248 ff.).
5.3 Ausgewählte Siedlungsfundplätze
Im Folgenden werden einige Siedlungen der Rö-
mischen Kaiserzeit des Arbeitsgebiets näher vor-
gestellt. Entscheidend für die Auswahl waren
neben der Verfügbarkeit des Materials und der
Dokumentation vor allem das Bestreben, den For-
schungsstand zu erweitern. Der Schwerpunkt liegt

10/13: schwach degradierte Schwarzerde über Löß
21: degradierte Schwarzerde über Löß
27: Parabraunerde über Löß
65: Gley


Diagramm 5.5 Schematische Darstellung der Bodentypen des Umfeldes der Fundstelle Algermissen, Kat. Nr. 7

42
 
Annotationen