den habe10. Auf der Grundlage vermeintlicher stra-
tigraphischer Beobachtungen und irriger Schluß-
folgerungen gelangte Koehl später (1906,1907/08)
zu einer geänderten Auffassung, derzufolge von
der Sequenz HST-RÖ-GG-LBK („Spiralkera-
mik“) auszugehen sei* 11.
Von entscheidender Bedeutung für den weiteren
Gang der Forschung sollte die Arbeit Walter Bre-
mers werden, der 1913 die Ergebnisse seiner Unter-
suchungen auf dem Großgartacher Fundplatz
Darmstadt-Eberstadt publizierte12. Bremer glaub-
te, die Rössener Kultur des Saalegebietes aus der
nordischen „Megalithkultur“ herleiten zu kön-
nen13. Diese sollte dann aus Mitteldeutschland nach
West- und Südwestdeutschland abgewandert sein
und dort unter Einfluß der Hinkelstein-Keramik
verschiedene Keramikgruppen ausgebildet haben,
darunter (nacheinander) der „Niersteiner“, „Hei-
delberg-Neuenheimer“, „Friedberger“, „Eber-
stadter“ und „Großgartacher Typus“. Die drei
letztgenannten faßte er unter der Bezeichnung
„südwestdeutsche Stichkeramik“ zusammen14.
Die Gliederung Bremers wurde in wesentlichen
Zügen auch von Karl Schumacher (1917), der u.a.
eine Dreiteilung der Hinkelstein-Kultur vorschlug,
Gustaf Kossinna (1921) und Werner Buttler
(1938) übernommen und beeinflußte schließlich
auch noch die spätere Arbeit Armin Strohs (1940)
maßgeblich15. Buttler (1929, 1935, 1938) stellte
die bis dahin immer noch diskutierte Sequenz
Koehls auf der Grundlage neuer Befunde der Gra-
bungen in Köln-Lindenthal grundlegend in Frage
und sprach sich - im Gegensatz zu Koehls Modell -
für eine (relativ) jüngere Stellung von HST, zeit-
gleich mit dem Ende der LBK, aus16. Er schlug die
Sequenz LBK („Spiralkeramik“) - „Stichreihen-
keramik“ (SBK, einschließlich HST) vor, die Stel-
lung von RÖ konnte aber auch er nicht überzeu-
gend klären, zweifelte jedoch eine Älterdatierung
des mitteldeutschen gegenüber dem südwestdeut-
schen Rössen an17.
Im Rahmen seiner 1938 an der Marburger Univer-
sität eingereichten und zwei Jahre später publizier-
ten Dissertation über „Die Rössener Kultur in
Südwestdeutschland“ lieferte Armin Stroh den
ersten umfassenden Überblick über das südwest-
deutsche Mittelneolithikum und zugleich einen
diffizilen chronologischen Gliederungsvorschlag
der Rössener Kultur18. Seine reich illustrierte Vor-
lage des Großgartacher, Rössener und epirössener
Fundmaterials ist bis heute von grundlegender
Bedeutung. In Anlehnung an die Vorstellungen
Bremers gliederte er das südwestdeutsche Rössen
in eine ältere und eine jüngere „Hauptentwick-
lungsphase“ . Unter seinem „älteren Rössen“ faß-
te er den bisherigen „Niersteiner“, „Albsheimer“
bzw. „Neuenheimer Typus“ zusammen. Über die
sog. „Ausbreitungskeramik“ sollte sich dann in
der zweiten Hauptentwicklungsphase die „jünge-
re Rössener Kultur oder südwestdeutsche Stich-
keramik“ (entsprechend heutigem GG) herausge-
bildet haben, unter der er den „Eberstadter“,
„Großgartacher“ und Elemente des „Friedberger
Typus“ Bremers zusammenfaßte. Der (Regional-)
Gruppe Planig-Friedberg maß er dabei eine be-
sondere Bedeutung bei der Entstehung der Rös-
sener Kultur bei19. Die Keramik mit Hinkelstein-
Merkmalen sollte in einer älteren Phase mit Rössen,
in einer jüngeren mit Großgartach parallel laufen
(also Sequenz RÖ-GG), die bereits von Schliz
richtigerweise vorgeschlagene Entwicklung von
GG aus HST lehnte er ab20. Stroh erkannte darü-
ber hinaus die Sonderstellung der rheinischen
Bischheimer Gruppe und der württembergischen
Schwieberdinger Gruppe, die durch Wechselbe-
ziehungen zwischen älterem Rössen und Michels-
berg entstanden sein sollten. Hinsichtlich des chro-
nologischen Verhältnisses von mitteldeutschem
und südwestdeutschem Rössen ging Stroh von
einer annähernden Gleichzeitigkeit bzw. von einem
nur geringfügig früheren Beginn in Mitteldeutsch-
land aus21. Die mitteldeutschen Vertreter der als
jünger angenommenen Großgartacher Keramik
10 Koehl 1900; 1900a; 1902, 64; 1903, 47-51.
11 Koehl 1906, 124; 1910, 78, 80; 1912, 49, 64.
12 Bremer 1913.
13 Bremer 1913, 424-425.
14 Bremer 1913, 426-435.
15 Vgl. Schumacher 1917; Kossinna 1921; Buttler 1938; Stroh 1940, bes. 10, 13.
16 Vgl. Buttler 1929, bes. 197-198; 1935; 1938.
17 Vgl. Buttler 1935.
18 Stroh 1940.
19 Stroh 1940, 19, 49, 52, 66, 109.
20 Stroh 1940, 102 u. Anm. 306.
21 Stroh 1940, 94. Vgl. auch Spatz 1996, 29 u. Anm. 16.
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tigraphischer Beobachtungen und irriger Schluß-
folgerungen gelangte Koehl später (1906,1907/08)
zu einer geänderten Auffassung, derzufolge von
der Sequenz HST-RÖ-GG-LBK („Spiralkera-
mik“) auszugehen sei* 11.
Von entscheidender Bedeutung für den weiteren
Gang der Forschung sollte die Arbeit Walter Bre-
mers werden, der 1913 die Ergebnisse seiner Unter-
suchungen auf dem Großgartacher Fundplatz
Darmstadt-Eberstadt publizierte12. Bremer glaub-
te, die Rössener Kultur des Saalegebietes aus der
nordischen „Megalithkultur“ herleiten zu kön-
nen13. Diese sollte dann aus Mitteldeutschland nach
West- und Südwestdeutschland abgewandert sein
und dort unter Einfluß der Hinkelstein-Keramik
verschiedene Keramikgruppen ausgebildet haben,
darunter (nacheinander) der „Niersteiner“, „Hei-
delberg-Neuenheimer“, „Friedberger“, „Eber-
stadter“ und „Großgartacher Typus“. Die drei
letztgenannten faßte er unter der Bezeichnung
„südwestdeutsche Stichkeramik“ zusammen14.
Die Gliederung Bremers wurde in wesentlichen
Zügen auch von Karl Schumacher (1917), der u.a.
eine Dreiteilung der Hinkelstein-Kultur vorschlug,
Gustaf Kossinna (1921) und Werner Buttler
(1938) übernommen und beeinflußte schließlich
auch noch die spätere Arbeit Armin Strohs (1940)
maßgeblich15. Buttler (1929, 1935, 1938) stellte
die bis dahin immer noch diskutierte Sequenz
Koehls auf der Grundlage neuer Befunde der Gra-
bungen in Köln-Lindenthal grundlegend in Frage
und sprach sich - im Gegensatz zu Koehls Modell -
für eine (relativ) jüngere Stellung von HST, zeit-
gleich mit dem Ende der LBK, aus16. Er schlug die
Sequenz LBK („Spiralkeramik“) - „Stichreihen-
keramik“ (SBK, einschließlich HST) vor, die Stel-
lung von RÖ konnte aber auch er nicht überzeu-
gend klären, zweifelte jedoch eine Älterdatierung
des mitteldeutschen gegenüber dem südwestdeut-
schen Rössen an17.
Im Rahmen seiner 1938 an der Marburger Univer-
sität eingereichten und zwei Jahre später publizier-
ten Dissertation über „Die Rössener Kultur in
Südwestdeutschland“ lieferte Armin Stroh den
ersten umfassenden Überblick über das südwest-
deutsche Mittelneolithikum und zugleich einen
diffizilen chronologischen Gliederungsvorschlag
der Rössener Kultur18. Seine reich illustrierte Vor-
lage des Großgartacher, Rössener und epirössener
Fundmaterials ist bis heute von grundlegender
Bedeutung. In Anlehnung an die Vorstellungen
Bremers gliederte er das südwestdeutsche Rössen
in eine ältere und eine jüngere „Hauptentwick-
lungsphase“ . Unter seinem „älteren Rössen“ faß-
te er den bisherigen „Niersteiner“, „Albsheimer“
bzw. „Neuenheimer Typus“ zusammen. Über die
sog. „Ausbreitungskeramik“ sollte sich dann in
der zweiten Hauptentwicklungsphase die „jünge-
re Rössener Kultur oder südwestdeutsche Stich-
keramik“ (entsprechend heutigem GG) herausge-
bildet haben, unter der er den „Eberstadter“,
„Großgartacher“ und Elemente des „Friedberger
Typus“ Bremers zusammenfaßte. Der (Regional-)
Gruppe Planig-Friedberg maß er dabei eine be-
sondere Bedeutung bei der Entstehung der Rös-
sener Kultur bei19. Die Keramik mit Hinkelstein-
Merkmalen sollte in einer älteren Phase mit Rössen,
in einer jüngeren mit Großgartach parallel laufen
(also Sequenz RÖ-GG), die bereits von Schliz
richtigerweise vorgeschlagene Entwicklung von
GG aus HST lehnte er ab20. Stroh erkannte darü-
ber hinaus die Sonderstellung der rheinischen
Bischheimer Gruppe und der württembergischen
Schwieberdinger Gruppe, die durch Wechselbe-
ziehungen zwischen älterem Rössen und Michels-
berg entstanden sein sollten. Hinsichtlich des chro-
nologischen Verhältnisses von mitteldeutschem
und südwestdeutschem Rössen ging Stroh von
einer annähernden Gleichzeitigkeit bzw. von einem
nur geringfügig früheren Beginn in Mitteldeutsch-
land aus21. Die mitteldeutschen Vertreter der als
jünger angenommenen Großgartacher Keramik
10 Koehl 1900; 1900a; 1902, 64; 1903, 47-51.
11 Koehl 1906, 124; 1910, 78, 80; 1912, 49, 64.
12 Bremer 1913.
13 Bremer 1913, 424-425.
14 Bremer 1913, 426-435.
15 Vgl. Schumacher 1917; Kossinna 1921; Buttler 1938; Stroh 1940, bes. 10, 13.
16 Vgl. Buttler 1929, bes. 197-198; 1935; 1938.
17 Vgl. Buttler 1935.
18 Stroh 1940.
19 Stroh 1940, 19, 49, 52, 66, 109.
20 Stroh 1940, 102 u. Anm. 306.
21 Stroh 1940, 94. Vgl. auch Spatz 1996, 29 u. Anm. 16.
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