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Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten: Periodica — 1954

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Mai 1954
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Ebhardt, Bodo: Burg Skopau bei Merseburg an der Saale
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https://doi.org/10.11588/diglit.35483#0002
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Burg Skopau bei Merseburg au der Saaie.
von Bodo Ebhardt
Entnommen aus „Der Väter Erbe" 1909.
An der Unstrut und der Saale sind manchesmal Burgstellen dergestalt aus einer besonders hohen Uferstello
gebildet, daß ein Graben bogenförmig aus dem oben nur wenig bewegten Gelände geschnitten ist, sodaß Graben
und Abhang zum Flusse hin gemeinsam eine weiträumige Burg umschließen konnten. Auf dem stehenbleibeuden
inselartigen Stück wurde, gemäß der Größe des Geländes, auch die meist sehr umfangreiche Burg errichtet.
Besonders, wenn dann noch ein Seitental sich an der Burgstelle nach dem Flusse zu öffnete, gab ein solcher Bau-
platz von Natur schon mancherlei Vorteile. Bauplätze solcher Art zeigen u. a. die Moritzburg in Halle, die
Schönburg bei Naumburg, die Burg Wendelstein bei Roßleben und die Burg Skopau bei Merseburg.
Nur Schönburg und Skopau haben noch das alte Hauptwerk mittelalterlicher Burgenherrlichkeit, den
Bergfried, erhalten. Bei der Moritzburg und beim Wendelstein haben Umbauten des 16. Jahrhunderts seine
Spuren verwischt. In Skopau ist zwar auch in jener Zeit an dem mächtigen Rundturm gebaut worden, er
ist anscheinend niedriger gemacht und seiner Zinnen und seines Daches beraubt worden. Im Innern sind Zimmer
und große Fensternischen eingebrochen — immer steht er aber noch auf der höchsten Stelle des Geländes,
ein gewaltiger Bau von 20 m Höhe und lim Durchmesser, als Wahrzeichen der alten Veste trotzig da.
Gestört wird seine Wirkung nur durch neue kleine Zinnen, die in einer Zeit des mangelnden Verständnisses
in solchen Dingen im 19. Jahrhundert aufgesetzt sind. Aber auch außer dem Bergfried zeigt die Burg Skopau,
noch mehr des Alten, als im ersten Augenblick bei Betrachtung des Baues deutlich wird.
Zunächst sind die drei Hauptflügel des Schlosses in ihren Grundmauern auf Mantel- oder Ringmauern der
älteren Burg aufgerichtet. Die heutige Einfahrt dürfte sich an derselben Stelle wie das alte Burgtor befinden und
der außerhalb des Ringgrabens gelegene Wirtschaftshof mag gleichfalls seit Jahrhunderten dort seinen Platz
gefunden und früher als wehrhafte Vorburg gedient haben. Da, wo heute die Kirche steht, scheint nach alten
Urkunden, in denen außer von der Burg selbst wiederholt von einem alten Turm gesprochen wird, ein zweiter
bergfriedartiger Bau gestanden zu haben und zwischen Turm und Burg führte der alte Weg zur Fähre über die
Saale, die an dieser Stelle in Krieg und Frieden die einzige Verkchrsmöglichkeit in weitem Umkreise und da-
mit die Hauptbedeutung der Burg bildete. Einnahmen und Rechte aus dem Fluß- und Landverkehr kehren denn
auch in den Urkunden der seit 1477 auf Skopau sitzenden Familie von Trotha immer wieder.
Ist die alte Gestaltung des Gesamtgrundrisses noch wohl zu erkennen, so erinnern auch noch manche Ein-
zelheiten an die frühere Bestimmung.
Rings um die 270 m lange und 70—90 m breite Burgstelle ist noch der Verlauf einer Zwingermauer an der
Bildung des Geländes kenntlich. Der tiefe Graben ist gegen Norden sogar noch teilweise mit Wasser gefüllt,
gegen Westen weiter durchgeführt und nur über eine Brücke gelangt man zum großen Einfahrtstor. Die Wohn-
bauten haben aber verschiedene Umbauten über sich ergehen lassen müssen. Namentlich hat das 16. Jahrhundert
an dieser Stelle durchgreifend Wandel geschaffen, dem der ganze nördliche Teil der Burg seine heutige Form
verdankt.
Fünf Renaissancegiebel bekrönen noch jetzt das Außere der beiden Flügel westlich von der Einfahrt nach
der Saale zu, und das Erdgeschoß zeigt noch durchweg alte Wölbungen. Das Stockwerk darüber ist freilich
den modernen Ansprüchen entsprechend in das vornehme Heim eines Schloßbesitzers umgewandelt, aber in
dem darüber befindlichen Dachgeschoß haben sich neuerdings noch hochinteressante bedeutende Reste und Tä-
felungen des 16. Jahrhunderts gefunden, welche beweisen, daß im 16. Jahrhundert dieser Bau bis ins Dach
hinein stattlich und bewohnbar hergerichtet war. Links von der Einfahrt erhebt sich heute ein in den siebziger
Jahren des 19. Jahrhunderts errichteter reichgegliedcrter Wohnbau. Aber auch schon vor dessen Aufführung
ist hier an Stelle des Renaissancebaues mit dem hohen spitzen Dach ein Bau mit Mansardendach und Holz-
deckentäfelung getreten, dessen strenge Giebelfassade eine alte Zeichnung uns bewahrt hat, die vor dem letzten
Umbau aufgenommen wurde. Auf dem Blatt ist ein Vermerk, daß auf dem Schlußstein der Durchfahrt die
Jahreszahl 1778 noch erhalten sei, die dann wohl das Baujahr angab. Die Renaissancegiebel wiederholen sich
auch nach dem weiten Schloßhof zu. Obgleich zum Teil in den Stürmen des 30 jährigen Krieges stark zerstört
und bei verschiedenen Gelegenheiten in ungeschickter Weise ausgebessert, bilden sie doch immer noch eine
malerische Belebung der Fassaden und zeugen von der langen Aergangenheit dieses bedeutenden Baues, der
schon seit Jahrhunderten in der Hand ein und derselben Familie sich befindet.
Leider ist an dem ganzen Bau von altem Wappenschmuck oder Inschriften nichts mehr erhalten. Auch
ältere Jahreszahlen fehlen; erst das Jahr 1529 hat eine solche zurückgelassen. Die Gewände des Fensters des
Renaissancebaues sind mit zahlreichen Steinmetzzeichen bedeckt, die die zierlichen Formen und die ausgebildete
Technik des 16. Jahrhunderts zeigen. Noch heute führt die alte große Heerstraße unmittelbar an dem Besitz
vorbei, durch einen starken Verkehr zwischen Merseburg und Halle belebt. Vollständig verlassen ist dagegen
die alte Fähre seit dem Bau einer großen Straßenbrücke weiter stromabwärts und verschwunden ist auch man-
ches andere im Bilde der Landschaft, so die großen alten Fischteiche, welche Ende des 15. Jahrhunderts von
dem Bischof Thilo von Merseburg angelegt waren.

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