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Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten: Periodica — 1954

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Dezember 1954
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Freier, Walter: Burgenfahrt 1954
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Textor, Georg: Schloß Spangenberg: (Reg.-Bez. Kassel)
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https://doi.org/10.11588/diglit.35483#0029
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So ging die Fahrt dem letzten Tagesziel, der Wasserburg Elmarshausen, entgegen, dem Sitz der Familie
v. d. Malsburg, deren Besitzer, Herr Otto v. d. Malsburg sich trotz seines hohen Alters die Begrüßung nicht neh-
men ließ. Diese 1442 erbaute und wohlerhaltene Anlage, die seit 1534 von der Familie bewohnt und mit be-
haglichen Möbeln und schönen Kunstschätzen ausgestattet ist, wurde unter Führung von Familienmitgliedern
besichtigt, von denen die Burgenfahrer sehr beeindruckt dann mit herzlichem Dank schieden.
In einem großen Saal des Badehotels in Wildungen fand die Burgenfahrt mit dem traditionellen Ab-
schiedsessen, dem verschiedene Ansprachen folgten, in freundschaftlichem Zusammensein alter und neuer
Burgenfahrer in lebhaftem Gedankenaustausch der schönen Erlebnisse und Eindrücke, ihr Ende. Der Abschied
bis zur Burgenfahrt im Juni kommenden Jahres brachte viele gute Wünsche zu einem gesunden Wiedersehen.
Am Schluß dieser Betrachtung ist großer Dank allen Besitzern und Führern durch die selten auch innen
zu besichtigenden Baulichkeiten des oberen Hessenlandes besondere Pflicht. Mögen die alten Dächer ihnen und
ihren Kindern noch lange die Eindrücke der Familiengeschichte und des damit verbundenen Familienlebens in
bösen und guten Tagen schützen.
Dr. Walter Freier

Schloß Spangenberg.
(Reg.-Bez. Kassel)
Von Georg Textor.
ie Burg Spangenberg wurde wahrscheinlich von den Herren von Treffurt, die zu den führenden
Geschlechtern im Werratal gehörten, im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts erbaut. Auch die
gleichzeitige Erbauung der Stadt Spangenberg, als solche zuerst 1261 genannt, wird ihnen zuge-
schrieben. Die Ruine, ihrer Stammburg Normannstein, gibt heute noch Kunde von ihrem zähen
Willen sich zu behaupten. Als Lehen der Grafen von Ziegenhain sehen wir im Jahre 1313 die Burg
Spangenberg in ihrem Besitz. Wir denken hier daran, daß die zwar kleine, jedoch mächtige Grafschaft Zie-
genhain, zwischen den beiden hessischen Territorien gelegen, jahrhundertelang die von den Landgrafen ange-
strebte Vereinigung von Nieder- und Oberhessen verhinderte. Erst 1450 konnte diese Vereinigung vollzogen
werden, nachdem die Grafschaft Ziegenhain auf friedlichem Wege an die hessische Landgrafschaft gefallen war.
Es ist verständlich, daß die Landgrafschaft schon früh danach trachtete, in den Besitz der Burg Spangen-
berg als wichtigen, an der Gabelung zweier alter Handelsstraßen gelegenen und die Landschaft beherrschen-
den Waffenplatz zu kommen. Bereits 134? erwarb sie Anrechte auf die Herrschaft Spangenberg. Schon 3 Jahre
später gingen Burg und Stadt unter Landgraf Heinrich II. dem Eisernen endgültig in ihren Besitz über.
Landgraf Otto der Schütz, Sohn und Mitregent Heinrichs II. wählte die Burg Spangenberg als Wohnsitz.
Die Neustadt Spangenberg soll von ihm erbaut worden sein. Wenn wir auch nur wenig über seine durchge-
führten Baupläne wissen, so ist sein Name doch aufs engste mit der Geschichte der Burg verknüpft.
Die Nachwelt hat ihm unvergängliche Kränze gewunden. Die Sage erzählt, daß Otto von seinem Vater
für den geistlichen Stand bestimmt gewesen sei. Auf der Reise nach Paris wählte Otto, dem Wald und Jagd
alles bedeutete, jedoch einen anderen Weg, um sich dem Willen seines Vaters zu entziehen. Sieben Jahre lang
galt er als verschollen, bis ein hessischer Ritter ihn am Hofe des Grafen von Cleve erkannte. Otto hatte dort
unerkannt Dienste genommen, sich als bester Schütze ausgezeichnet und sich durch seine ritterlichen Eigen-
schaften eine beachtliche Stellung erworben. Nachdem seine Herkunft bekannt geworden war, gab ihm der
Graf von Cleve seine Tochter Elisabeth, die dem Schützen schon seit langem ihre Zuneigung bekundet hatte,
zur Frau.
Bei dem Einzug des jungen Paares auf Spangenberg soll Otto einen Buchsbaumzweig, den er am Hute trug,
zur Erinnerung an diesen Tag im kleinen Burggarten neben der Torfahrt gepflanzt haben. Der Zweig entwic-
kelte sich zu einem stattlichen Baum. Als er verdorrt war, ließ ihn Landgraf Karl im Jahre 1578 fällen und
sein Holz nach Kassel bringen. Die Inschriften auf zwei Steintafeln, in der Mauer eingelassen, erinnern noch an
beide Geschehen. Ein später an gleicher Stelle gepflanzter Buchsbaum hält die Erinnerung an sie wach.
Die Sage erzählt weiter, daß Ottos Ungehorsam seinen Vater so erzürnt hatte, daß dieser schwor: So un-
möglich es sei, mit dem Kopfe auf dem Sattel stehend auf Burg Spangenberg einzureiten, so unmöglich sei es
auch, daß er ihm jemals verzeihe. Otto soll dieses meisterliche Reiterstück vollbracht und damit den Vater
ausgesöhnt haben. Ein altes Wandbild im Vorraum des großen Saales, das bei dem Brand im Jahre 1945 sehr
gelitten hat, zeigt seine Darstellung nur noch in einigen Konturen.
Diese Sagen sind deshalb so bemerkenswert, weil namhafte Dichter und Komponisten sie als Vorwurf zu
ihren Werken genommen und den Namen der Burg Spangenberg in die Welt hinausgetragen haben. Sie geben
ein Fluidum von eigenartigem Zauber, der uns erfaßt, wenn wir unsere Schritte gen Spangenberg lenken und
die Burg uns vom steilen, bewaldeten Bergkegel grüßt.


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