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Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten: Periodica — 1954

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Dezember 1954
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Karpa, Oskar: Zweckentfremdete Schlösser und Burgen in Niedersachsen
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https://doi.org/10.11588/diglit.35483#0033
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betrauten Internatsschüler. Aber gerade die Iburg beweist die Schwierigkeiten der Zweckänderung einer so
großen Anlage. Die Anpassung der unter völlig anderen Zeitverhältnissen geschaffenen Inneneinrichtung an
neuzeitliche Bedürfnisse — dazu noch unter Berücksichtigung der denkmalpflegerischen Belange — erforderte
einen hohen Geldaufwand. Allein die Instandsetzung des arg zerstört gewesenen stattlichen Rittersaales aus der
Barockzeit wäre weit über die normale Leistungskraft eines Gutsherrn von heute hinausgegangen.
Auch das als bedeutendes Beispiel der Weserrenaissance weithin bekannte Schloß Schwöbber mit seinem
herrlichen, das früheste Beispiel englischer Gartenkunst in Deutschland darstellenden Park konnte durch
Nutzung eines ausgedehnten Bautraktes als Lehrerfortbildungsheim auf eine breitere Evistenzbasis gestellt und
damit gesichert werden. Und gerade in diesen Tagen wurde gemeldet, daß in das neben der Hämelschenburg
bedeutendste Bauwerk der Weserrenaissance, Schloß Bevern, das seit Jahren ungenutzt dalag, demnächst eine
Schule einziehen soll. Hingegen ist das während des Krieges aus Hannover nach der Hämelschenburg evakuierte
Mädchenheim kürzlich nunmehr an seinen alten Standort zurückgekehrt und damit die ungeheure Unterhal-
tungslast für das riesige Gebäude dem derzeitigen Privatbesitzer wieder allein zugefallen, der viele Jahre hin-
durch schon große Summen zur Substanzerhaltung des Schlosses, das insbesondere im Dachgeschoß abgängig
war, aufgebracht hat. Und wenn man bedenkt, daß in einem anderen bekannten Weserschloß allein die Neuein -
deckung eines Teiles des Daches über dem mächtigen Gebäudekomplex 30 000 DM kostete, die der Eigentümer
fast ganz aus eigener Tasche und unter kostenmehrender Berücksichtigung der denkmalpflegerischen Belange
aufbringen mußte, so beweist dieses eine — stellvertretend für viele andere genannte — Beispiel nur den Grad
der Gefährdung unserer niedersächsischen Schlösser und Burgen.
Die alte, am Harzrand gelegene welfisch-kalenbergische Burg Herzberg dient jetzt, ebenso wie das als Ver-
bannungsort der ,,Prinzessin von Ahlden" bekannte Schloß Ahlden, in denkmalpflegerisch durchaus gehegtem
Zustand als Amtsgericht, und in den Burgen Winsen an der Luhe und Gifhorn, desgleichen im ehemals Fürst-
lichen Schloß von Stadthagen sind Landratsämter eingerichtet. Die alten Weifenschlösser Gelle, Wolfenbüttel
und Hann.-Münden dienen, ähnlich wie die Kaiserpfalz in Goslar, öffentlichen Mehrzwecken und sind dadurch
vor dem Verfall bewahrt. Während die Burg Dankwarderode, durch Bomben schwer zerstört, instandgesetzt
wird und zur Unterbringung des braunschweigischen Denkmalamtes sowie einzelner Museumskomplexe be-
stimmt ist, besteht weiterhin große Sorge um den Bestand des ruinösen Residenzschlosses in Braunschweig.
Alle bisher vorgeschlagenen Lösungen für eine praktische Nutzung der Anlage erwiesen sich als undurchführbar,
und da ein solch riesiger Gebäudekomplex, selbst wenn er mit einem in die Millionen gehenden Aufwand wie-
derhergerichtet würde, nur dann in seiner Unterhaltung weiter gesichert ist, wenn ein Nutzungsträger sich
findet, glaubt der Staat die Aufbringung der hohen Instandsetzungskosten nicht eher verantworten zu können,
als nicht die künftige Nutzung gewährleistet ist. Inzwischen aber verfällt das Schloß mehr und mehr. Die-
selbe Gefahr drohte bis vor kurzem dem Leineschloß in Hannover, das nunmehr jedoch unter Erhaltung der
alten Mauersubstanz auf Grund eines Wettbewerbsergebnisses zum niedersächsischen Landesparlament ausge-
baut werden soll, damit also dem Stadtbild erhalten bliebe.
In vielen niedersächsischen Schlössern sind Museen oder Museumsdepots eingerichtet, so in Celle, Wolfen-
büttel, Hann.-Münden, Oldenburg, Jever (Oldenburg), Hinta (Ostfriesland), Gifhorn; auch die alte Wasser-
burg Pewsum (Ostfriesland) wird nach der jetzt in Angriff genommenen Instandsetzung u. a. eine museale


Schloß Hämelschenburg Foto: Landeskonservator Niedersachsen

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