Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten: periodical — 1954

DOI issue:
Dezember 1954
DOI article:
Stein, Günter: Zum Stand der märkischen Burgenforschung
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.35483#0037
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
einer Rollschicht aufsetzte. Die großformatigen Backsteine blieben bis ins 16. Jhd. hinein in Gebrauch. — Die
Backsteinmauerverbände sind sehr unterschiedlich und lassen ebenso wenig wie die voneinander abweichenden
Abmessungen der Steine eine genauere Datierung zu. Es wechseln Läufer und Binder jeweils in verschicdcner
Reihenfolge miteinander ab (2 oder 3 Läufer mit 1 oder 2 Bindern), doch erforderte das Mauerwerk von Rund-
tiirmen in der Regel den Wechsel von einem Läufer mit je einem Binder.
Die Grundrißformen der Bergfriede sind längst nicht so vielfältig wie im Altreich. Am gebräuchlichsten
scheint der runde Turm gewesen zu sein. Er tritt bei mehreren Anlagen des 12. Jhs. auf, und auch im 13. und
14. Jhd. kommt er zuweilen auf quadratischem Sockel stehend vor. — Der Durchmesser der runden Bergfriede
des 12. Jhs. beträgt etwa 12 bis 16 Meter, die Mauerstärke 3,50 bis 4 Meter. Der innen achteckige Bergfried
von Stolpe, ein von den Pommern errichteter Bau mit fast 18 m Durchmesser und 5,60 m Mauerstärke, bildet
eine besondere Ausnahme. — Wie im Altreich weisen die im Laufe des 13. und 14. Jhs. errichteten Bergfriede
einen geringeren Durchmesser auf als die des 12. Jhs.: er schwankt zwischen 8 und 10 Metern, wobei die
Mauerstärke aber annähernd die gleiche bleibt,
also weiterhin 3,50—4 Meter beträgt; infolge-
dessen verringert sich die lichte Weite auf 3—2
Meter. Die Höhe der Türme nimmt zu, denn das
Prinzip der wirkungsvollsten Verteidigung aus
möglichst großer Höhe bleibt auch im Burgen-
bau vorherrschender Gesichtspunkt. — Den run-
den Bergfrieden gegenüber tritt der quadratische
oder rechteckige Bergfried sehr zurück. Ein wohn -
turmähnlicher quadratischer Bau (15 X 16 m)
steht in Grimnitz, ein gotischer Sechseckturm
in Angermünde, ein achteckiger Bergfried end-
lich soll in Friesack vorhanden gewesen sein.—
Wohn- und Wirtschaftsgebäude sind noch
häufig vorhanden. Ein in seiner Bausubstanz gut
erhaltener askanischer Backstein-Palas aus dem
Ende des 12. Jhs. ist uns im sog. Kasinoge-
bäude der Spandauer Zitadelle überkommen.
Sein Erdgeschoß ist in Längsrichtung geteilt. Der
Palas der askanischen Burg Rabenstein schließt
im Grundriß eines Halbmonds den westlichen Teil des Burghofes ab. Auf dem Eisenhart sind die gotischen
Burggebäude hinter den Ringmauern z. T. noch erhalten und bewohnt. In Liebenwalde dient ein gotisches
Backsteingebäude mit zugesetzten Spitzbogenfenstern und -Portalen auch heutzutage noch als Scheune.
Die Torbauten waren in der Regel rechteckige Torhäuser oder Tortürme, die nach Art derer in romani-
schen Burganlagen des Altreichs entweder innen an die Ringmauer geschoben waren, also nach innen in den
Hof hineinragten, mit dem ganzen Baukörper vor der Mauer standen oder aber sowohl nach innen als auch
nach außen über die Ringmauer geschoben waren. Von zwei hufeisenförmigen Türmen flankierte gotische Tore
sind auf Burg Eisenhart vorhanden. Die Toranlage, die Albrecht Achilles 1480 in die Burg Tangermünde cin-
setzen ließ, ist für die Aufnahme von Geschützen eingerichtet und wird von einem großen Pulver türm flan-
kiert. — Häufig ist auf märkischen Burgen im 16. Jhd. eine Verlegung der Zufahrt und die Anlage eines neuen
Tores, nicht etwa eine Erneuerung oder Vergrößerung der älteren Toranlagen festzustellen bzw. überliefert.
Die Burgkapelle wird in der Regel an der Ringmauer, in einem Wohngebäude oder aber, wie bei einigen
staufischen Burgen des Altreichs, im Torbau über der Durchfahrt gelegen haben. Die Kapelle der askanischen
Burg Salzwedel liegt an der Ringmauer, die aus dem Ende des 14. Jhs. stammende Kapelle der bischöflichen
Burg Wittstock lag isoliert im Hof.
Es bliebe nun abschließend an einigen Beispielen noch festzustellen, in welchem baulichen Zustand sich
gegenwärtig die Burgen der Mark Brandenburg befinden. Erfreulicherweise sind Beschädigungen durch Kriegs-
einwirkungen an mittelalterlichen Wehrbauten, Burgen sowie Stadtbefestigungen (im Gegensatz zum Sakralbau)
äußerst selten. So wurde eigentlich nur die Zitadelle von Spandau (Westsektor von Berlin), in die Hitler Gift-
gaslaboratorien hatte einbauen lassen, ernsthafter beschädigt. Zwar sind an den starken Kurtinen und Bastionen
keine nenneswerten Zerstörungen zu verzeichnen, und auch der Juliusturm, der Bergfried der askanischen Burg,
der nach 18.4 den sog. Reichskriegsschatz von 120 Millionen Goldmark französischer Reparationsgelder auf-
nahm, ist unversehrt. Leider jedoch brannte das Kasinogebäude, der askanische Backsteinpalas aus; er ist erst
teilweise wiederhergestellt und birgt z. Zt. Ausstellungsstücke des Spandauer Heimatmuseums. Im Hof der Zi-
tadelle ist nach Freigabe durch die britischen Behörden eine Baufachschule in verschiedenen modernen Gebäu-
den untergebracht. Die Kasematten der Kurtinen und Bastionen sind noch nicht zugänglich. Das große Tor- und
Kommandantengebäude in der Südkurtine ist, wie sich kürzlich hcrausstellte, durch Baufälligkeit ernsthaft ge-
fährdet. Es wurde provisorisch abgestützt, doch ist noch nicht abzusehen, ob und wann die kostspieligen Re-
staurierungsarbeiten von den städtischen Behörden gebilligt und in Angriff genommen werden können.


13
 
Annotationen