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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 14.1971

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Nr. 4
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Schönberger, Otto: [Rezension von: Saul B. Robinsohn, Bildungsreform als Revision des Curriculum, 3. Auflage]
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Korn, Karl: Gegen blinde Unterwerfung: Professor Heydorn über das klassische Bildungsmodell
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https://doi.org/10.11588/diglit.33079#0088

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Vielleicht findet sich jemand, der hier die Verteidigung geschickter und fun-
dierter als ich führen kann; es wäre die Mühe wert, Stimmen für und wider
R.s These zu sammeln und zu sichten. Das Problem ist so wichtig, daß die Alt-
philologen sich stets dafür offen halten müssen: „An ihren Früchten werdet ihr
sie erkennen“ ist ein sehr wahrer Satz, den man freilich auch nicht absolut set-
zen darf. Himmlers Vater war Altphilologe.
Daß es aber schon früher Leute gab, die eine humanistisch orientierte Selek-
tion - etwa im Sinne R.s - betrieben, zeigt ein Zufallsfund aus dem Jahre 1892.
O. Weißenfels schrieb in seinem Buche „Cicero als Schulschriftsteller“ (Leipzig
1892, IX): „. . . sollte man militärisches Detail dem Schüler grundsätzlich nur
in allerkleinsten Dosen darbieten. Es bildet sich sonst leicht die Vorstellung, als
wäre es für jedes Volk eine Ehrensache, ein anständiges Quantum von Kriegen
absolviert zu haben, und als wären kriegerische Taten die edelsten Lebensäuße-
rungen der Völker. Daß dem nicht so ist, beweist am besten das Altertum selbst.
Dr. Otto Schönberger

Gegen blinde Unterwerfung

Professor Heydorn über das klassische Bildungmodell
Als wir vor mehr als zehn Jahren in dieser Zeitung den aussichtslos schei-
nenden Kampf zur Erhaltung einiger humanistischer Vollgymnasien führten,
deutete sich im Felde der Bildungspolitik bereits eine Konstellation an, die wir
heute als Erstarrung der Fronten haben: Das Neue läuft unter progressiven
Etiketts und gilt unbesehen als Gruppierungs- und Kampfparole; was dagegen
irgendwie zur traditionellen Bildung und ihren Anstalten gehörig in einem
neuen Verständnis vielleicht festgehalten werden sollte, gilt als von vornherein
reaktionär. Seit Gesellschaftspolitik zum Geheimtip der Bildungspolitik wurde,
ist der Kampf auf diesem Terrain um so unerbittlicher. Hie Welf, hie Waibling,
schlagt sie tot, sie gehören nicht zu unserem Clan. Im Namen des gesellschafts-
politischen Fortschritts haben wir nie eine ärgere Polarisierung mit allen Folgen
der Intoleranz gehabt als gegenwärtig. Daran sind beide „Lager“ schuld. Links
ist nur selten noch die Position des Arguments. Man ist auf Links programmiert,
so wie man konservativ geboren war und immer wieder wird. Der gesellschafts-
politische Kampfruf nach der Gleichheit der Bildungschancen, eine Forderung,
deren Rationalität sich aus dem gesellschaftlichen und dem technologischen Trend
ergibt, übertönt die Diskussion über die geeigneten Mittel und Phasen ihrer
Verwirklichung. Es soll nicht verschwiegen werden, daß Verschleppungs- und
Verschleierungstaktiken auf seiten einer Rechten, die kurioserweise partout nicht
mehr rechts lokalisiert und schon gar nicht konservativ genannt werden will,
zu der unheilvollen Polarisierung beigetragen haben. Die sogenannten Huma-
nisten haben ihre Bildung ideologisiert und sie im Gegensatz zu allen „realen“
Bildungswegen als den einzigen zur Autonomie des Denkens führenden erklärt,
so daß der Hohn der zahlreichen Gegner nicht ausblieb. Als vor zwölf Jahren

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