die über die Rolle des Platonismus bei jedem neuen Aufleben eines Humanismus, über
Parallelen im Lehrer-Schüler-Verhältnis bei den Alexandrinern und in der italienischen
Renaissance (285), über die drei Stadien der Philologie in der Neuzeit und im dritten
Jhdt. v. Chr. (212); vgl. auch die wertvolle Bemerkung (213) zur Überschätzung des
„sozialen" Faktors in den Wissenschaften.
Leider hört man auch nicht viel von dem pädagogischen Rahmen der Philologie;
dafür tröstet man sich mit dem goldenen Satz (305), der warnend vor alle neuen
Curricula zu setzen wäre: „Wenn die Dichtungen zu bloßen Quellen für historische . . .
Untersuchungen würden, dann wäre das, worauf es der klassischen Philologie ankommt,
so gut wie verloren.“ — (O. S.)
Ismene Deter-Grohmann: Das neugriechische Volkslied, dargestellt am Beispiel
ausgewählter Gattungen. Tusculum-Schriften. (Ernst Heimeran Verlag) München, 1968.
-6.80 DM.
Auf 76 Textseiten gibt die Verfasserin, ihrer Herkunft nach selbst neugriechischem
Volkstum entstammend, einen sehr aufschlußreichen „Einblick in die Volksdichtung der
Griechen“ anhand einer begrenzten Auswahl neugriechischer Volkslieder, wie sie heute
vor allem noch auf den Dörfern bei festlichen Anlässen jeder Art, auf Taufen, Hoch-
zeiten, Volksfesten, häufig auch in den sogenannten Tavernen gesungen werden.-Die
Verfasserin beschränkt sich dabei auf eine Betrachtung des Volksliedes als Wortkunst-
werk. Diese Lieder setzt sie in der Einleitung deutlich ab gegen die in den Städten
mehr und mehr aufkommenden La'ixa Tpayohöia (== „Volkslieder“) die zwar Stoffe
vom echten Volkslied übernehmen, aber in Stil und musikalischem Niveau mehr dem
„Schlager“ gleichkommen.
Zu begrüßen ist für den mit diesem Gegenstand weniger Vertrauten auch die in der
Einleitung kurzgefaßte Darstellung der Entwicklung des seit alters in die zwei Sprach-
formen der Katharevusa (Reinsprache) und Dimotiki (Volkssprache) aufgespalteten
Neugriechischen, wobei besonders auf die allmähliche von der Volksdichtung aus-
gehende Durchsetzung der Dimotiki als Literatursprache (seit der Mitte des 19. Jh.) hin-
gewiesen wird. Bemerkenswert wäre in diesem Zusammenhang noch, daß die Frage
der gültigen Sprachform (Katharevusa als künstlich erhaltener historischer Sprach-
zustand oder Dimotiki als natürliche sprachliche Weiterentwicklung) im modernen
Griechenland fast immer ein Politikum bedeutet.
In einem ersten Kapitel wird eine „allgemeine Charakteristik des neugriechischen
Volksliedes“ gegeben, die von dem über philologisch-linguistische, verstechnische und
kompositorische Eigenarten des neugriechischen Volksliedes Aufschluß suchenden Leser
dankbar begrüßt werden dürfte. Durch reichhaltige Quellen- und Literaturangaben
sowie Hinweise im Text vermag die Schrift aber auch den Zugang zu einer wissen-
schaftlichen Tätigkeit auf diesem Gebiet zu vermitteln.
Bei der Behandlung der sprachlichen Merkmale der Volkslieder wird u. a. darauf
hingewiesen, daß sie eine Anzahl nur der Volksdichtung eigene „treffsichere, originelle
und bildreiche Formulierungen" aufweisen. Ob diese Ausdrücke allerdings, wie die
Verfasserin meint, vom einfachen Volk „aus seinem Wunsch nach einer eigenen Lite-
ratursprache“ geschaffen wurden, möchte ich bezweifeln, denn bei einem Vergleich mit
der entsprechenden Sprachschicht anderer Idiome zeigt sich, daß die lebendige Sprache
des Volkes überall die Tendenz hat, besonders anschauliche und bildreiche Wort-
prägungen zu schaffen, eben gerade weil sie nicht durch literarische, denkend zu erfas-
sende Fülle, sondern durch das vom Augenblick geprägte plastische Wortbild wirken
will.
An kompositorisch-stilistischen Gestaltungsmitteln der Volkslieder werden vor allem
die Wiederholung verschiedenster Absicht und Art, Dialog, Monolog, Anrede und
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Parallelen im Lehrer-Schüler-Verhältnis bei den Alexandrinern und in der italienischen
Renaissance (285), über die drei Stadien der Philologie in der Neuzeit und im dritten
Jhdt. v. Chr. (212); vgl. auch die wertvolle Bemerkung (213) zur Überschätzung des
„sozialen" Faktors in den Wissenschaften.
Leider hört man auch nicht viel von dem pädagogischen Rahmen der Philologie;
dafür tröstet man sich mit dem goldenen Satz (305), der warnend vor alle neuen
Curricula zu setzen wäre: „Wenn die Dichtungen zu bloßen Quellen für historische . . .
Untersuchungen würden, dann wäre das, worauf es der klassischen Philologie ankommt,
so gut wie verloren.“ — (O. S.)
Ismene Deter-Grohmann: Das neugriechische Volkslied, dargestellt am Beispiel
ausgewählter Gattungen. Tusculum-Schriften. (Ernst Heimeran Verlag) München, 1968.
-6.80 DM.
Auf 76 Textseiten gibt die Verfasserin, ihrer Herkunft nach selbst neugriechischem
Volkstum entstammend, einen sehr aufschlußreichen „Einblick in die Volksdichtung der
Griechen“ anhand einer begrenzten Auswahl neugriechischer Volkslieder, wie sie heute
vor allem noch auf den Dörfern bei festlichen Anlässen jeder Art, auf Taufen, Hoch-
zeiten, Volksfesten, häufig auch in den sogenannten Tavernen gesungen werden.-Die
Verfasserin beschränkt sich dabei auf eine Betrachtung des Volksliedes als Wortkunst-
werk. Diese Lieder setzt sie in der Einleitung deutlich ab gegen die in den Städten
mehr und mehr aufkommenden La'ixa Tpayohöia (== „Volkslieder“) die zwar Stoffe
vom echten Volkslied übernehmen, aber in Stil und musikalischem Niveau mehr dem
„Schlager“ gleichkommen.
Zu begrüßen ist für den mit diesem Gegenstand weniger Vertrauten auch die in der
Einleitung kurzgefaßte Darstellung der Entwicklung des seit alters in die zwei Sprach-
formen der Katharevusa (Reinsprache) und Dimotiki (Volkssprache) aufgespalteten
Neugriechischen, wobei besonders auf die allmähliche von der Volksdichtung aus-
gehende Durchsetzung der Dimotiki als Literatursprache (seit der Mitte des 19. Jh.) hin-
gewiesen wird. Bemerkenswert wäre in diesem Zusammenhang noch, daß die Frage
der gültigen Sprachform (Katharevusa als künstlich erhaltener historischer Sprach-
zustand oder Dimotiki als natürliche sprachliche Weiterentwicklung) im modernen
Griechenland fast immer ein Politikum bedeutet.
In einem ersten Kapitel wird eine „allgemeine Charakteristik des neugriechischen
Volksliedes“ gegeben, die von dem über philologisch-linguistische, verstechnische und
kompositorische Eigenarten des neugriechischen Volksliedes Aufschluß suchenden Leser
dankbar begrüßt werden dürfte. Durch reichhaltige Quellen- und Literaturangaben
sowie Hinweise im Text vermag die Schrift aber auch den Zugang zu einer wissen-
schaftlichen Tätigkeit auf diesem Gebiet zu vermitteln.
Bei der Behandlung der sprachlichen Merkmale der Volkslieder wird u. a. darauf
hingewiesen, daß sie eine Anzahl nur der Volksdichtung eigene „treffsichere, originelle
und bildreiche Formulierungen" aufweisen. Ob diese Ausdrücke allerdings, wie die
Verfasserin meint, vom einfachen Volk „aus seinem Wunsch nach einer eigenen Lite-
ratursprache“ geschaffen wurden, möchte ich bezweifeln, denn bei einem Vergleich mit
der entsprechenden Sprachschicht anderer Idiome zeigt sich, daß die lebendige Sprache
des Volkes überall die Tendenz hat, besonders anschauliche und bildreiche Wort-
prägungen zu schaffen, eben gerade weil sie nicht durch literarische, denkend zu erfas-
sende Fülle, sondern durch das vom Augenblick geprägte plastische Wortbild wirken
will.
An kompositorisch-stilistischen Gestaltungsmitteln der Volkslieder werden vor allem
die Wiederholung verschiedenster Absicht und Art, Dialog, Monolog, Anrede und
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