Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 33.1990

DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:
Maier, Friedrich: Die Alten Sprachen im "Gymnasium 2000"?: Gedanken zum 31. Kongreß des Deutschen Philologenverbandes am 23. November 1989 in Stuttgart
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.35873#0013

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die A!ten Sprachen im ,,Gymnasium 2000' ?
Gedanken zum 31. Kongreß des Deutschen Philologenverbandes
am 23. November 1989 in Stuttgart
Das Gymnasium ist im Aufbruch; man peilt das Jahr 2000 an. Diese Wendemarke schlägt die
fachpolitischen Vertreter des Deutschen Philologenverbandes so sehr in ihren Bann, daß sie die
Herausforderungen dieser nahen Zukunft zum Programm ihres 31. Kongresses in Stuttgart ge-
macht haben. „Gymnasium 2000. Bildung und Verantwortung. Erziehung für die Zukunft" war
das Motto der Festveranstaltung im Weißen Saal des Neuen Schlosses, der von den aus Politik,
Wirtschaft, Wissenschaft, Administration und Schule geladenen Gästen voll gefüllt war.
Das Thema war weit gefaßt und offen, und doch kreiste alles, was man sagte, in den schriftlichen
und mündlichen Grußworten wie auch in den Vorträgen, mehr oder weniger um den Angel-
punkt „Europa", an dem offensichtlich auch die Bildungspolitiker und Bildungstheoretiker,
gleichsam magisch angezogen, kräftig drehen. „Das große Europa", „die Vision Europa", „die
gemeinsame Aufgabe Europa", lieferten die Perspektive, unter die sich die Prognosen auf die na-
he Zukunft hin — unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklungen im Ost-West-Verhältnis —
stellen lassen mußten. Nicht zu Unrecht; denn die bevorstehende Einigung Europas 1992 stellt
! für das Gymnasium in der Tat die am unmittelbarsten bedrängende Herausforderung dar, der alle
anderen der Schule der Zukunft erwachsenden Probleme zuzuordnen sind.
Was ist für eine „Schule mit europäischer Dimension" (so der Vorsitzende Bernhard Fluck) er-
haltenswert und welche neuen Aufgaben zeichnen sich in der Analyse der heutigen Zeit auf die
wegen des rasanten technischen Fortschritts immer weniger kalkulierbare Zukunft hin ab? Ant-
worten auf diese Fragen sollten die drei Redner des Kongresses geben, die — eine überzeugende
Strategie der Veranstalter — die drei großen, zueinander in Spannung stehenden Disziplinberei-
che innerhalb der Universität wie auch der Schule repräsentierten: die Naturwissenschaften, die
Geisteswissenschaften und die Sozialwissenschaften. Hier stellen sich die „drei Kulturen" unse-
rer geistigen Welt sozusagen in persona durch kompetente Vertreter vor, so daß dem aufmerksa-
men Zuhörer — ein beeindruckendes Erlebnis — an einem Tag hintereinander im engagierten
Ringen der drei Referenten um die Anerkennung ihrer Position ein Querschnitt durch die Wis-
senschaftstheorie und Wissenschaftspolitik unserer Zeit geboten wurde, sicher in vielem nur ab-
rißartig skizziert, doch in der Argumentation so stringent, daß man keinem der Standorte die Zu-
stimmung versagen und die daraus abgeleiteten, großenteils wiederum nur als Fragen formulier-
ten Forderungen an Bildung und Erziehung am Gymnasium annehmen mußte.
1. Die Zukunft aus der Sicht des Naturwissenschaftiers
Bundesforschungsminister Dr. Heinz Riesenhuber baute seinen brillanten Festvortrag „Heraus-
forderung Zukunft: Aufgabe von Wissenschaft und Technik" auf der Antithetik eines 'zwar —
aber' auf. Wissenschaft lasse sich zwar nicht auf Aufgaben, Zielvorgaben festlegen; sie habe kei-
ne Bringschuld gegenüber der Gesellschaft. Denn Wissenschaft als Ausfluß von Neugierde und
Erkenntnisstreben des Menschen sei frei; diese in der Würde des Menschen gründende Freiheit
sei auch dort zu garantieren, wo Wissenschaft ihre Erkenntnisse der praktischen Verwertbarkeit
zur Verfügung stellt, bei Vorgängen, die — zunächst einmal nicht voraussehbar — zu Erfolgen in
der Verbesserung des menschlichen Standards geführt haben. Die Wissenschaft der Medizin z.B.
habe durch Überwindung der Pest und des Kindbettfiebers vielen Menschen das Leben ver-

7
 
Annotationen