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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 2.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.20631#0052
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— 43

und nur über dem Chore befindet sich ein Dachreiter für
das Chorglöckchen.

Die Kirche ist von Bruchsteinen aufgeführt, äusserlich
und im Innern weiss übertüncht und zeichnet sich durch eine
ungemein gefällige Einfachheit aus. Deutliche Spuren eines
Umbaues sind nicht vorhanden.

Wenn erwogen wird, dass der Bau der im Jahre 1271
durch den Lavanter Bischof Herhort eingeweihten Kirche
der Periode des frühgothischen
Styles angehören würde, an der
gegenwärtigen Stiftskirche aber
keines der Anzeichen der Bauweise
jener Zeit wahrzunehmen ist, so
muss sich der Zweifel aufdringen,

°h wohl unter der gegenwärtigen
Stiftskirche die verstanden werden
könne, welche im Jahre 1271 ein-
geweiht wurde, oder ob nicht der
gegenwärtige Bau der Zeit der
Wiederaufnahme romanischer Bau-
weisen angehöre? Nach dem gegen-
wärtigen Stande der Forschungen
kann hierüber mit Sicherheit nicht
geurtheilt werden. Man hat zwar in
den beiden Opferstöcken lit. a b,
welche sich an den Stellen u b des Grundrisses befinden,
Gegenstände erkennen wollen, welche einer älteren an der
Stelle der heutigen gestandenen Kirche angehörten, allein ich
glaube, dass hierzu kein genügender Grund vorhanden sei
und für keinen Fall der Schluss gerechtfertiget wäre, dass die
Kirche, welcher die zwei Opferstöcke einst angehörten, eine
solche gewesen sein müsse, welche an der Stelle der heu-
tigen Stiftskirche gestanden ist.

Mehr Beachtung verdient die Hinweisung auf den Best
eines Basamentes, welcher den Abschluss des Presbyteriums
yon d bis e des Grundrisses umzieht. Man glaubt in Griffen
hieraus schliessen zu dürfen, dass das gegenwärtige Presby-
terium und derllerrenchor die älteste Klosterkirche gewesen
Und die weiteren Bautheile spätere Zuhauten seien. Wenn
uuch zugegeben werden kann, dass das Presbyterium mit
dem Chore dem klösterlichen Gottesdienste genügt haben
könne und dass die ersten Mönche von Griffen bei einer, wie
es scheint, ärmlichen Dotation kaum in der Lage gewesen,
uut ihren Bauten über die Befriedigung des nächsten Bedürf-
uisses hinaus zu gehen, so fehlt doch zur Rechtfertigung
obiger Hypothese an den vermeintlichen primitiven Kirchen-
theilen irgend ein Anzeichen des gothischen Styles und jeder
Uehelf um den Fortschritt des Umbaues und der Zubauten
"Uehzu weisen. Vielleicht gelingt es einer künftigen, der Ge-
schichtsforschung günstigeren Zeit, neue bisher ungekannte
Geschichtquellen aufzufinden, durch deren Ergebniss die
Uaugeschichte mit den archäologischen Beobachtungen in Ein-
klang gebracht werden können. Von keinem der kärnthneri-

schen Stifte haben wir eine so lückenhafte Geschichte, als
von dem Stifte Griffen. Dasselbe scheint keinen heimischen
Chronisten gehabt zu haben. Alles was wir bisher über
selbes erfahren konnten, beschränkt sich auf die Ergebnisse
entweder aus fremden Archivsschriften, oder aus den dem
Verfasser der Annalen des Prämonstratenserordens zuge-
sendeten Mittheilungen. Wie ungenügend diese letzteren
waren, zeigt der Catalogus Praepositorum, welcher überdiess
theilweise mit anderen Geschicht-
quellen im Widerspruche steht. Bei
dem im Eingänge erwähnten Brande
soll das Stiftsarchiv zu Grunde ge-
gangen sein; allein ich glaube,dass
sich noch Manches bei dem Rent-
amte Ehrnegg, der Central-Ver-
waltung der im .Grilfnerboden ge-
legenen Ferdinand gräflich von
Egger’schen Güter befinden dürfte.
Nach jahrelangen Bemühungen ist
es mir gelungen, den Beweis zu
liefern, dass sich nicht nur ein,
den Zeitraum vom XIII. bis in das
XVI. Jahrhundert betreffendes
Griffner Urkundenbuch, sondern
auch eine bedeutende Zahl von
Geschichts- und Notizenprotokollen in Ehrnegg befinden.
Allein mein Fund hat mir bisher keine Früchte gebracht,
indem es mir ungeachtet der freundlichsten Zusicherungen
des Gutsherrn Ferdinand Grafen von Egger bisher noch
nicht gelingen konnte, den Herrn Güterdirector dahin zu
vermögen, mir jene bisher nicht gekannten, um so minder
beachteten Geschichtquellen zur Benützung zugänglich zu
machen !).

Wenn der Geschichtforscher in Kärnten mit solchen
Hindernissen zu kämpfen hat, kann man es nicht seiner
Schuld zuschreiben, wenn die Vaterlandsgeschichte Lücken
bemerken lässt.

Südwestlich von der Stiftskirche, der Südfront des
Propsteigebäudes gegenüber, stellt die alte Pfarrkirche. Die
e c c 1 e s i a Oberndorf wird, wie ich schon oben bemerkte,
bereits in der Stiftungsurkunde des Bischofes Eckbert
erwähnt. Sie bestand sonach schon vor der Stiftung der
Propstei; muss jedoch in der gothischen Stylperiode wesent-
liche Zu- und Umbauten erfahren haben. An eine Verwen-
dung zum Zwecke des klösterlichen Gottesdienstes dürfte
wegen des kleinen Raumes im Chore wohl nicht gedacht
werden. Sie mag stets nur als Laienkirche verwendet worden
sein.

Sie ist einschiffig, denn das scheinbare Nebenschiff I)
ist ein späterer Zubau (Fig. 3). Über der Vorhalle, aus

!) Eine solche Engherzigkeit und solch ein unfreundliches Benehmen
verdient desshalb auch öffentlich gerügt zu werden. D. Red.

(Fig. 2.)
 
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