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Meyer, Julius [Editor]; Nagler, Georg Kaspar [Oth.]
Allgemeines Künstler-Lexikon: unter Mitwirkung der namhaftesten Fachgelehrten des In- u. Auslandes (1): Aa - Andreani — Leipzig: Engelmann, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.49957#0063
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Antonio Abondio.

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kann nicht Alexandri filius heissen, wie Einige
angenommen, da der angebliche ältere Alessan-
dro Abondio (s. den nächsten Art.) noch später
als unser Antonio nach Prag berufen wurde.
Vielmehr ist sehr wahrscheinlich, dass Antonio
der Sohn des oben genannten älteren Antonio,
und zwar, da dieser längere Zeit in Mailand
arbeitete, in eben dieser Stadt geboren ist. Es
liegt sogar die Vermuthung nahe, dass der junge
Abondio nicht blos von seinem Vater, sondern
auch von jenem Medailleur Leone Leoni, der
der reiche Günstling Kaiser Karl’s V. war, und
sein Haus vom alten Abondio so stattlich hatte
ausschmücken lassen, die Hebung seiner Kunst
erlernte. Für diese Annahme scheint eine Me-
daille auf den süd-tirolischen Freiherrn Nicolaus
von Madruzzo, Karl’s V. Obersten über deut-
sches Fussvolk, zu sprechen, deren Avers, das
Bildniss des Obersten, mit dem Monogr. AN : AB
bezeichnet ist, während der Revers in vor-
trefflicher Arbeit den Sturz der Giganten dar-
stellt, dessen Composition nach Cinognara und
Vasari von Leone Leoni herrührt. Zwar ist diese
Medaille kein Beweis für ein gemeinschaftliches
Arbeiten des Leoni und des jungen Abondio, da
der Originalguss zu jener Medaille auf Madruzzo
einseitig war und erst auf späteren Güssen jener
Gigantensturz vorkommt, der ursprünglich den
Revers zu einem Bildnisse Karl’s V. bildete.
Allein bezeichnend ist es doch, dass auf diese
Weise ein Werk von Leoni mit einem solchen
von Abondio verbunden wurde, und jeder Um-
stand, der diesen mit jenem in Beziehung setzt,
um so interessanter, als dadurch die Abkunft des
jüngeren' Antonio vom älteren gewisser wird.
Dass übrigens jene Denkmünze auf Madruzzo
vom jüngeren Abondio, und nicht, wie man wol
gemeint hat, vom älteren herrührt, ergibt sich
aus dem Bildnisse auf der Medaille selber. Nag-
ler wollte sie in den Monogrammisten in das
Jahr 1547 setzen und daher dem älteren Abon-
dio zuschreiben, weil sich bei J. T. Luckius,
»Sylloge numismatum elegantiorum etc.«, 1620,
bezüglich der abgebildeten Münze die Stelle
findet: »Numus votivus Nicolai Baronis Ma-
drucii cusus in honorem Caroli V. ob foedus
Smalcaldicum dissipatum, captos primos ejus
Proceres anno 1547«. Ist aber auch die Münze
auf die Vernichtung des schmalkaldischen Bun-
des geschlagen, so ist damit nicht bewiesen, dass
sie in eben- demselben J. 1547 gefertigt sei.
Vielmehr liegen für eine spätere Entstehungs-
zeit die deutlichsten Anzeichen vor. Denn Ma-
druzzo — davon ganz abgesehen, dass er im
vorgerückten Alter (erst 1570 gestorben) abge-
bildet ist — führt auf der Medaille selber den
Titel des »Dominus« von Madruzzo u. s. f. ; so
konnte er aber erst von Ende 1552 an heissen,
da erst dann sein älterer Bruder gestorben und
er mit den Lehen der Familie investirt war. In
den fünfziger Jahren war er viel in Italien; er
hatte in Mailand, als sein Bruder daselbst Statt-

halter war, ein Kommando und befehligte im
Feldzuge gegen Siena 1554 das deutsche Kriegs-
volk. Recht wol möglich, dass sich dann wie-
der Madruzzo in Mailand aufhielt und hier durch
die Empfehlung des berühmten Leoni den talent-
vollen jungen Abondio kennen lernte. Bald
darauf und noch ehe dieser nach Böhmen kam,
mag er ihm jene Medaille bestellt haben: Dafür
spricht auch, dass der Verfertiger derselben
offenbar die österreichischen Verhältnisse noch
nicht genau kannte; denn das Bildniss des Feld-
herrn hat das goldene Vliess um, das dieser gar
nicht hatte, und noch dazu unrichtig an einem
Bande. Vielleicht dass jene Bekanntschaft Abon-
dio’s mit Madruzzo und die Denkmünze auf die-
sen die erste Veranlassung gaben, den Künstler
nach Prag zu berufen.
Aut, Abondio in Prag und in München,
Wann Abondio nach Böhmen gekommen, ist
unbekannt. Er wird 1566, also schon unter Kai-
ser Maximilian II., als »Conterfeter und Maler«
mit monatlich 20 fl. Hofbesoldung im kaiserli-
chen Hofstatus aufgeführt. 1568 und 1570 sind
dann Zahlungen für kaiserliche Bildnisse notirt;
auch kommen noch Medaillen mit Maximilian II.
und seiner Gemahlin Maria vor, wie denn der
Meister öfters auch als »Erzschneider« bezeich-
net ist. Unter dem 28. Febr. 1574 wurde ihm
von Maximilian II. der Adel bestätigt und das
Wappen aufgebessert; ein Zeichen, |dass einer-
seits unser Künstler aus einem adeligen Ge-
schlechte entsprossen (vergl. Alessandro Abon-
dio) war, und andererseits beim Kaiser in hohem
Ansehen stand. Nicht geringere Gunst erwies
ihm hierauf Rudolf II. Der Künstler schien mit
seinem Verdienst nicht recht auszukommen;
eine Urkunde von 1577 berichtet, dass er auf
dem neuen Markte zu Wien ein überschuldetes
Haus besass, ein Recepisse vom 16. Jänner 1580,
dass »Seine Majestät Rudolf II. den Antonio
Abondio Contrefaktor bei seinen Gläubigern um
1000 fl. enthoben hatte«. Abondio muss um jene
Zeit von Prag abwesend gewesen sein, da ihm
der Kaiser bemerken liess, dass »er auch ehestens
allher zu Hof sich vermögen möge«; auch wird
durch Dekret vom 19. April dem Hofzahlmeister
angezeigt, dass »Ihre Majestät dem Antonio
Abondio seine Absenten, so 757 fl. bringen,
passiren zu lassen, gnädigst bewilliget habe«.
Dass der Künstler längere Zeit vom kaiser-
lichen Hofe abwesend war, ergibt sich auch aus
verschiedenen Medaillen mit Bildnissen auswär-
tiger Fürsten, die offenbar nach dem Leben ge-
nommen sind. Die Denkmünze zwar mit den
Porträts des Herzogs Job. Friedrich von Sachsen-
Gotha und seiner Gemahlin Elisabeth vom J.
1576 ist sicher in Wien selber modellirt, als das
herzogliche Ehepaar zu Wiener-Neustadt gefan-
gen sass. Auf einen Aufenthalt in Koburg aber
lässt die schöne Medaille mit dem Bildnisse jenes
Hieronymus Scotti (vom J. 1580) schliessen, der
 
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