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Schneidmüller, Bernd [Hrsg.]; Weinfurter, Stefan [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Otto III. - Heinrich II.: eine Wende? — Mittelalter-Forschungen, Band 1: Sigmaringen, 1997

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Ehlers, Joachim: Magdeburg – Rom – Aachen – Bamberg. Grablege des Königs und Herrschaftsverständnis in ottonischer Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.25411#0064
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Joachim Ehlers

schon in der zweiten Generation auf imperiale Höhe, später in notwendiger Reduk-
tion der überspannten Kräfte zum Versuch einer fränkischen Erneuerung.
Entspricht das aber den Intentionen der zeitgenössischen Entscheidungsträ-
ger? Welche expliziten Zeugnisse für ihre Auswahlkriterien gibt es, und was wissen
wir über die Wege, auf denen sie zum Entschluß gekommen sind? In welchem Ver-
hältnis stehen Pläne, Alternativen, Zufälle und Sachzwänge im Einzelfall? Antwor-
ten auf solche Fragen klären die Legitimität historischer Interpretation der überlie-
ferten Zeugnisse; sie machen den Weg frei für ein Urteil darüber, was die Erfor-
schung von Tod und Grablege frühmittelalterlicher Könige zum Tagungsthema
beitragen kann. Wir dürfen uns dabei keineswegs auf politische Gesichtspunkte im
hergebrachten Sinne beschränken, denn die seit längerer Zeit immer besser er-
forschten Bedingungen der Totensorge und ihres liturgischen Vollzugs^, der engen,
ja geradezu kausalen Verbindung von Fama und Memorial weisen auf einen weit
umfassenderen Komplex von Herrschaft und Repräsentation, der das Politische
einschließt und, wie im Folgenden gezeigt werden soll, Königtum und Adel weit-
gehend gemeinsam war. In solcher Perspektive können Quedlinburg, Magdeburg
und Bamberg mit dem heuristischen Paradigma »Stiftskirche und Stiftergrab« er-
faßt werden, während für Rom und Aachen ganz andere Voraussetzungen gelten,
bestimmt u.a. vom traditionalen Rang dieser Orte ebenso wie von ihren vornehmen
und für die Kommemoration aus langer Erfahrung qualifizierten geistlichen Ge-
meinschaften. Bedenken wir schließlich die Stellung der ottonischen Königinnen
als consorHs und die generell hohe Kompetenz der Frauen für das Memorial-
wesen so wird keiner der genannten Orte mit Ausnahme Aachens ohne die Ge-
mahlinnen der Verstorbenen recht verstanden werden können. Für individuelle
Kriterien öffnet sich damit ein weites Feld, das sich mit raschem Blick aufs Allge-
meine nicht erschließen läßt. Weil Untersuchungen der angedeuteten Problematik

2 Memoria. Der geschichtliche Zeugniswert des liturgischen Gedenkens im Mittelalter, hg. v. KARL
ScHMtD/JOACHIM WOLLASCH (Münstersche Mittelalter-Schriften 48), München 1984; Gedächtnis,
das Gemeinschaft stiftet, hg. v. KARL SCHMID, München 1985; MARY J. CARRUTHERS, The Book of
Memory. A Study of Memory in Medieval Culture, Cambridge 1990; Memoria als Kultur, hg. v.
OTTO GERHARD OEXLE (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 121), Göttin-
gen 1995; Orro GERHARD OEXLE, Welfische Memoria, in: Die Welfen und ihr Braunschweiger Hof
im hohen Mittelalter, hg. v. BERND SCHNEIDMÜLLER (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 7), Wies-
baden 1995,S.61-94.
3 Orro GERHARD OEXLE, Die Memoria Heinrichs des Löwen, in: Memoria in der Gesellschaft des
Mittelalters, hg. v. DIETER GEUENICH/Orro GERHARD OEXLE (Veröffentlichungen des Max-Planck-
Instituts für Geschichte 111), Göttingen 1994, S. 128-177; DERS., Fama und Memoria. Legitimation
fürstlicher Herrschaft im 12. Jahrhundert, in: Heinrich der Löwe und seine Zeit, hg. v. JOCHEN
LuCKHART/FRANZ NiEHOFF, Bd. 2, München 1995, S. 62-68.
4 THILO VOGELSANG, Die Frau als Herrscherin im hohen Mittelalter. Studien zur »consors regni«-
Formel, Göttingen 1954; WERNER OHNSORGE, Die Idee der Mitregentschaft bei den Sachsenherr-
schern, in: Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs 25, 1972, S. 539-548; HEINRICH FiCH-
TENAU, Lebensordnungen des 10. Jahrhunderts, 2 Bde. (Monographien zur Geschichte des Mittel-
alters 30.1,2), Stuttgart 1984, hier Bd. 1, S. 239 ff.; FRANZ-REINER ERKENS, Die Frau als Herrscherin in
ottonisch-salischer Zeit, in: Kaiserin Theophanu, hg. v. ANTON VON Euw/PETER SCHREINER, 2 Bde.,
Köln 1991, hier Bd. 2, S. 245-259.
5 GERD ALTHOFF, Beobachtungen zum liudolfingisch-ottonischen Gedenkwesen, in: Memoria, hg. v.
SCHMID/WOLLASCH (wie Anm. 2), S. 649-665; DERS., Königs- und Adelsfamilien im Spiegel ihrer
Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen (Münstersche
Mittelalter-Schriften 47), München 1984, S. 238 ff.
 
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