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Schneidmüller, Bernd [Hrsg.]; Weinfurter, Stefan [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Otto III. - Heinrich II.: eine Wende? — Mittelalter-Forschungen, Band 1: Sigmaringen, 1997

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Engels, Odilo: Überlegungen zur ottonischen Herrschaftsstruktur
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https://doi.org/10.11588/diglit.25411#0283
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ODILO ENGELS

Überlegungen zur ottonischen Herrschaftsstruktur

I.
Trotz aller Vorbehalte, die man so manchen überzogenen Thesen gegenüber nicht
verschweigen kann, muß man dem Buch »Deutschland - Frankreich, die Geburt
zweier Völker« von Carlrichard Brühh bescheinigen, daß es immer noch stimulie-
rend aut die jüngste Forschung wirkt und zumindest in der Frage nach der Ent-
stehung des deutschen Reiches - wobei die Betonung aut der Kennzeichnung
»deutsch« liegt - eine Änderung unserer Vorstellungen in die Wege geleitet hat".
Der lang gestreckte Entstehungsprozeß des Reiches erscheint nunmehr bis weit in
das 11. Jahrhundert hinein verlängert^. Brühl richtet sein Augenmerk in der Haupt-

1 Köln/Wien 1990. Er bezeichnet beispielsweise ebd., S. 462-469, die Aachener Krönung Ottos I.
von 936 nur als eine »Befestigungskrönung« der Lotharingier im Vertrauen auf die Hausordnung
Heinrichs I. von 929 (vgl. KARL SCHMID, Die Thronfolge Ottos des Großen, in: Zeitschrift für
Rechtsgeschichte. Germ. Abt. 81,1964, S. 80-163), was die Lausanner Annalen (aus dem 13. Jahr-
hundert), ed. CHARLES Rom, Cartulaire du chapitre de Notre-Dame de Lausanne, Lausanne 1948,
S. 8, indirekt bestätigen würden. Abgesehen davon, daß die angeblich guten Vorlagen dieser
Quelle unbekannt und andere, dort vermerkte Daten alles andere als fehlerfrei sind, ist die Haus-
ordnung selbst in einem Umfang, wie Schmid sie sieht, fragwürdig geworden; vgl. WOLFGANG
GEORGi, Bischof Keonwald von Worcester und die Heirat Ottos I. mit Edgitha im Jahre 929, in:
Historisches Jahrbuch 115,1995, S. 1-40. Auch dieser Aufsatz ist von Hypothesen nicht ganz frei,
zeigt aber, daß die wichtigen Beobachtungen von Schmid nicht in jeder Hinsicht zwingend sind.
An der Glaubwürdigkeit von Widukinds Bericht über die Aachener Erstkrönung (Widukind von
Corvey, Rerum gestarum Saxonicarum libri tres, ed. PAUL HlRSCH/HANS EBERHARD LOHMANN,
MGH SS rer. Germ. 60, S. 63-67) ist jedenfalls nicht zu zweifeln.
2 Vgl. schon ECKHARD MÜLLER-MERTENS, Regnum Teutonicum. Aufkommen und Verbreitung der
deutschen Reichs- und Königsauffassung im früheren Mittelalter, Wien/Köln 1970; zustimmend
HELMUT BEUMANN, Regnum Teutonicum und rex Teutonicorum in ottonischer und salischer Zeit.
Bemerkungen zu einem Buch von Eckhard Müller-Mertens, in: Archiv für Kulturgeschichte 55,
1973, S. 215-223. BRÜHL, Deutschland (wie Anm. 1), S. 181-233, unterscheidet von (ÜMü'cc (- volks-
sprachlich) die Bezeichnung fcMfcwicMs, die nicht vor Brun von Querfurt ein Bewußtsein von
»deutsch« erkennen läßt (S. 216 f.), und zwar im Sinne einer übergeordneten Einheit, weiche die
Addition von Stammesnamen zusammenfaßt. Gleichzeitig auch HEINZ THOMAS, Die Deutschen
und die Rezeption ihres Volksnamens, in: Kieler Historische Studien 34, hg. von WERNER PARAVI-
CINI, Sigmaringen 1990, S. 19-50; DERS., Das Identitätsproblem der Deutschen im Mittelalter, in:
Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 43,1992, S. 135-156. Sodann im Rahmen einer breit
angelegten Übersichtsdarstellung JOHANNES FRIED, Der Weg in die Geschichte. Die Ursprünge
Deutschlands (Propyläengeschichte Deutschlands), Berlin 1994, besonders das erste und das letz-
te Kapitel; zustimmend HANNA VoLLRATH, Geschichtswissenschaft und Geschichtsschreibung.
Zur Diskussion um das Buch »Der Weg in die Geschichte« von Johannes Fried, in: Zeitschrift für
Geschichtswissenschaft 43,1995, S. 451-459, bes. S. 452.
3 Zur Forschungsgeschichte des deutschen Reiches vgl. EDUARD HLAWITSCHKA, Vom Frankenreich
zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Darmstadt 1986,
bes. Abschnitt D 1-2 u. S. 188-201.
 
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