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Schneidmüller, Bernd [Hrsg.]; Weinfurter, Stefan [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Otto III. - Heinrich II.: eine Wende? — Mittelalter-Forschungen, Band 1: Sigmaringen, 1997

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Zotz, Thomas: Die Gegenwart des Königs. Zur Herrschaftspraxis Ottos III. und Heinrichs II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.25411#0366
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Thomas Zotz

Krönung im Juni 1002 über sieben Jahre lang Herzog von Bayern, sieht sich veran-
laßt, sich nach der reichsweiten Anerkennung in der neuen Würde wieder seinem
»Stammland« Bayern zuzuwenden, um nicht die alten Freunde durch seine Abwe-
senheit zu kränken. Ähnlich, nur positiv gewendet, hat Thietmar von Merseburg
die gleiche Situation und das damit verbundene Anliegen des Herrschers beschrie-
ben: Hz's z'H dz'sposz'fz's (gemeint ist die Bruchsaler Regelung) mx ad Bawan'a?7? pcnrxz'f,
zzf eis adrg7ÜM sao et omni can'taie innoiesceret, ^aod eos precipae infer omnes nmareH.
In der Tat läßt sich Heinrich fast den ganzen November hindurch in Bayern
nachweisenü Am 1. November urkundete der König in Haselbach bei Neuburg an
der Donau für Markgraf Heinrich von der Ostmark, und vom 11. November bis
24. November residierte er in Regensburg, feierte hier das Martinsfest, privilegierte
bayerische, aber auch fränkische, sächsische und italienische Empfänger und be-
lehnte Herzog Vladivoj von Böhmen, der nach dem Sturz BoleslavsIII. dort die
Herrschaft übernommen hatte, mit dem Herzogtum Böhmen. Heinrichs Biograph
Adalbold hat die königlichen Handlungen in Bayern so beschrieben: Ptanhas z'yz'fzu*
dz'eHzs z'a Baoan'a morafar, ^aaemaühas iegom iashhaza jaezbas, ef Hsz'Hadz yraüa oeazea-
fzüzzs Izoaomaz, proaf zyazszpzo dz'yaas graf, gxfizhgasT
Frg^agzzfafz'o /z'dgfzaza, adogzzfas und pragsgafz'a rgyz's: In solchen Wendungen und
Begriffen der zeitgenössischen Quellen spiegeln sich wesentliche, man wird sogar
sagen können: hauptsächliche Momente der Erfahrung und Wahrnehmung des
Königs und seiner Herrschaft im hohen Mittelalter^. Die Gegenwart des Königs
galt als Garantie für die Geltung von z'asfz'fz'a und pax; unzählige Diplome sprechen
von der persönlichen Begegnung mit dem Herrscher (adz'z'f aosfraaz pragsgafz'aza). So
wünscht sich Abt Eberhard von Tegernsee 1002/03 in einem Brief an Heinrich II.
den Schutz von dessen zaayaa mgafz's pofgafz'a, die nur zu sagen brauche: Pz'aP, und
schon sei es geschehen. Während hier in Anspielung an ein Psalmwort von der All-
macht Gottes die Wirkung des königlichen Wortes allgemein gepriesen wird, läßt
der im Brief folgende Abschnitt mit dem eigentlichen Anliegen des Abtes erkennen,
welche Bedeutung der praeseafza myz's zugemessen wurde: Eberhard bittet aus An-
laß eines Streitfalls zwischen dem Kloster und einer adligen Familie, daß Heinrich
die Entfremdung des dem Kloster zustehenden Besitzes durch betrügerische und
bestechliche Grafen zhzpcrz'afz z'zzssM untersage, bevor die Sache dann z'n pmsgzifz/z uc-
sfrz entschieden werde H Die eigentliche und dauerhafte Entscheidung wird in der
Gegenwart des Königs erwartet.

6 Thietmar von Merseburg, Chronicon V 22, ed. ROBERT HoLTZMANN (MGH SS NS 9), Berlin 1935,
ND Hannover 1980, S. 247.
7 RI II, 4, Nr. 1511-1524.
8 Adalbold, Vita Heinrici (wie Anm. 2), cap. 14.
9 ERNST KANTOROWicz, The »King's Advent« and the enigmatic panels in the doors ot Santa Sabi-
na, in: DERS., Selected Studies, Locust Valley/New York 1965, S. 37-75; PETER WiLLMES, Der Herr-
scher->Adventus< im Kloster des Frühmittelalters (Münstersche Mittelalter-Schriften 22), Mün-
chen 1976; THOMAS ZoTZ, Präsenz und Repräsentation. Beobachtungen zur königlichen Herr-
schaftspraxis im hohen und späten Mittelalter, in: Herrschaft als soziale Praxis. Historische und
sozial-anthropologische Studien, hg. von ALF LÜDTKE (Veröffentlichungen des Max-Planck-Insti-
tuts für Geschichte 91), Göttingen 1991, S. 168-194.
10 Die Tegernseer Briefsammlung, ed. KARL STRECKER (MGH Epistolae selectae 3), Berlin 1925, ND
1964, Nr. 68, S. 74 f. Dazu vgl. STEFAN WEINFURTER, Die Zentralisierung der Herrschaftsgewalt im
Reich durch Kaiser Heinrich II., in: Historisches Jahrbuch 106,1986, S. 241-297, hier S. 290.
 
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