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Schneidmüller, Bernd [Hrsg.]; Weinfurter, Stefan [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Otto III. - Heinrich II.: eine Wende? — Mittelalter-Forschungen, Band 1: Sigmaringen, 1997

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Weinfurter, Stefan: Otto III. und Heinrich II. im Vergleich. Ein Resümee
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https://doi.org/10.11588/diglit.25411#0424
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Stefan Weinfurter

Polenherzog alle Anteile, die dem Bereich der Königsherrschaft, also dem /tonor
des Königszugeordnet waren, verweigern, solange sich dieser nicht unterord-
nete. Spielte also am Ende hier nicht doch auch eine gewandelte Vorstellung von
der Qualität und der Absicherung von Königsherrschaft (und Reich) eine Rolle, die
Heinrich II. von Otto III. unterschied?
Daß Heinrich II. jedenfalls im Inneren seines Reiches eine neuartige oder doch
zumindest bemerkenswerte Intensivierung der Königsherrschaft verfolgt hat, ist
schon mehrmals dargestellt worden^. Man kann sich ohne weiteres vorstellen, daß
auch diese Sublimierung des königlichen Herrschaftsverständnisses in der bayeri-
schen Herzogsherrschaft vorgebildet worden war Ebenso ist zu erwägen, sie als
Reaktion des Königs auf adlige Herrschaftsintensivierung zu erklären^. In radika-
ler Weise jedenfalls reduzierte Heinrich II. die Herrschaftsposition der Herzoge von
Schwaben und von Bayern und überzog - schon mit seinem Reichsumritt - erst-
mals das gesamte Reich mit seiner Königsherrschaft. Entwickelte sich im König-
tum, so könnte man fragen, durch diese stärkere Durchdringung nach innen ande-
rerseits auch das Bestreben nach einer schärferen Abgrenzung nach außen? Ha-
ben wir hier die Anfänge eines ausgeprägteren Grenzbewußtseins vor uns, das
sich dann - mit diversen Folgeproblemen - bei den frühen Saliern deutlicher ab-
zeichnete ^?
Hagen Keller hat schon vor einigen Jahren darauf hingewiesen, daß es bei die-
sen Prozessen offenbar darum ging, die gentile Struktur des Reiches zu überwin-
den^. Das Reich stellte auch noch um das Jahr 1000 eher eine Zusammensetzung
von Stammesverbänden dar. Das haben die Untersuchungen Knut Görichs wieder
bestätigt. Die Stämme waren es, die im Bewußtsein der Menschen die maßgebli-
chen politischen Einheiten bildeten W Im Süden des Reiches hatten die Herzoge bis
zum ausgehenden 10. Jahrhundert eine königsähnliche Stellung inne. Erste Ansätze
zur Durchbrechung dieser Strukturen sind im Grunde erst unter Otto III. zu erken-

121 Brief Bruns von Querfurt an Heinrich II. (wie Anm. 108), S. 103: propfer s$CMlarem honorem.
122 HANS JÖRG DIEFENBACH, Renovatio Regni Francorum. Die Politik Kaiser Heinrichs II. Studien
zur geschichtlichen Entwicklung des mittelalterlichen deutschen Königtums, Diss. masch.
Köln 1952; HAGEN KELLER, Reichsstruktur und Herrschaftsauffassung in ottonisch-frühsali-
scher Zeit, in: Frühmittelalterliche Studien 16,1982, S. 74-128; STEFAN WEINFURTER, Die Zentrali-
sierung (wie Anm. 9); ODILO ENGELS, Das Reich der Salier - Entwicklungslinien, in: Die Salier
und das Reich, Bd. 3: Gesellschaftlicher und ideengeschichtlicher Wandel im Reich der Salier
(wie Anm. 105), S. 479-541, hier 489; CARLRICHARD BRÜHL, Deutschland - Frankreich (wie
Anm. 16), S. 640 ff.
123 WEINFURTER, Die Zentralisierung (wie Anm. 9).
124 ENGELS, Entwicklungslinien (wie Anm. 122), S. 492 ff.; FRIED, Der Weg (wie Anm. 50), S. 592.
125 FRIEDRICH PRINZ, Die Grenzen des Reiches in frühsalischer Zeit: Ein Strukturproblem der
Königsherrschaft, in: Die Salier und das Reich, Band 1: Salier, Adel und Reichsverfassung, hg.
von STEFAN WEINFURTER unter Mitarbeit von HELMUTH KLUGER, Sigmaringen -1992, S. 159-173.
126 KELLER, Reichsstruktur (wie Anm. 122), S. 119.
127 Siehe die Darlegungen von GÖRICH, Otto III. (wie Anm. 63), S. 53 f., 64 ff., 116 u.ö.; auch FRANZ
SiAAB, Ausland und Auslandsbeziehungen in der Perspektive des Salierreiches. Zur Ein-
führung ins Thema, in: Auslandsbeziehungen unter den salischen Kaisern. Geistige Auseinan-
dersetzung und Politik, hg. von FRANZ SiAAB, Speyer 1994, S. 7-40, hier 14 ff., der das Sumina-
ÜMrn Honnc; auswertet, eine wahrscheinlich in der Abtei Lorsch um 1020 entstandene große
Enzyklopädie (ed. R. HILDEBRANDT, 2 Bände [Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kul-
turgeschichte der Germanischen Völker NF 611, Berlin/New York 1974 und 1982).
 
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