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Kaufhold, Martin; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Rhythmen politischer Reform im späten Mittelalter: institutioneller Wandel in Deutschland, England und an der Kurie 1198 - 1400 im Vergleich — Mittelalter-Forschungen, Band 23: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34739#0024
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20

Einleitung

zug zu einander immerhin möglich macht. Das ist keine ganz eindeutige Bedin-
gung, denn sie setzt voraus, dass die Akteure im Reich, in England und an der
Kurie zumindest Kenntnis von den Vorgängen bei ihren Nachbarn hatten oder
haben konnten. Dabei müssen wir uns klar sein, dass eine solche Kenntnis keines-
wegs einen Bezug zueinander zur Folge haben musste. Man konnte von einer
Entwicklung durchaus Kenntnis haben, ohne den Drang zu verspüren, ihr nach-
zueifern. Die Bedingung einer möglichen Kenntnis ist eine methodische Entschei-
dung. Sie ermöglicht es, die verschiedenen Entwicklungen auch als unterschiedli-
che Antworten auf verwandte Eferausforderungen zu verstehen. Und um die
zeitbedingte Herausforderungen und die jeweiligen Reaktionen geht es in beson-
derer Weise. Es wäre eine Vorwegnahme von Ergebnissen, die es erst zu ermitteln
gilt, wollte man die Zeitschichten, die den jeweiligen Vergleichsrahmen begrenzen,
genau festlegen. Immerhin wird es ja auch um die Frage gehen, wie lange die Er-
innerung an politische Ereignisse als aktives Potential bewahrt wurde (z. B. Magna
Carta). Doch scheint eine Orientierung an dem Zeitmaß einer Generation (ca. 35-
40 Jahre) als Ausgangspunkt sinnvoll. Eine genauere Überprüfung ist noch erfor-
derlich, aber wir können zunächst einmal davon ausgehen, dass innerhalb einer
solchen Zeit die tatsächliche Erinnerung der Akteure an ein Geschehen fortlebte -
was nicht bedeutet, dass es eine historisch „richtige" Erinnerung war. Wichtig für
unsere Fragestellung ist, dass sie eine aktivierbare Erinnerung war.
In dieser Untersuchung geht es um die großen politischen Krisen und institu-
tioneilen Herausforderungen im Reich, in England und an der Kurie zwischen
1198 und 1400. Dabei ermöglicht die englische Überlieferung wiederholt den bes-
ten Einstieg in die Reformthematik. Der Aufbau der Arbeit folgt der Logik der
Probleme und der unterschiedlichen Antworten. Daraus entsteht keine parallele
Erzählung der Ereignisse. Die Anteile der jeweiligen Schauplätze sind nicht immer
gleich gewichtig. Dies ist kein Handbuch, sondern eine fokussierte Studie zweier
dynamischer Jahrhunderte, in denen das westliche Europa seinen politischen Insti-
tutionen einen arbeitsfähigen Zuschnitt verlieh. Dazu bedurfte es etlicher krisen-
hafter Erfahrungen und des langem Atems mehrerer Generationen.
 
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