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Dendorfer, Jürgen [Bearb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das Lehnswesen im Hochmittelalter: Forschungskonstrukte - Quellenbefunde - Deutungsrelevanz — Mittelalter-Forschungen, Band 34: Ostfildern, 2010

DOI Artikel:
Patzold, Steffen,: Ein klösterliches Lehnswesen? Der Zusammenhang von Besitz und personalen Bindungen im Spiegel von Klosterchroniken des 12. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.34751#0125

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Steffen Patzold

3. Nicht alle beneficia und feoda hatten nachweislich die Konsequenz, dass
der Beliehene zum »Vasall« oder »Mann« des Leihenden wurde. Und
selbst in den Fällen, in denen sich diese Konsequenz sicher belegen lässt,
heißt das nicht zwangsläufig, dass die Abtei in der Praxis einen mi-
litärischen Vorteil in Form von Schutz und Sicherheit daraus hätte ziehen
können. Das Wort vasallus findet sich in der hier behandelten Quellen-
gattung im Übrigen insgesamt äußerst selten.
4. Eine systematische Verbindung zwischen beneficium/feudum einerseits
und /zomznzwm/Mannschaft andererseits, die in ritualisierter Form
hergestellt worden wäre und beide Seiten zu Treue, den Belehnten aber
zur Heer- und Hoffahrt für seinen Herrn verpflichtet hätte - ein solches
Modell wird in den Klosterchroniken jedenfalls bis in die zweite Hälfte
des 12. Jahrhunderts hinein nicht ausdrücklich beschrieben. Man kann
daher zumindest auf der Basis dieser Texte nicht beweisen, dass Mönche
damals einen Begriff vom Lehnswesen gehabt hätten, der dem me-
diävistischen Forschungskonzept des 19. und 20. Jahrhunderts ähnlich
• • 103
ware .
5. Insgesamt erscheinen sowohl das Spektrum der verliehenen Güter als
auch das soziale Spektrum der damit beliehenen Menschen so breit, dass
es sehr fraglich ist, ob sich die zeitgenössischen Begriffe beneficium/
feudum/Lehen einerseits und homo/miles/Mann andererseits ohne Weiteres
für eine differenzierte geschichtswissenschaftliche Analyse von Besitz-
verhältnissen und personalen Bindungen eignen. Wahrscheinlich ist es
hilfreicher, eine nuancierte moderne Terminologie zu entwickeln. Sie
könnte besser beschreiben, wie flexibel - aber auch wie geschickt und
wohlkalkuliert - Zeitgenossen des 12. Jahrhunderts Wörter wie feodum,
beneficium oder auch vassallus einzusetzen vermochten.

103 Dazu fügt sich, dass eine dichtere und aussagekräftige Überlieferung zum Lehnswesen auch in
anderen Klöstern erst im 13. Jahrhundert einsetzt; vgl. exemplarisch zu Schwarzach KURT
Andermann, Das Lehnswesen des Klosters Schwarzach am Rhein, in: Zeitschrift für die
Geschichte des Oberrheins 147,1999, S. 193-211, hier S. 197.
 
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