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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Dendorfer, Jürgen [Bearb.]
Das Lehnswesen im Hochmittelalter: Forschungskonstrukte - Quellenbefunde - Deutungsrelevanz — Mittelalter-Forschungen, Band 34: Ostfildern, 2010

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Seibert, Hubertus,: Non predium, sed beneficium esset… Das Lehnswesen im Spiegel der bayerischen Privaturkunden des 12. Jahrhunderts (mit Ausblicken auf Tirol)
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https://doi.org/10.11588/diglit.34751#0145

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Hubertus Seibert

schon vor längerer Zeit das südlich von München gelegene Gut Forstenried
gewaltsam entzogen worden, um dessen Rückgabe die Kanoniker mit Hilfe
ihres neuen Vogts seit 1160, Heinrichs des Löwen, kämpften* 2. Im Frühjahr
1166 schienen sie endlich am Ziel ihrer Bemühungen angelangt zu sein:
Kaiser Friedrich Barbarossa erkannte die Ansprüche Pollings an dem ein-
stigen Reichslehen Forstenried an und verfügte dessen Restitution. Der
Widerstand eines der Lehnsträger und seiner Erben verhinderte die Rückgabe
jedoch3. Die über diesen Rechtsvorgang erst knapp drei Jahre später ausge-
stellte Urkunde vom 20. Januar 1169 nennt den damaligen unrechtmäßigen
Besitzer und die Modalitäten der Rückgabe Forstenrieds. Der Kaiser gibt
darin allen Getreuen bekannt, »dass ein gewisses Gut, Forstenried genannt,
dem Stift Polling schon lange entzogen worden und in der Reihenfolge der
unrechtmäßigen (Lehns-)Besitzer an Heinrich von Aubing gelangt sei. Als
Heinrich von Aubing den wahren Sachverhalt erkannte, und weil er den
strengen Zorn des himmlischen Richters fürchtete, ließ er das Gut seinem
Lehnsherrn Ulrich von Stein, von dem er es empfangen hatte, auf, damit es
der vorgenannten Kirche zurückgegeben werde. Ulrich ließ es aber wegen
desselben Grundes dem Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach, der Pfalzgraf dem
Herzog Heinrich von Sachsen auf, der Herzog aber legte es in unsere Hände
zurück«4.
Aus diesem der Forschung durchaus bekannten Beispiel lassen sich zwei
für unsere Thematik wichtige Erkenntnisse gewinnen. Die vom Kaiser bis
zum welfischen Ministerialen Heinrich von Aubing über immerhin vier
Ebenen laufende, rangmäßig strukturierte Lehnsfolge zeugt von der zentralen
Bedeutung, die das Lehnswesen als hierarchisch gegliederte Form personaler

rischen Geschichte, N.F. 21), München 1966; Trad. Schä. = Die Traditionen des Klosters
Schäftlarn 760-1305, ed. Alois Weissthanner (Quellen und Erörterungen zur bayerischen
Geschichte, N.F. 10/1), München 1953; Trad. Schy. = Die Traditionen des Klosters Scheyern,
ed. Michael Stephan (Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte, N.F. 36/1),
München 1986; Trad. Te. = Die Traditionen des Klosters Tegernsee 1003-1242, ed. Peter
Acht (Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte, N.F. 9/1), München 1952;
Trad. Ul. = Die Traditionen und das älteste Urbar des Klosters St. Ulrich und Afra in Augs-
burg, ed. Robert Müntefering (Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte,
N.F. 35), München 1986; Trad. Weih. = Die Traditionen des Klosters Weihenstephan, ed.
Bodo Uhl (Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte, N.F. 27/1), München
1972; Trad. Wel. = Die Traditionen, Urkunden und Urbare des Klosters Weltenburg, ed.
Matthias Thiel (Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte, N.F. 14), München
1958; Trad. Wes. = Die Traditionen des Klosters Wessobrunn, ed. Reinhard Höppl (Quellen
und Erörterungen zur bayerischen Geschichte, N.F. 32/1), München 1984; TUB = Tiroler
Urkundenbuch, Bd. 1: bis zum Jahre 1200, ed. FRANZ HÜTER, Innsbruck 1937; Urk. Schy. -
Die Urkunden und die ältesten Urbare des Klosters Scheyern, ed. Michael Stephan (Quellen
und Erörterungen zur bayerischen Geschichte, N.F. 36/2), München 1988.
2 Zur Entfremdung des Gutes vor 1133/36 und zum gesamten Vorgang grundlegend
FRIEDRICH Helmer, Stift Polling und das Gut Forstenried im 12. Jahrhundert, in: Forstenried.
Acht Jahrhunderte Siedlung und kirchliches Leben im Süden von München, hg. von GER-
TRUD Thoma, St. Ottilien 1994, S. 15-31, hier S. 19 f. und 28 ff.; die zeitlich erste Erwähnung
des Streits bietet Trad. Pol. 30 (1166 März nach 15 und Mai vor 31 = D HdL 71).
3 Helmer, Stift (wie Anm. 2), S. 23-26.
4 D F I. 549; HELMER, Stift (wie Anm. 2), S. 18 ff. und 23 f.
 
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