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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Dendorfer, Jürgen [Bearb.]
Das Lehnswesen im Hochmittelalter: Forschungskonstrukte - Quellenbefunde - Deutungsrelevanz — Mittelalter-Forschungen, Band 34: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34751#0197

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196

Oliver Auge

den Raum begreifen, der in seinen Grenzen durch die Ostseeküste im Norden,
durch den Unterlauf der Elbe im Westen, durch das Niederungsgebiet der Eide
und den Südrand der mecklenburgisch-uckermärkischen Seenplatte im Süden
sowie durch die Flüsse Persante und Stolpe im Osten begrenzt und cum grano
salis mit dem heutigen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern sowie der
nördlichen polnischen Woiwodschaft Westpommern identisch ist, dann handelt
es sich um ein Gebiet, das bekanntermaßen erst ab der zweiten Hälfte des
12. Jahrhunderts eine mehr oder minder durchgreifende und dauerhafte
Integration in das hochmittelalterliche Reich erfuhr3. Damit einher ging in
soziokultureller wie verfassungsrechtlicher Hinsicht eine allmähliche Akkul-
turation dieses Raumes, der bis dahin nahezu durchweg slawisch besiedelt und
infolge des großen Lutizenaufstands von 983 und desjenigen von 1018 nach wie
vor auch nichtchristlich geprägt war4. An dieser vergleichsweise späten
Akkulturation des sogenannten gentilen Keils am südlichen Ostseerand liegt
wiederum das reichlich verzögerte Einsetzen der privaturkundlichen Über-
lieferung: Im Prinzip liegen erst ab 1200 Urkunden in einem nennenswerten
Umfang vor5. Die landeskundliche Forschung geht davon aus, dass zur gleichen
Zeit, also frühestens ab dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts, im Rahmen des
Landesausbaus und der herrschaftlichen Erfassung des Raumes das Lehnswesen
im Nordosten Einzug hielt, und bringt damit nicht zuletzt auch die Entstehung

3 Vgl. zum historischen Geschehen Thomas Klein, Die Bildung der Territorialstaaten in den
Gebieten zwischen Elbe/Saale und Oder: Meißen/Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg, in: Hoch-
mittelalterliche Territorialstrukturen in Deutschland und Italien, hg. von GIORGIO CHITTOLINI/
Dietmar Willoweit (Schriften des Italienisch-Deutschen Historischen Instituts in Trient 8),
Berlin 1996, S. 325-365, hier S. 330 ff.; Nils Rühberg, Obodritische Samtherrscher und sächsische
Reichsgewalt von der Mitte des 10. Jahrhunderts bis zur Erhebung des Fürstentums Mecklenburg
1167, in: Mecklenburgische Jahrbücher 110, 1995, S. 21-50; Hans-Otto Gaethke, Knud VI. und
Waldemar II. von Dänemark und Nordalbingien 1182-1227, in: Zeitschrift der Gesellschaft für
Schleswig-Holsteinische Geschichte 119, 1994, S. 21-99; 120, 1995, S. 7-76; 121, 1996, S. 7-44;
DERS., Heinrich der Löwe und die Slawen nordöstlich der unteren Elbe (Kieler Werkstücke. Reihe
A 24), Frankfurt/Main u. a. 1999.
4 Zu den Verhältnissen vor dieser Zeit vgl. Struktur und Wandel im Früh- und Hochmittelalter.
Eine Bestandsaufnahme der Germania Slavica, hg. von Christian Lübke (Forschungen zur
Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa 5), Stuttgart 1998, und die einzelnen Beiträge
in: Europas Mitte um 1000. Beiträge zur Geschichte, Kunst und Archäologie, Bd. 2, hg. von
Alfred Wieczorek/Hans-Martin Hinz, Stuttgart 2000, S. 654-664 und 707-734.
5 Siehe die entsprechenden Editionen, auf die sich die folgenden Ausführungen im Wesentlichen
stützen: Meklenburgisches Urkundenbuch, Bd. 1: 786-1250, Schwerin 1863; Pommersches
Urkundenbuch, Bd. 1: 786-1253, ed. Robert Klempin, Stettin 1868 beziehungsweise Pom-
mersches Urkundenbuch, Bd. 1: 786-1253, neu bearbeitet von Klaus Conrad (Veröffent-
lichungen der Historischen Kommission für Pommern II/l), Köln/Wien 1970. Subsidiär
heranzuziehen sind auch einzelne Bände des Codex diplomaticus Brandenburgensis. Sammlung
der Urkunden, Chroniken und sonstigen Geschichtsquellen für die Geschichte der Mark
Brandenburg und ihrer Regenten, 1. Hauptteil, Bde. 1 ff., ed. Adolph Friedrich Riedel u. a.,
Berlin 1838 ff.
 
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