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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Dendorfer, Jürgen [Bearb.]
Das Lehnswesen im Hochmittelalter: Forschungskonstrukte - Quellenbefunde - Deutungsrelevanz — Mittelalter-Forschungen, Band 34: Ostfildern, 2010

DOI Artikel:
Dendorfer, Jürgen,: Das Wormser Konkordat – ein Schritt auf dem Weg zur Feudalisierung der Reichsverfassung?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34751#0301

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Jürgen Dendorfer

lehnrechtliche Bindung geistlicher und weltlicher Großer an den König und
damit für die Bedeutung des Lehnswesens als Verfassungselement des Reiches3.
Doch ganz ohne Fragezeichen werden wir Ottos Bericht nicht folgen können.
Schon die Suggestion, es handle sich bei diesem Ritual um eine alte, bis auf die
fränkischen Könige zurückgehende Gewohnheit, lässt aufhorchen. Wie so häufig
dürfte dieses »alte gute Recht« eine Neuschöpfung der eigenen Gegenwart und
somit der frühen Stauferzeit sein4. Bemühungen zur Durchsetzung einer lehn-
rechtlich legitimierten HeerfahrtsVerpflichtung sind gerade in den ersten Jahren
Friedrich Barbarossas immer wieder zu greifen. Noch 1154 erlässt Friedrich
Barbarossa in Roncaglia ein erstes Lehnsgesetz, dessen letzter Abschnitt nicht nur
für Italien, sondern auch für Deutschland (.Alamania) gelten sollte, und in dem
Säumigkeit beim Romzug ebenfalls mit Lehnsentzug bestraft wird5. 1158, im
zweiten Lehnsgesetz von Roncaglia, wird die entsprechende Verfügung
wiederholt und präzisiert6. Finden wir davon einen Reflex im Inselkloster Reiche-
nau, wenn die wenig später, um 1160, auf den Namen Karls des Großen
gefälschte Constitutio de expeditione Romana auf ähnliche Weise von einer lehn-
rechtlich begründeten Pflicht der Fürsten und ihrer Vasallen zur Romfahrt

3 Die Stelle ist ein wichtiger Beleg für die »Heerfahrtspflicht« geistlicher und weltlicher Fürsten bei
der Romfahrt der deutschen Könige, vgl. Julius Ficker, Vom Heerschilde. Ein Beitrag zur
deutschen Reichs- und Rechtsgeschichte, Innsbruck 1862, S. 67; ders.. Vom Reichsfürstenstande.
Forschungen zur Geschichte der Reichsverfassung zunächst im 12. und 13. Jahrhundert, Bd. 2/1,
hg. und bearb. von PAUL PUNTSCHART, Innsbruck 1910, S. 322 f.; HEINRICH MlTTEIS, Lehnrecht
und Staatsgewalt. Untersuchungen zur mittelalterlichen Verfassungsgeschichte, Weimar 1933,
S. 598; Peter Classen, Das Wormser Konkordat in der deutschen Verfassungsgeschichte, in:
Investiturstreit und Reichsverfassung, hg. von Josef Fleckenstein (Vorträge und Forschun-
gen 17), Sigmaringen 1973, S. 411 -460, hier S. 436 f.
4 Zusammenfassend zur rechtsgeschichtlichen Diskussion über das »alte und gute Recht« (mit
älterer Literatur) Dietmar Willoweit, Vom alten guten Recht. Normensuche zwischen
Erfahrungswissen und Ursprungslegenden, in: Jahrbuch des Historischen Kollegs 1997 (1998),
S. 23-52, sowie JÜRGEN Weitzel, Der Grund des Rechts in Gewohnheit und Herkommen, in: Die
Begründung des Rechts als historisches Problem, hg. von Dietmar Willoweit unter Mitarbeit
von Elisabeth MÜller-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 45), München
2000, S. 137-152.
5 DFI. 91: Firmiter etiam statuimus tam in Italia quam in Alamannia, ut, quicumque indicta publice
expeditione Romana ad suscipiendam imperii coronam vocatus a domino suo in eadem expeditione spatio
competenti temere servire supersederit, feudum, quod ab episcopo vel ab alio domino habuerit, amittat et
dominus feudi in usus suos illud redigendi omnimodis liberam habeat facultatem. Zu Roncaglia nun
grundlegend: GH inizi del diritto pubblico. L'età di Federico Barbarossa: legislazione e scienza del
diritto/Die Anfänge des öffentlichen Rechts. Gesetzgebung im Zeitalter Friedrich Barbarossas
und das Gelehrte Recht, hg. von Gerhard Dilcher/Diego Quaglioni (Annali dell'Istituto
storico italo-germanico in Trento/Jahrbuch des itahenisch-deutschen historischen Instituts in
Trient. Beiträge 19), Bologna/Berhn 2006.
6 DFI. 242.
 
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