Das Wormser Konkordat
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wurde23. Ohne Zweifel aber habe Friedrich Barbarossa »das Lehnrecht mit aller
Schärfe und allen Konsequenzen zur Grundlage seiner Kirchenherrschaft
gemacht«24.
Die Stringenz der Argumentation Classens vermag noch heute zu überzeugen.
Vor allem gilt dies aber für die lehnrechtliche Deutung des Verhältnisses der
Bischöfe zum König nach der im Wormser Konkordat gefundenen Einigung.
Schwächer hingegen ist die Argumentationskette für die ersten beiden Jahrzehnte
des 12. Jahrhunderts. Die vereinzelten Erwähnungen des hominium von 1107 und
1109, zum Teil in deutlich späteren Quellen, die in Frankreich beziehungsweise
im äußersten Westen des Reichs entstanden, tragen diese Deutung kaum. In den
nicht weniger gut dokumentierten Etappen der Auseinandersetzung von 1111
und 1119 finden sich keine Hinweise auf diesen Verhandlungsgegenständ und
der vorgebliche Beleg für eine Erwähnung im Wormser Konkordat, der Gewählte
leiste dem König nach der Szepterinvestitur das, was er ihm aufgrund dieser -
der Regalien - leisten müsse25, bezieht sich schlüssiger auf den Königsdienst der
Bischöfe und weniger auf hominium und Lehnseid26.
Wenige Jahre nach Classen hat Monika Minninger jedoch in ihrer Dissertation
versucht, im Lehnsnexus zwischen König und Episkopat ein zentrales Thema der
23 Ebd. S. 422-425.
24 Ebd. S. 436.
25 Der Text des Calixtinum des »Wormser Konkordats« im Zusammenhang: MGH Const. 1 (wie
Anm. 7), Nr. 108 S. 160 f., hier S. 161: Electus autem regalia per sceptrum a te recipiat et quae ex his iure
tibi debet faciat. Ex aliis vero partibus imperii consecratus infra sex menses regalia per sceptrum a te
recipiat et quae ex his iure tibi debet faciat; exceptis omnibus quae ad Romanam ecclesiam pertinere
noscuntur.
26 Vgl. Beate Schilling, Guido von Vienne - Papst Calixt II. (MGH Schriften 45), Hannover 1998,
S. 512-517, hier S. 515 zusammenfassend zur Bedeutung der Formulierung quae ex his iure debet,
faciat: »Daß sich hinter dieser umständlich klingenden Formel nicht nur die Erfüllung des
Reichsdienstes, das servitium regis, sondern die Leistung von Mannschaft und Lehnseid, das
hominium, verbirgt, wird mittlerweile allgemein akzeptiert«, mit Hinweis auf Minninger,
Clermont (wie Anm. 17), S. 192-206, die diese Frage ausführlich behandelt, und Paul Millotat,
Transpersonale Staatsvorstellungen in den Beziehungen zwischen Kirchen und Königtum der
ausgehenden Salierzeit (Historische Forschungen 25), Rheinfelden u. a. 1989, S. 313 ff., der jedoch
in ihr mit einem Großteil der älteren Forschung den Hinweis auf das servitium regis der Bischöfe
sieht. Die Deutung dieser Passage im lehnrechtlichen Sinne wäre auch dann sehr gezwungen,
wenn man annimmt, dass die Diskussion um das hominium der Bischöfe im Reich vor dem
Wormser Konkordat eine Rolle spielte - wofür es kaum Anhaltspunkte gibt. Auch konträre
Forschungspositionen referiert MINNINGER, Clermont (wie Anm. 17), S. 193: »Im Kern geht es um
die Frage, ob man bereits im Wormser Konkordat bewusst die volle Einbeziehung der
Reichskirche ins Lehnrecht vorsah, oder ob seine Bestimmungen zum Ausgangspunkt eines
allmählichen Feudalisierungsprozesses wurden«. Eine »volle Einbeziehung der Reichskirche ins
Lehnrecht« können die vagen Formulierungen des Calixtinum aber nicht belegen. Die von
Minninger dann angeführten »Parallelstellen« stützen diese These ebenfalls nicht ausreichend.
Sie sind entweder zu unpräzise oder allenfalls Belege für eine spätere lehnrechtliche Inter-
pretation des Wormser Konkordats.
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wurde23. Ohne Zweifel aber habe Friedrich Barbarossa »das Lehnrecht mit aller
Schärfe und allen Konsequenzen zur Grundlage seiner Kirchenherrschaft
gemacht«24.
Die Stringenz der Argumentation Classens vermag noch heute zu überzeugen.
Vor allem gilt dies aber für die lehnrechtliche Deutung des Verhältnisses der
Bischöfe zum König nach der im Wormser Konkordat gefundenen Einigung.
Schwächer hingegen ist die Argumentationskette für die ersten beiden Jahrzehnte
des 12. Jahrhunderts. Die vereinzelten Erwähnungen des hominium von 1107 und
1109, zum Teil in deutlich späteren Quellen, die in Frankreich beziehungsweise
im äußersten Westen des Reichs entstanden, tragen diese Deutung kaum. In den
nicht weniger gut dokumentierten Etappen der Auseinandersetzung von 1111
und 1119 finden sich keine Hinweise auf diesen Verhandlungsgegenständ und
der vorgebliche Beleg für eine Erwähnung im Wormser Konkordat, der Gewählte
leiste dem König nach der Szepterinvestitur das, was er ihm aufgrund dieser -
der Regalien - leisten müsse25, bezieht sich schlüssiger auf den Königsdienst der
Bischöfe und weniger auf hominium und Lehnseid26.
Wenige Jahre nach Classen hat Monika Minninger jedoch in ihrer Dissertation
versucht, im Lehnsnexus zwischen König und Episkopat ein zentrales Thema der
23 Ebd. S. 422-425.
24 Ebd. S. 436.
25 Der Text des Calixtinum des »Wormser Konkordats« im Zusammenhang: MGH Const. 1 (wie
Anm. 7), Nr. 108 S. 160 f., hier S. 161: Electus autem regalia per sceptrum a te recipiat et quae ex his iure
tibi debet faciat. Ex aliis vero partibus imperii consecratus infra sex menses regalia per sceptrum a te
recipiat et quae ex his iure tibi debet faciat; exceptis omnibus quae ad Romanam ecclesiam pertinere
noscuntur.
26 Vgl. Beate Schilling, Guido von Vienne - Papst Calixt II. (MGH Schriften 45), Hannover 1998,
S. 512-517, hier S. 515 zusammenfassend zur Bedeutung der Formulierung quae ex his iure debet,
faciat: »Daß sich hinter dieser umständlich klingenden Formel nicht nur die Erfüllung des
Reichsdienstes, das servitium regis, sondern die Leistung von Mannschaft und Lehnseid, das
hominium, verbirgt, wird mittlerweile allgemein akzeptiert«, mit Hinweis auf Minninger,
Clermont (wie Anm. 17), S. 192-206, die diese Frage ausführlich behandelt, und Paul Millotat,
Transpersonale Staatsvorstellungen in den Beziehungen zwischen Kirchen und Königtum der
ausgehenden Salierzeit (Historische Forschungen 25), Rheinfelden u. a. 1989, S. 313 ff., der jedoch
in ihr mit einem Großteil der älteren Forschung den Hinweis auf das servitium regis der Bischöfe
sieht. Die Deutung dieser Passage im lehnrechtlichen Sinne wäre auch dann sehr gezwungen,
wenn man annimmt, dass die Diskussion um das hominium der Bischöfe im Reich vor dem
Wormser Konkordat eine Rolle spielte - wofür es kaum Anhaltspunkte gibt. Auch konträre
Forschungspositionen referiert MINNINGER, Clermont (wie Anm. 17), S. 193: »Im Kern geht es um
die Frage, ob man bereits im Wormser Konkordat bewusst die volle Einbeziehung der
Reichskirche ins Lehnrecht vorsah, oder ob seine Bestimmungen zum Ausgangspunkt eines
allmählichen Feudalisierungsprozesses wurden«. Eine »volle Einbeziehung der Reichskirche ins
Lehnrecht« können die vagen Formulierungen des Calixtinum aber nicht belegen. Die von
Minninger dann angeführten »Parallelstellen« stützen diese These ebenfalls nicht ausreichend.
Sie sind entweder zu unpräzise oder allenfalls Belege für eine spätere lehnrechtliche Inter-
pretation des Wormser Konkordats.