Das Lehnswesen in der privaturkundlichen Überlieferung
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insonderheit Vergünstigungen für geistliche oder weltliche Empfänger, getroffen
werden. Da davon auszugehen ist, dass vasallitische Beziehungen lange Zeit
ohne schriftliche Grundlage gestiftet wurden, kann ohnehin nicht mit viel
Schriftlichkeit gerechnet werden. So bleiben die Eidformulare, die denn auch,
wenngleich nicht spezifisch vasallitisch, Gegenstand der Forschung waren und
sind10.
Im Folgenden sollen nun zunächst ein paar Bemerkungen und Beobachtungen
zu Fragen des Fehnswesens im frühmittelalterlichen Alemannien/Schwaben
gemacht werden, bevor der Blick auf das hier vornehmlich interessierende
12. Jahrhundert zu richten ist. Dabei erscheint es erforderlich, neben der privat-
urkundlichen Überlieferung einerseits erzählende Quellen und andererseits Herr-
scherdiplome zusätzlich einbeziehen, da sich nur so ein einigermaßen rundes
Bild entwerfen lässt.
Wenn man die Aufmerksamkeit auf die privaturkundliche Überlieferung des
frühmittelalterlichen Alemanniens richtet, kommt, wie nicht anders zu erwarten,
in erster Finie der reiche Fundus des St. Galler Stiftsarchivs in den Blick* 11. Hier ist
häufig von beneficium die Rede12, doch ist darunter zumeist eine Fandleihe im
Rahmen von Prekarieverträgen zu verstehen, wie Brigitte Kasten erarbeitet hat13.
Immerhin gibt es drei Beispiele, bei denen sich die Verbindung von beneficium
und Vasallität beobachten lässt: Bereits 757 schenkte ein Podal ererbten Besitz im
südlichen Eisass an St. Gallen, welchen vassi mei nomine Amalghisus et Winifridus
in beneficio nostro ibidem tenuerunt'4. Welche Verpflichtung sich für diese vassi aus
ihrem Benefizialgut ergeben hatte, bleibt unerwähnt, da das im Zusammenhang
des urkundlich festgehaltenen Traditionsakts auch keine Rolle spielt. Doch ist zu
beachten, dass von beneficium nostrum die Rede ist, also die Beziehung zwischen
Herrn und Fehnsträgern in der Bezeichnung des Feiheverhältnisses thematisiert
wird. Dies ist auch in einer Urkunde des Jahres 843 der Fall, als ein Adalhart viel
Besitz in Dürkheim im Wormsfeld und in der Alamannia an die Verenakirche in
Straßberg im Scherragau gab und diese Kirche dann an St. Gallen übertrug und
10 Matthias Becher, Eid und Herrschaft. Untersuchungen zum Herrscherethos Karls des Großen
(Vorträge und Forschungen. Sonderband 39), Sigmaringen 1993; ders.. Die subiectio principum.
Zum Charakter der Huldigung im Franken- und Ostfrankenreich bis zum Beginn des 11. Jahr-
hunderts, in: Staat im frühen Mittelalter, hg. von STUART AlRLIE/WALTER POHL/HELMUT Reimitz
(Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 11), Wien 2006, S. 163-178; Stefan Esders, Sacra-
mentum fidelitatis. Treueidleistung, Militärorganisation und Formierung mittelalterlicher
Staatlichkeit, ungedruckte Habilitationsschrift Bochum 2003.
11 Urkundenbuch der Abtei Sanct Gallen, ed. Hermann Wartmann, Bd.1-2, Zürich 1863-1866.
12 Vgl. das Sachregister zu Band 1 und 2 in Bd. 2 (wie Anm. 11), S. 495.
13 Kasten, Beneficium (wie Anm. 6).
14 Urkundenbuch Sanct Gallen 1 (wie Anm. 11), Nr. 21 S. 25. Dazu wie zum folgenden Beleg bereits
Goetz, Staatlichkeit (wie Anm. 8), S. 120 Anm. 101.
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insonderheit Vergünstigungen für geistliche oder weltliche Empfänger, getroffen
werden. Da davon auszugehen ist, dass vasallitische Beziehungen lange Zeit
ohne schriftliche Grundlage gestiftet wurden, kann ohnehin nicht mit viel
Schriftlichkeit gerechnet werden. So bleiben die Eidformulare, die denn auch,
wenngleich nicht spezifisch vasallitisch, Gegenstand der Forschung waren und
sind10.
Im Folgenden sollen nun zunächst ein paar Bemerkungen und Beobachtungen
zu Fragen des Fehnswesens im frühmittelalterlichen Alemannien/Schwaben
gemacht werden, bevor der Blick auf das hier vornehmlich interessierende
12. Jahrhundert zu richten ist. Dabei erscheint es erforderlich, neben der privat-
urkundlichen Überlieferung einerseits erzählende Quellen und andererseits Herr-
scherdiplome zusätzlich einbeziehen, da sich nur so ein einigermaßen rundes
Bild entwerfen lässt.
Wenn man die Aufmerksamkeit auf die privaturkundliche Überlieferung des
frühmittelalterlichen Alemanniens richtet, kommt, wie nicht anders zu erwarten,
in erster Finie der reiche Fundus des St. Galler Stiftsarchivs in den Blick* 11. Hier ist
häufig von beneficium die Rede12, doch ist darunter zumeist eine Fandleihe im
Rahmen von Prekarieverträgen zu verstehen, wie Brigitte Kasten erarbeitet hat13.
Immerhin gibt es drei Beispiele, bei denen sich die Verbindung von beneficium
und Vasallität beobachten lässt: Bereits 757 schenkte ein Podal ererbten Besitz im
südlichen Eisass an St. Gallen, welchen vassi mei nomine Amalghisus et Winifridus
in beneficio nostro ibidem tenuerunt'4. Welche Verpflichtung sich für diese vassi aus
ihrem Benefizialgut ergeben hatte, bleibt unerwähnt, da das im Zusammenhang
des urkundlich festgehaltenen Traditionsakts auch keine Rolle spielt. Doch ist zu
beachten, dass von beneficium nostrum die Rede ist, also die Beziehung zwischen
Herrn und Fehnsträgern in der Bezeichnung des Feiheverhältnisses thematisiert
wird. Dies ist auch in einer Urkunde des Jahres 843 der Fall, als ein Adalhart viel
Besitz in Dürkheim im Wormsfeld und in der Alamannia an die Verenakirche in
Straßberg im Scherragau gab und diese Kirche dann an St. Gallen übertrug und
10 Matthias Becher, Eid und Herrschaft. Untersuchungen zum Herrscherethos Karls des Großen
(Vorträge und Forschungen. Sonderband 39), Sigmaringen 1993; ders.. Die subiectio principum.
Zum Charakter der Huldigung im Franken- und Ostfrankenreich bis zum Beginn des 11. Jahr-
hunderts, in: Staat im frühen Mittelalter, hg. von STUART AlRLIE/WALTER POHL/HELMUT Reimitz
(Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 11), Wien 2006, S. 163-178; Stefan Esders, Sacra-
mentum fidelitatis. Treueidleistung, Militärorganisation und Formierung mittelalterlicher
Staatlichkeit, ungedruckte Habilitationsschrift Bochum 2003.
11 Urkundenbuch der Abtei Sanct Gallen, ed. Hermann Wartmann, Bd.1-2, Zürich 1863-1866.
12 Vgl. das Sachregister zu Band 1 und 2 in Bd. 2 (wie Anm. 11), S. 495.
13 Kasten, Beneficium (wie Anm. 6).
14 Urkundenbuch Sanct Gallen 1 (wie Anm. 11), Nr. 21 S. 25. Dazu wie zum folgenden Beleg bereits
Goetz, Staatlichkeit (wie Anm. 8), S. 120 Anm. 101.