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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0108

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Von der Antike ins Mittelalter

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damit den gesamten Okzident Vorbehalten habeA Auch für die nächste Genera-
tion schrieb der Autor diese Gliederung fort, die angesichts der Zuwendung
Valens' zum arianischen Glauben zugleich eine religiös fundierte Grenzziehung
markiert. Nur durch die erfolgreiche Etablierung Gratians, Valentinians Sohn,
wird diese in der Folge des Berichts wieder unterlaufend Beide Zuschreibun-
gen fanden sich im 6. Jahrhundert auch in der Kirchengeschichte Cassiodors,
die damit vom Fortleben dieser Gliederungsmöglichkeit zeugtd Dem Werk
ist ein Schreiben Kaiser Konstantins an den persischen König inseriert^, wel-
chem in einem kurzen Kommentar ein Verweis auf die unter göttlichem Schutz
stehende Herrschaft des Kaisers folgt. Diese habe sich über ganz Europa und
Afrika (»Fibya«) erstreckt sowie über einen großen Teil Asiens. Die Kurzformel
für eine praktisch universale Gewalt wird damit auf die Verhältnisse im begin-
nenden 4. Jahrhundert zurückprojiziertd Zugleich wurde sie auch für spätere
Zeiten fortgeschrieben, da Cassiodors Ausführungen zu Theodosius noch
einmal auf Valentinian verweisen, der Europa regiert habed
Als Denkfigur musste die Trias der Erdteile aber nicht ausschließlich im
Sinne einer Betonung der Trennung verstanden werden. Vielmehr zeichnete
sich das göttliche Erlösungswerk in der Wahrnehmung der Autoren ja durch
seinen universalen Anspruch aus, der für alle Menschen, für das gesamte gcnMS
gelten sollte. Insofern kann es auch nicht erstaunen, dass einzelne
Texte die räumliche und gentile Ausdifferenzierung des Menschengeschlechts
in seiner Ansippung an den Stammvater Noah zwar ausführten, letztlich auf
dem Weg des apostolischen Missionsauftrags aber wieder an die Gesamtheit
aller Völker zurückbandenA Jahrhunderte später erschien diese Denkfigur im
Genesis-Kommentar des Walahfrid Strabo (+ 849) geradezu als zirkuläre
Bewegung: Von Noah gingen, vermittelt über seine drei Söhne, 72 Völker aus.

31 Theodoret von Kyros, Histoire ecclesiastique, hg. Parmentier/Canivet/Bouffartigue 2006-
2009, Bd. 2, S. 198/200 (IV 6,3-4).
32 Ebd., Bd. 2, S. 332 (V 1,2); zur Häresie des Valens ebd., Bd. 2, S. 226/228 (IV 12). Vgl. PL 14,
Sp. 50, mit einer eigentümlichen Differenzierung zwischen Europa und dem Okzident, der
damit weiter gefasst wird als der Erdteil: fGnÜMnJ a paüe non modo scephnm Enropne, uernm
efn?m foh'ns Ocd&nh's reEcfnm cepü; J...J. Bei Theodoret wird Europa nicht nur Asien gegen-
übergestellt, sondern es steht auch in einem Spannungsverhältnis zum griechischen Ostteil
des Reichs: So berichtet der Chronist, dass Theodosius auf dem Totenbett seinem älteren Sohn
sein eigenes Reich (föaprfv pyfpovinv) übergeben habe, dem Jüngeren aber Europa, wobei
das Folgekapitel einen deutlichen Rom-Bezug aufweist, s. ebd., Bd. 2, S. 452 (V 26-27).
33 Cassiodor-Epiphanius, Historia ecclesiastica tripartita, hg. Jacob/Hanslik 1952, S. 394 (VII7,
6) und 550 (IX 33,3; beide Stellen zu Valentinian) und 494 (IX 2,1, Gratian).
34 Das Schreiben findet sich in der »Vita Constantini« des Eusebius, demzufolge es an König
Sapor adressiert gewesen sei; aus Gründen der Chronologie wurde auch der armenische Kö-
nig Tiridates III. als Empfänger vorgeschlagen, s. Theodoret von Kyros, Histoire ecclesias-
tique, hg. Parmentier/Canivet/Bouffartigue 2006-2009, Bd. 1, S. 299, Anm. 4.
35 Cassiodor-Epiphanius, Historia ecclesiastica tripartita, hg. Jacob/Hanslik 1952, S. 141 (III3,
13); vgl. Theodoret von Kyros, Histoire ecclesiastique, hg. Parmentier/Canivet/Bouffartigue
2006-2009, Bd. 1, S. 304 (125,12).
36 Cassiodor-Epiphanius, Historia ecclesiastica tripartita, hg. Jacob/Hanslik 1952, S. 550 (IX 33,
3): VaienünMUMS HMfem mmor äM/Msmod; iegdms MSMS gMivrnaud EMropam.
37 Vgl. etwa im frühen 8. Jh. Beda Venerabilis, De templo, hg. Hurst 1969, S. 208. Beda verweist
hier zudem auch auf die Besiedlung der Inseln (msMias mens) durch Japhet.
 
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