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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0369

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368

Kapitel XIII

tifizierte'^, go stellte dies für seine Zeit doch eine Ausnahme dar, die nicht
zuletzt mit der Wahrnehmung der Krisensituationen zu erklären ist, mit de-
nen die Christenheit an unterschiedlichen Grenzen konfrontiert war.'^
In der Folgezeit begegnen solche Ansätze zur Identifikation der Kirche mit
Europa kaum mehr, vor allem nicht aus einer institutioneilen Innenperspektive:
Es ist bezeichnend, dass die von Benedikt XII. erlassene Bulle »Vas electionis«
(1336) den Namen des Erdteils nicht benutzte, obwohl sich die in ihr enthalte-
nen administrativen Vorgaben faktisch auf ein Gebiet beschränkten, das wir
heute mit dem Namen des Erdteils ansprechen würden.'^ Der Text sah die Ord-
nung nach vier Regionen vor, die damit für die Zukunft als administrative Ein-
heiten erschienen. Er prägte zugleich die organisatorische Struktur der großen
Konzilien vor, die im 15. Jahrhundert stattfanden, obwohl eine solche Aus-
wirkung zum Zeitpunkt des Erlasses nicht intendiert war A"

4.2.... Orden ...
Die Kirche nahm als hierarchisch angelegte Struktur bis zum Fall Konstanti-
nopels also kaum auf Europa Bezug und gab bestenfalls implizit dem Erdteil
eine Ordnung. Nicht viel anders stellt sich, trotz teilweise anderslautender
Einschätzungen^, das Bild hinsichtlich der sich ausbreitenden Strukturen der
Mönchs- und Ritterorden ab dem 12. Jahrhundert dar. Nur gelegentlich er-
scheinen in diesem Zusammenhang Verweise auf Europa, sahen die Autoren
einschlägiger Geschichtsdarstellungen und panegyrischer Texte doch vor al-
lem einen universalen Auftrag der Orden. Dies ist etwa im Umfeld des Zister-
zienserordens festzustellen: Nicolaus Hacqueville rekurrierte in seinem Lob
Bernhards von Clairvaux auf beide Größen, um die Ausbreitung des erfolg-
reichen Ordens begrifflich zu fassen, nannte dabei aber nur einmal in einem

157 Alexander von Roes, Noticia Seculi, hg. Grundmann/Heimpel 1958, S. 159 (c. 12): VerMm res
pMMäv ecdes;'e Romane res;'def m Rnropa, prmdpaüfer fnmen m RomnnorMm regno ef PrancorMm.
Erneut ebd., S. 162 (c. 16): Narram ^nedam de tempore grade mserens ueM ordme mterrnpto, pront
oportnd, a?ä?Ma de fermtm's et de gentdms Enrope, m ^ndms prectpne restdet res pnMtca Romane
eccteste, J. Näher zu Alexander s.u., Kap. XIII 4.4.
158 Alexander unterstrich selbst die krisenhaften Zustände seiner Gegenwart, die er mit der For-
mel nngnsdns Enrope zusammenfasste, s. Alexander von Roes, Noticia Seculi, hg. Grundmann/
Heimpel 1958, S. 153f. (c. 7); zugleich projizierte er aber einen hoffnungsvollen Blick in die
Zukunft. Dennoch irrt Sattler 1971, S. 33, wenn er Alexanders Europa-Bezüge als »isoliert«
einstuft, vgl. näher Kap. XIII 4.4.
159 Paravicini Bagliani 1996 [2001], S. 232 und 244; ders. 2004, S. 844. Der Europa-Bezug, der in
der Literatur zuweilen konstruiert wird (u.a. bei dems. 2006, S. 170; Ortalli 2005, S. 57, und
Moeglin 2002, S. 24) findet in der Bulle keinen expliziten sprachlichen Niederschlag.
160 Vgl. insbesondere zu den Debatten auf dem Konzil von Konstanz Schmidt 1999, S. 467-484.
161 So bereits Paravicini Bagliani 2004, S. 833f.; vgl. Melville 2006 und Bartlett 1993, S. 255-260. Die
folgenden Ausführungen stützen sich auf das gesichtete Material in den untersuchten großen
Textsammlungen; ein vertiefter Bück auf die Tradition der verstreut edierten Ordensgeschich-
ten könnte daher zu abweichenden Ergebnissen führen. Im Kontext der vorliegenden Studie
habe ich, angesichts der wenig vielversprechenden Resultate im Hinblick auf eine europä-
ische Verortung< der Kirchenorganisation, auf eine entsprechende Vertiefung verzichtet.
 
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