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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0125

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124

Kapitel V

Weiter vertieft wurde diese Einschätzung dann durch die Ausbreitung des
Islam, die frühzeitig wahrgenommen wurde und schließlich einen wesentli-
chen Bestandteil der Darstellung Europas als christlicher Kontinent bildete.
Bereits im 8. Jahrhundert schloss Beda Venerabilis die »Sarazenen« seiner Zeit
in der exegetischen Tradition an die Nachkommen Ismaels an. Dabei unter-
schied er deutlich zwischen den Verhältnissen früherer Zeiten (sed /üzw
und seiner eigenen Gegenwart, in der sich die Ungläubigen nicht nur
über die ganze Länge Afrikas und einen großen Teil Asiens ausgebreitet hät-
ten, sondern bereits auch einige Teile Europas besetzten."''

8. Eine Formel für die Weltherrschaft

Wie später noch zu zeigen sein wird, geriet die Trias der Erdteile zu einer in
Text wie Bild fassbaren Formel für die Weltherrschaft - und zwar sowohl im
Hinblick auf die weltliche wie die kirchliche Sphäre. Für den säkularen Be-
reich ist hervorzuheben, dass gerade die Tradition der beliebten Alexander-
geschichte die universale Macht des großen Herrschers mit seinem Zugriff auf
alle drei Erdteile bildlich-metaphorisch zu fassen und zu umschreiben suchte.
Für die früheren Epochen scheint diese Bildlichkeit auch beim Lob anderer
Herrscher zur Verfügung gestanden zu haben. So pries Claudius Mamertinus
im Jahr 362 Kaiser Julian unter anderem mit dem Verweis darauf, dass er sich
in wenigen Monaten als Herrscher über Libyen, Europa und Asien etabliert
habe. Eine größere Bevorzugung durch Gott könne man sich gar nicht wün-
schen.^ Auch wenn nicht alle drei Erdteile zusammenkamen, wie dies bei
Julian der Fall war, so konnte die Kombination zumindest zweier von ihnen
doch als ebenso erstrebenswerte wie auszeichnende Tat gelobt werden. Nur
wenige Jahrzehnte nach Mamertinus setzte daher Claudian die Vereinigung
Europas und Afrikas an den Beginn seines Gedichts über den Krieg gegen
GildoV? Noch im 9. Jahrhundert fasste Heiricus von Auxerre (+ 876) in seinen
Homilien zumindest an einer Stelle den römischen Anspruch auf universale

115 Beda Venerabilis, Libri quatuor, hg. Jones 1967, S. 201 (IV xvi 12): NMMC HMfem in ianiMW mn-
MMS eins confn? omnes, ei manns snni omn/Mm confn? enm, Mi A/hivm ioiam in iongiiMdine SMM
diiione premani, sed ei ZlsMe maximam pariem, ei EMropae nonnMiiam omn;hMS exosi ei conirarii ie-
neani. Knappe Ausführungen und weitere Literaturhinweise zur Wahrnehmung der Muslime
durch die lateinischen Christen im frühen Mittelalter bei Walther 2012, S. 60-63.
116 Claudius Mamertinus, Panegyricus, hg. Barabino 1965, S. 110 (c. XXVII): J...J in paMCMÜs men-
s;ÜMS d;ü;M0 WMnere Lih/ae PMropae Asiae^Me regnaior esi. QMae maiora expecfdn'mMS de; praemia,
^Mae Mderiora dona PorfMMae? Zum historischen Kontext der am 1. Januar 362 gehaltenen Rede
und zur Person des Mamertinus s. ebd., S. 11-20. Der Text auch in XII Panegyrid lahni, hg. My-
nors 1964, S. 140 (III 27,2-3). In den hier versammelten Texten, die größtenteils der Zeit um
300 n. Chr. entstammen, bildet dies den einzigen Europa-Beleg, so dass man nicht von einer
etablierten Tradition in der Panegyrik sprechen kann.
117 Claudius Claudianus, Carmina, hg. Hall 1985, S. 107 (Carm. maiora, 15: »In Gildonem«).
Zum Werk s. Döpp 1980, S. 102-115 und 133-149. Claudius Claudianus, Carmina, hg. Hall
1985, S. 235 (Carm. maiora, 24: »De consulato Stilichonis«), stellte dagegen Europa die dorn-
Mes Idh/ae J...J dMWMOS gegenüber.
 
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