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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0130

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Von der Antike ins Mittelalter

129

Matmesbury nahm in seine »Epistola ad Acircium«, die eine Einführung in die
Technik des lyrischen Schreibens bot, den Europa-Namen in der Rubrik der
auf Nomen zurückgehenden Begriffe auf, die sich zur Einbettung in einen Pa-
limbacchius eignen, also ein Versmaß, das auf der Kombination zweier langer
mit einer kurzen Silbe aufbautV
Uber diese rein formale Dimension hinaus spielte sicher auch die Sprach-
bildlichkeit eine Rolle, die es erlaubte, die gesamte Welt mit dem Dreischritt
der Erdteil-Namen zu bezeichnen. So finden sich unter anderem in den Dich-
tungen des Ausonius (+ 393) mehrfach Passagen in denen entweder Europa
alleine oder aber in Kombination mit Asien erscheint, ohne dass hiermit eine
stärkere ideologische Aufladung zu erkennen wäre. Vielmehr konnte der Dich-
ter auf diese Weise etablierte Bilder abrufen, um seinen Versen durch Vergleiche
oder Kontrastierung deren Wirkung mitzugeben, wie er es in der »Mosella«
tat: Die Wucht und Schönheit der Mosellandschaft wurde hier dadurch unter-
strichen, dass der Dichter die Meeresenge zwischen Europa und Asien im
Vergleich herabsetztV In seinen »Parentalia« hob Ausonius schmeichelnd
hervor, wie sich der Ruhm seines Onkels Aemilius Magnus Arborius in ganz
Europa verbreitet habe, bevor er nach Konstantinopel gezogen sei, um dort
Rhetorik zu unterrichten.^ Ausonius stand auch in Briefkontakt mit Paulinus
von Nola und zitierte gelegentlich dessen Verse. In einem der Schreiben an
Paulinus inserierte er sogar einen Auszug aus dessen eigenem Gedicht, den er
mit glühenden Worten tobteW In diesem Kontext der poetisch-lyrischen Pro-
duktion erscheinen die Europa-Bezüge in erster Linie als Reflexe weit verbrei-
teter Wissensinhalte, indem sie die traditionelle Gliederung des odEs in Erdteile
wiedergeben. Europa wird hier im Rahmen von knappen Zitaten und Anspie-
lungen genannt, deren Gehalt sich im ästhetischen Gefallen erschöpft, ohne
weiterführende ideologische Inhalte auszudrücken oder abzurufen. In diesem
Sinne sollten wohl auch mehre Bezugnahmen bei Paulinus von Nola (+ 431 )'N
Sidonius Apollinaris (+ nach 479)'^ oder Draconhus (5. Jh.)'^ interpretiert wer-
den.

140 Aldhelm von Malmesbury, Epistola ad Acircium, in: PL 89, Sp. 214.
141 Ausonius, Opera, hg. Green 1999, S. 136 (»Mosella«, vv. 287-297). Zur Deutung s. den Kom-
mentar in Ausonius, hg. Cavarzere 2003, S. 130-133, v.a. 132, sowie Roberts 1991 [1984],
S. 259f. Zu Leben und Werk des Ausonius knapp Lossau 1991; ebd., S. 10, der Hinweis auf
die Edition Greens.
142 Ausonius, Opera, hg. Green 1999, S. 31 (»Parentalia«, III: »Aemilius Magnus Arborius avun-
culus«, vv. 15f.): in'nc fenMS EMropam /a^a ereseenfe, pehfo/ CoMsfanhMopohs räefore fe HgM;Y.
Vgl. auch ders., Opera, hg. Green 1999, S. 265 (»Periochae in Homeri Iliasa et Odysseam«);
zur Präge der Authentizität dieses Textes s. Ausonius, Opera, hg. Green 1991, S. 677.
143 Ausonius, Opera, hg. Green 1999, S. 241-243, hier 242 (»Epistulae«, Ep. 17: »Ponüo Paulino«).
144 Vgl. Kap. V, Anm. 121, und Paulinus von Nola, Carmina, hg. Hartel/Kamptner 1999 [1894],
S. 2 (carm. 3, v. 1-3): EMropam^Me Asiam^Me, dMO Md maxima terrae / mem^ra, (?M;hMS L;'h/am dMNe
SadMshMS addd / EMropae ad/MMCfam, possd CMm ferha die;', / J...J. Vgl. hierzu Vergil, Aeneis, hg. Conte
2009, S. 297 (X 91).
145 Etwa in Sidonius Apollinaris, Carmina, hg. Loyen 1960, S. 6 (carm. 2, vv. 46-48: Lob Kon-
stantinopels), 28 und 36 (carm. 5, v. 8 und 207: Panegyricus auf Kaiser Majorian, 1461), so-
wie 118 (carm. 15, v. 175: Eroberungen Jupiters); eine Anspielung auf den Raub der Europa
 
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