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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0134

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VI. Aufschwung ab dem 8. Jahrhundert -
Europa zwischen Karolingerreich und
historischer Retrospektive
Wie in der Forschung bereits wiederholt fest gestellt wurde, markiert die Zeit
des 8. und 9. Jahrhunderts einen Einschnitt in der Geschichte des Europa-
Begriffs.^ Die historischen Hintergründe für diese Entwicklung können auf
ganz unterschiedlichen Ebenen verortet werden: Zum einen wurde nun die
Frontstellung des Christentums gegen die konkurrierende Präsenz des Islam
immer stärker spürbar, zum anderen führten die tiefgreifenden Wandlungen
der politischen Machtverhältnisse auch zu veränderten Kategorien der Beschrei-
bung. Zu den markantesten Umbrüchen zählte hier sicher die neue Konkur-
renzsituation hinsichtlich des Kaisertums, die sich mit dem erstarkenden
Frankenreich der Karolinger und der gleichzeitigen Verdrängung der griechisch-
byzantinischen Macht aus Italien ergab. Im Sinne einer thematischen Engfüh-
rung, die dem begriffsgeschichtlichen Fokus der vorliegenden Arbeit entspricht,
sollen diese weit ausgreifenden Entwicklungen hier nicht im Detail erläutert
werdend
Die grundlegenden Elemente der neuen Hochphase des Europa-Namens
waren allerdings in den vorangegangenen Jahrhunderten bereits entwickelt
worden, so dass aus begriffsgeschichtlicher Perspektive weniger der >Auf-
bruchscharakter< der Epoche zu unterstreichen ist, als vielmehr die an rück-
wärtsgewandten Traditionen aktualisierte Vorliebe, klassische Motive neu zu
beleben. Dieser Befund soll natürlich nicht die quantitative Entwicklung ne-
gieren, die sich im Umfeld Karls des Großen und seines Hofes feststellen
lässt.3 Deren tatsächliches Ausmaß ist aber insofern schwierig einzuschätzen,
als eine exakte Beurteilung auch mit der insgesamt ansteigenden Menge der
überlieferten Schriftlichkeit aus dieser Zeit zu rechnen hätte. Da aussagekräf-
tige Studien nicht vorliegen, auf deren Grundlage eine sichere und exakte
Quantifizierung zu leisten wäre, müssen die vorgestellten Befunde auch hier
weitgehend qualitativ interpretiert werden.

1 Neben Fischer 1957, S. 52-98, hier 78: »So zeichnet die Intensität des Europabegriffes, den
letztlich die Allegorese als einen Hilfsbegriff so nah an die einmalige Erscheinung der civitas
Dei drängte und an Karl den Großen band, getreu Blüte und Verfall der gewaltigen fränki-
schen Einheitsidee des 9. Jahrhunderts nach.« Vgl. Fuhrmann 1981, S. 6. Im Zentrum steht
diese Phase bei Serejski 1937, der eine Engführung der universalen Ansprüche auf den Okzi-
dent bzw. Europa konstatiert (ebd., S. 170, frz. Zusammenfassung).
2 Stellvertretend für die reichhaltige Literatur sei hier lediglich hingewiesen auf McKitterick
2008, die trotz des Fokus auf Karl den Großen auch die Umbrüche der behandelten Zeit in
den Blick nimmt.
3 Für die Bestandsaufnahme siehe v.a. Serejski 1937 und Fischer 1957. Zum kulturellen Milieu
des Karolingerhofs und den von ihm ausgehenden Einflüssen s. Riehe 1983, S. 310-333.
 
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