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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0137

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Kapitel VI

Dies gilt umso mehr, als einzelne Belege, die in der Literatur bislang he-
rangezogen wurden, einer kritischen Überprüfung nicht standhalten. Denis
de Rougemont zufolge habe etwa Kelsos in seiner Invektive gegen die Chris-
ten darauf verwiesen, dass »die Asiaten, die Europäer und die Libyer, die
Hellenen wie die Barbaren, sich niemals auf ein einheitliches Gesetz einigen
würden« .12 Tatsächlich sprach der pagane Polemiker, soweit die ihm antwor-
tende Streitschrift des Orosius hier wörtlich genommen werden kann, von den
»Griechen und Barbaren, die Asien und Europa und Libyen bis zu den Grenzen
hin bewohnen« .13 Selbst wenn er die Kollektivbezeichnung der »Europäer«
benutzt hätte, so hätte es sich auch hier um einen griechischen Beleg gehan-
delt. Lateinische Belege für die »Europaei« sind dagegen kaum auszumachen,
so dass von einer Tradition nicht die Rede sein kann: Bekannt ist mir bislang
lediglich das Beispiel der »Historia Augusta«, die in der »Vita Probi« zwischen
den Heeren des Ostens (onEnLzLs vurdü/s) und jenen der Europäer (omncs
Eizropcnscs vwdü/s) unterscheidet.^

2. Panegyrik

Die offensichtliche Zurückhaltung bei der Verwendung eines Kollektivbegriffs
spricht dafür, dass man zwar die biblische Herleitung der bekannten Völker-
schaften in Europa von Japhet zur Kenntnis nahm - man ging ja sogar so weit,
auch die barbarischen Goten in dieses System mit einzubeziehen -, hieraus aber
nicht unbedingt weitere Konsequenzen im Sinne einer kulturellen oder gar so-
zialen Zusammengehörigkeit dieser Völker zog. Weder verwies man auf sie als
gemeinsame Nachkommen ihres Stammvaters (erst im 16. Jahrhundert schlug

Wie Cassius Dio schrieb auch Herodian, der vom Plan der Reichsteilung zwischen Caracalla
und Geta berichtet, dass die »Europäer« (IV 3,5) unter den Senatsmitgliedern in Rom bleiben
sollten, jene aus Asien dagegen Geta dorthin begleiten, auf Griechisch. Dasselbe gilt für Zo-
simos, der zu Valerian verzeichnet, dass er seinen Sohn Gallienus mit den »Heeren in Euro-
pa« (130,1) betraut habe; erwähnt werden beide Stellen bei Kienast 1991, S. 28f.
12 Rougemont 1961, S. 45: »[...] que les Asiates, les Europeens et Libyens, les Hellenes ainsi que
les Barbares, se mettent jamais d'acord [sic!] pour reconnaitre une meme Loi.« Rougemont
verweist hier lediglich auf Peterson 1935; ebd., S. 62f., findet sich eine deutsche Version, die
der französischen Übersetzung entspricht. Für den (abweichenden) Wortlaut der Passage im
Original bei Orosius s. die folgende Anmerkung.
13 Orosius, Contra Celsum, hg. Marcovich 2001, hier S. 588 (VIII72): ujv Auinv K<rn Et<p<D7if r
icm AfJhAv. Vgl. zu Kelsos, zu dessen Person kaum etwas bekannt ist, Lona 2005, S. 27-50;
ebd., S. 471f., der Kommentar zur zitierten Passage, der den Verweis auf »alle Völker der
Ökumene« unterstreicht (472, Anm. 610).
14 Historia Augusta, hg. Paschoud 2001, S. 31 (Vita Probi XIII4). Der Herausgeber sieht hier
einen Verweis auf den Erdteil Europa, nicht auf eine engere Fassung des Begriffs, etwa im
Sinne des Balkans. Vgl. dagegen Schlumberger 1997, demzufolge der Europa-Begriff in der
»Historia Augusta« weitgehend mit dem Balkan, d.h. den Provinzen Thrakien und Illyrien
identisch sei (ebd., S. 136 und 240). Die Wendung exercÜMS EMropenses sei zudem in anderen
lateinischen Quellen nicht zu finden, so dass eine griechische Herkunft wahrscheinlich sei,
etwa eine mit Zosimos gemeinsame Quelle (ebd., S. 236 und 238). Der »Thesaurus linguae
latinae« enthält kein Lemma »Europa« oder abgeleitete Formen.
 
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