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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0207

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206

Kapitel X

Noch im 16. Jahrhundert gab allerdings der französische Gelehrte Frangois
de Belieferest in seiner »Cosmographie Universelle de tout le Monde« dem
männlichen Herrscher ausdrücklich den Vorzug bei der Deutung des Erdteil-
Namens: Unter Hinweis auf die in Thessalien liegende, gleichnamige Stadt er-
klärte Belieferest, dass ihm die Benennung ganz Europas entweder nach dem
eponymen König oder nach dem sehr alten Ort wesentlich plausibler vorkom-
me als die »fabulöse Geschichte«, welche die Poeten um Europa und Jupiter
gesponnen hätten A Für die Zeit des späten Mittelalters spielten solche expli-
ziten Abwägungen allerdings keine Rolle: König Europs wurde lediglich in
wenigen Ausnahmefällen genannt und noch seltener der Europa vorgezogen.

3. Europa als Erdteil - die tdrtm miEnr?;'

Dieser Hinweis führt zu einer dritten Verweisgruppe, die mit dem Europa-
Begriff verbunden ist und die wohl mit Abstand die größte Zahl der Belege
repräsentiert: Die Projektion des Namens auf einen kosmographischen Ge-
genstand, der neben Asien und Afrika als dritter Teil der Welt definiert wur-
de und der räumlich innerhalb der bekannten und bewohnten Ökumene das
nordwestliche Viertel einnahm. Dieser >geographische< Topos steht nicht nur
hinter der mit weitem Abstand größten Zahl aller Europa-Nennungen in den
mittelalterlichen Quellen, gleich ob schriftlicher oder ikonographischer Natur.
Er bietet zugleich das Substrat, auf dem sich die hier näher interessierenden
Aufladungsprozesse des Europa-Begriffs vorwiegend entwickeln konnten, so
dass die Formel vom dritten Teil der Welt eine eigentümliche Zwischenstellung
einnimmt: Einerseits kann sie selbst als Topos angesprochen werden, der sich
in mehr oder weniger fester Form durch unterschiedlichste Textgattungen
hindurchzieht. Andererseits bot die Vorstellung von Europa als Erdteil den
Rahmen, in dem weitere Topoi entwickelt werden konnten, die vom Bild des
>Herrschers über Europa< über das Lob der >größten (oder ältesten) Stadt<
oder des >größten Flusses in Europa< bis hin zur Markierung der >Grenzen
Europas< reicht.
Zumeist erfolgte die Charakterisierung als Erdteil im Verein mit Asien und
Afrika, so dass als festgefügte Formel mit mehr oder weniger starken Ab-
wandlungen die Beschreibung des Weltganzen in Isidors »Etymologien« als
prägend gelten kann: »Er [der orHs] ist in drei Teile geteilt: Von diesen wird
ein Teil Asien, der zweite Europa und der dritte Africa genannt« - Diziisus cs(

Regelhaftigkeit ist hier nicht zu erkennen, verwies doch Pierre d'Ailly, Ymago mundi, hg. Bu-
ron 1930, Bd. 1, S. 314, mit Isidor auf die Europa-Erzählung, während Brunetto Latini, Li livres
dou tresor, hg. Beltrami u.a. 2007, S. 202-212 (1123), überhaupt nicht auf die Benennungsfrage
einging. Latinis Ausführungen zählen zu den wenigen mittelalterlichen Texten, die Eingang
in die Anthologie von Hersant/Durand-Bogaert (Hg.) 2000 fanden, hier S. 38-43.
33 Belieferest 1575, Sp. 37: (...) si Men (?ne ie peserops plnsfosf, pne & cesf Enrops, on & cesfe M((e
fonfe EEnrope npe pris son nom, pne & ce pnssnge (MnEenx, pne (eigne (es poeies E'Enrope (ors, pne
(npiier Eeninf nmonrenx E'iceiie, & M rnnissnnf, pnssn M wer, & M eonEnE en Asie; (...(.
 
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