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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0241

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Kapitel XI

dessen Nachkommenschaft folgen ausführliche Hinweise zu den Nachkommen
»des guten und gar grimmigen Japheth«, die das »berühmte Europa [füllten]«,
denen aber auch »der [ganze] Norden von Asien« gehörtet Interessanterweise
erscheint hier das Motiv einer >Landnahme aus Platznob, da es explizit heißt:
»Als kein Platz [mehr] für sie im Osten war, / besiedelten die Nachkommen des
teuren Japheth / Europa, ohne Teilung.«^ Eine explizite Übertragung von Prä-
dikaten zwischen den Erdteilen als solchen und den sie bevölkernden Gruppen
ist hier dagegen nicht festzustellen.
Wie genau dieses Europa in den Augen der Zeitgenossen beschaffen war und
auf welcher Grundlage solche preisenden Attribuierungen aufbauen konnten,
soll der folgende Blick auf das Wissen über den damit angesprochenen Raum
und dessen Qualifizierung erhellen.

1. Ausweitung des Wissens - neue Blicke auf Europa?

Inhaltliche Neuwertungen, wie jene des eben genannten Dubliter, oder doch
zumindest Abweichungen vom erzählerischen Kanon, konnten immer wieder
einmal auf scheinen. Konzentriert man den Blick zunächst aber enger auf die
eigentlich >geographische< Darstellung und die Auffüllung des räumlichen Rah-
mens mit Völkerschaften, so sind auch für die Phase des späten Mittelalters
nur wenige signifikante Entwicklungen des empirischen Wissensbestandes fest-
zustellen. Diese betrafen - im Vergleich mit den aus der Antike übernommenen
Inhalten - vor allem die nördlichen und östlichen Randgebiete des Erdteils,
welche nun mit Informationen verbunden werden konnten, die teils auf empiri-
schen Erfahrungen aufruhten, teils mehr oder minder fabelartige Erzählungen
Wiedergaben.^ Im Schnittfeld dieser beiden Bereiche wurde der Fundus an
geographischem und kulturellem Detail wissen stetig aus gebaut. Die Einord-
nung der damit hinzukommenden Wissensinhalte trug aber nur indirekt zur
Präzisierung und Ausgestaltung des Bildes von Europa bei, insofern nämlich
den Autoren klar gewesen sein dürfte, in welchem Erdteil die jeweils beschrie-
benen Gebiete ihren Platz fanden. Explizite Zuschreibungen fanden selten statt
und waren in dem meisten Fällen wohl auch nicht nötig.
Damit bieten die jeweiligen chorographischen und geographischen Aus-
führungen, die den Charakter eigenständiger Schriften annehmen konnten^
häufiger aber als Teil historiographischer Werke zu finden sind, für die Frage

3 Tristram 1985, S. 273.
4 Ebd., S. 273.
5 Hierzu detailliert Chekin 2006, Fraesdorff 2005 und Kochanek 2004; vgl. auch Edson 2008.
Interessanterweise unterscheiden sich die Grundlinien des kosmographischen Wissens in
den von Simek untersuchten altnordischen Texten des 12. bis 14. Jhs. kaum von den Blicken
aus den südlicheren Regionen des Erdteils, vgl. Simek 1990.
6 Berühmt etwa die Beschreibung Irlands durch Giraldus Cambrensis, Topographia Hibernica,
hg. Dimock 1867, die neben der eigentlichen Topographie gleichwohl Elemente einer histori-
schen und ethnographischem Darstellung enthält.
 
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