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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0311

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310

Kapitel XI

Terminologie bald wieder den Bezügen auf die Religionsgemeinschaft, die im
Kontext der Türkenkriege weiterhin im Vordergrund standen. Zugleich wurde
aber auch, etwa in historiographischen Texten, der Europa-Begriff immer häu-
tiger und selbstverständlicher gebraucht. Die ungarischen Autoren beschriften
hier wohl keinen Sonder weg, wie unter anderem die Vermehrung der Europa-
Bezüge in Johannes' von Thürocz »Chronica Hungarorum« zeigt^, die sich
durchaus im Bereich der Entwicklungen bewegt, die auch im Westen oder
zeit gleich bei Jan Dlugosz in Polen zu beobachten sind A"

10. Rom als Zentrum?

Die im Kontext der Kreuzzüge und der spätmittelalterlichen Türkenkriege
vorgestellten Dichotomien zwischen christlichen Reichen und ihren nicht-
christlichen Gegnern boten zweifelsohne zahlreiche Momente, in denen auch
die Grenze zwischen Europa und seiner Außenwelt mit ideologischen Gehal-
ten aufgeladen wurde. Dennoch wäre es verkürzend, auf ein Verschmelzen
des Europa-Namens mit dem Konzept des Christentums zu schließen, dessen
Vertreter sich weiterhin auf seinen universalen Geltungsanspruch bezogen,
wie inbesondere am Beispiel Enea Silvio Piccolominis deutlich wurde. Da die
meiner Studie zugrunde hegenden Quellen vor allem aus Gebieten stammen,
die dem römisch-lateinischen Christentum angehörten, kann es nicht erstaunen,
dass Rom immer wieder einen wichtigen Bezugspunkt bot, wenn es darum
ging, ein reales oder imaginiertes Zentrum zu konstruieren: Für die universal
angelegte Kirche stand Rom im Mittelpunkt und beanspruchte die legitime

2004 nehmen diesen Aspekt nicht stärker in den Blick, sondern konzentrieren sich auf die
Lebensverhältnisse im untersuchten Gebiet.
349 Johannes de Thurocz, Chronica Hungarorum, hg. Schwandtner 1746, S. 42, 49, 50-52, 55, 76,
99 u.ö.
350 Vgl. etwa die vermehrten Bezüge in Jan Dlugosz, Annales, hg. Dabrowski u.a. 1964—2005,
Bd. 8 (XI-XII), S. 274, 293, 299f., 306, 312, 314, 317, 318f., 327 und Bd. 9 (XII), S. 14 und 336, die
weitgehend um die Thematik der Türkenkriege kreisen. Bis auf den letztgenannten Beleg
konzentrieren sich die Europa-Verweise hier auf Buch XII des Werks, genauer auf die Be-
schreibung der Jahre 1442 bis 1445. Im enger gefassten Kontext der politischen Debatten durch-
lief der Europa-Begriff allerdings keinen so markanten Aufschwung wie in der Historiogra-
phie: Die Register der Bände 1 bis 6 und 8 der »Mittleren Reihe« der »Deutschen Reichstags-
akten« weisen zwar mehrfach »Europa« aus, doch die Verweise beziehen sich nur auf den
modernen Kommentartext, während die Quellen selbst auch im einschlägigen Kontext der
Türkenkriegsfrage ausschließlich mit der »Christenheit« argumentieren, s. etwa Seyboth
(Hg.) 2008, Bd. 1, Nr. 343, S. 466-468 [Antwort der kftl. Räte auf die Werbung des päpstl. Le-
gaten Raimund Peraudi, 21. April 1491], hier 467: (...) mit dariegnng käs nnd gnis uor nnd ndvn
andern geweden, nacion nnd sfenden der cn'sfended. Und ist also als ein erMicder will in sie gewachsen
nnd gediidei, das in saeden der erisiendeiim/e dein dindefrjseden oermerdi worden ist. Der Kom-
mentar des Herausgebers (ebd., S. 466f., Anm. 1) spricht dagegen wiederholt von »Europa«
und den »europäischen Mächten«, deren Befriedung als Voraussetzung für einen erfolgrei-
chen Türkenkrieg gegolten habe.
 
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