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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0326

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Der beste Teil der Welt?

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hierfür setzten in der mittelalterlichen Traditionel spätestens im späten 9. Jahr-
hundert mit der Vita des 872 verstorbenen Bischofs Athanasius von Neapel
ein, deren eigentlicher Text mit einer entsprechenden Verortung Italiens be-
ginnt.^ Interessanterweise beschworen in den folgenden Jahrhunderten nicht
nur Autoren von der Halbinsel die Sonderstellung Italiens, sondern auch sol-
che aus weit entfernten Gebieten. So fasste im 14. Jahrhundert das »Eulogium«
kurz die Benennungsgeschichte des Landes zusammen, die ihm zufolge von
der Bezeichnung als Magna Gr^da über Hespena, Saürns, Lahnm und Aizsonztz
bis zur letztlich gültigen Fassung Üa/za geführt habe. Am Ende dieser Reihung
steht ohne jede Einschränkung die Charakterisierung als »vornehmste« Re-
gion ganz Europas (Yoczrzs Erzropaa znszgnzor prozzzncza)^ womit der Verfasser
sowohl in der Herleitung der Benennung, wie in der Wertschätzung Italiens
dem Vorbild folgte, das er in Ranulph Higdens »Polychronicon« fandA
Damit erhielt eine Einschätzung überregionale Verbreitung, die angesichts
der Bedeutung national orientierter Stereotypen und Vorurteile in dieser Form
nicht zu erwarten war: Dass Dante in seiner »Monarchia« am Beginn des
14. Jahrhunderts Italien als »edelste Region Europas« (Erzropc ZTgzo noMzsszzzzzz)
priesA kann wenig überraschen, wohl aber der erfolgreiche Export dieses
Prädikats in entfernte Gebiete.^ Dies gilt umso mehr, als die Autoren hier nicht
von einer Gruppe wichtiger Reiche sprachen, wie es ab dem späten 13. Jahrhun-
dert mehrfach nachgewiesen werden kann, insbesondere im Werk Alexanders
von RoesA Dieser Konstruktion einer >Führungsgruppe< unter den europäi-
schen Reichen steht die Hervorhebung Italiens markant gegenüber, die wohl
in erster Linie mit der historischen Rückbindung an die Größe des römischen
Imperiums erklärt werden kann. Zumindest finden sich die einschlägigen Ver-
weise nicht selten in einem direkten Zusammenhang mit historisch weit zu-
rückweisenden Ausführungen.^
Dennoch erwuchs Italien auch Konkurrenz: Robert Mannyng, der Verfasser
einer volkssprachlichen englischen Reimchronik, dürfte in den 1330er Jahren
tatsächlich England und Irland gemeint haben, als er in seiner Auflistung der
Länder Europas knapp resümierte: »diese sind die besten« (jhes Im
beginnenden 15. Jahrhundert erklärte der französische Kardinal und Geograph
Pierre d'Ailly in seinem »Ymago mundi« dann nicht nur, weshalb bei Orosius

31 Antike Vorläufer wurden u.a. vermittelt über Martianus Capella, De nuptiis, hg. Willis 1983,
S. 221 (c. 636); zur Vorpräguug bei Plinius s. Kap. XII, Anm. 27.
32 Anonym, Vita Athanasii episcopi Neapolitani, hg. Holder-Egger 1878, S. 439: ffattam parfem
esse Enropae noMissimam ac difissimam inxfa frt/ärtam ordis ferrarnm dimensionem, nemo, ^nt oet ex
parfe cosmogrnpindm nouerif, ignoraf. Der Herausgeber bietet keine klare Datierung des Textes.
33 Eulogium, hg. Haydon 1858-1863, Bd. 1, S. 407.; vgl. ebd., Bd. 2, S. 70: Inter omnes reg ton es
Enropae Oeetdenfates dfatta odfinef principafnm; f...J.
34 Ranulph Higden, Polychronicon, hg. Babington/Lumby 1865-1886, Bd. 1, S. 198: Tandem ad
dfalo Stentornm rege dicta est dfatta, tottns Enropx insignior proutncta, f.. J.
35 Dante Alighieri, Monarchia, hg. Kay 1998, S. 112 (II iii 17).
36 Vgl. etwa Albertus Magnus, De natura loci, hg. Hossfeld 1980, S. 40 (1117).
37 Vgl. unten, Kap. XIII 4.4.
38 Bei Dante Alighieri, Monarchia, hg. Kay 1998, S. 112 (II iii 17), ist der Passus an die Erzäh-
lung von Lavinia angebunden.
39 Robert Mannyng, Chronicle, hg. Sullens 1996, S. 97, v. 255.
 
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