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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0337

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336

Kapitel XIII

Isokrates kontrastierend gegenüberstellend Die folgenden Kapitel sollen ins-
besondere die spätmittelalterlichen Befunde nach ihrer Aussagekraft im Sinne
dieser beiden Ausrichtungen darstellen.

1. Die Söhne Noahs - Japhet als europäischer Stammvater

Für das spätere Mittelalter bot insbesondere die dauerhaft tradierte Erzählung
von der Aufteilung der Welt unter den Söhnen Noahs ein Motiv, das auf dem
Weg über das Bild einer Abstammungsgemeinschaft ein Zusammengehörig-
keitsgefühl stiften konnte. Während der Geltungsrahmen des Christentums
trotz aller faktischen Zuspitzung auf die römische Kirche als >Garant des wah-
ren Glaubens< stets eine universale Dimension behielt, bot die Bezugnahme auf
die alttestamentarische Völkertafel in Gen 10 einen möglichen Ansatzpunkt
zur Behauptung regionaler Besonderheiten .5 Zwar führte auch sie letztlich auf
den einen Stammvater Noah zurück, über den die Herkunft aller Menschen
vom zuerst geschaffenen Adam zu konstruieren war. Die ausdifferenzierende
exegetische Deutung der Noachiden in ihrer religiös-historischen Rolle
erlaubte aber zugleich die Ableitung spezifischer Charakteristika der sich ent-
wickelnden Völker
Für die Projektion der unterschiedlichen Abstammungsgemeinschaften auf
die drei Erdteile wurden, wie gezeigt, schon im frühen Mittelalter durch die
Vereinfachung der exegetischen Tradition die entscheidenden Weichenstel-
lungen vorgegeben: Während frühe Texte den Noachiden Ham und Japhet
häufig noch Anteile an Asien zuwiesen, so dass sich ihre Ausbreitungsgebiete
nicht überlappungsfrei mit den Erdteilen deckten, entstand parallel eine
vereinfachte Variante/ Ab dem hohen Mittelalter überwogen dann jene Dar-
stellungen, die Sem, Ham und Japhet eindeutig mit der Trias von Asien, Afrika
und Europa identifizierten/ Es würde allerdings eine unzulässige Vereinfach-

4 Siehe Kap. III 5.
5 Vgl. Lipinski 1990 (mit Konzentration auf die Nachkommen Japhets).
6 Für die Konstruktion innerhalb Europas unterstreicht Plassmann 2006, S. 89f., den Effekt der
gleichrangigen Verortung der Völker in der Heilsgeschichte bei einer Anbindung an die bibli-
sche Völkertafel. Daneben sind aber auch die diversifizierenden exegetischen Traditionen zu
beachten, insbesondere hinsichtlich der drei Söhne Noahs selbst. Instruktiv der Überblick von
Braude 1997, vgl. zur Spätantike und zum Frühmittelalter Inglebert 2001, S. 109-192.
7 Siehe Kap. V 6. Interessant ist das zuweilen aufscheinende Moüv, dass die Unterteilung des be-
kannten orNs ursächlich auf die Erbteilung unter den Söhnen Noahs zurückgehe, s. Jean de
Mandeville, Travels, hg. Lett 1953, Bd. 2, S. 354 (c. 24): Ei poMr ce esf d? ferre pnrh'e en parh'es,
poMr U cdoison de ces /reres. Siehe Braude 1997, S. 116f. (Zitat: 117).
8 Vgl. u.a. in der Mitte des 13. Jhs. [Matthaeus Paris,] Flores Historiarum, hg. Luard 1890, Bd. 1,
S. 5: Sem oHrnnd Asmm, dmm A/)h'a?m, Japäei Enropam; J...J. Als Beleg aus der irischen Tradition
s. die Darstellung in den von Tristram untersuchten »Sex aetates mundi«-Texten, s. Tristram
1985, S. 254-257; vgl. ebd., S. 218:1s ann sin ro-rannad m dornnn fnh rannaiE d. Eorm'p. A^raic. As-
SM. Sem nAssm. G?m nA/)hdc. ie/ed; dnJEorm'p. Die deutsche Übersetzung ebd., S. 255: »So war
denn die Welt in drei Teile aufgeteilt worden .i. Europa, Afrika und Asien. Sem ging nach
Asien, Ham nach Afrika und Japheth nach Europa.« Die detailliertere Darstellung erschien
aber auch in dieser Tradition, s. ebd., S. 256, mit dem Hinweis, dass die Nachkommen Japhets
 
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