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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0381

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Kapitel XIII

sammenstellung der artwesenden Teilnehmer gliederte Ulrich dann nach den
Erdteilen und den ihnen zugehörigen Reichen, so dass Europa mehrfach ge-
nannt wurde. In der eigentlichen Beschreibung des Konzilsgeschehens spielte
es dagegen bei ihm keine Rolle.
Die insgesamt schmale Befundlage im Umfeld der Konzilien - sowohl im
Rahmen von ereignisorientierten Beschreibungen ihres Ablaufs, wie in Texten,
die den inhaltlichen Debatten zuzurechnen sind - widersetzt sich weitgehend
einer >europäischen< Deutung. Stattdessen stand klar die Sorge um die Chris-
tenheit und die Kirche im Vordergrund, der zuweilen eben nationale Interes-
sen entgegenstanden. Letztlich unterstrich der englische Vorstoß von 1417 so-
gar die Bedeutung der Nation als emotionalisierender Bezugsgröße: Während
es jedem Reich verhasst sei, sich dem Namen eines anderen Reichs unterordnen
zu müssen, bot Europa hier eine Alternative, die helfen sollte, derlei Antipathien
zu vermeiden. Statt den Vorschlag als Ausdruck einer Bedeutungsaufladung
Europas zu lesen, sollte man ihn daher wohl eher als Beleg dafür interpre-
tieren, dass der Erdteil keine solchen Gefühle entfachen konnte und sich als
>neutralisierte Ophon< empfahl. Mit anderen Worten: Europa war präsent und
verfügbar geworden, entzog sich aber einer emphatischen Aufladung.

5. Aufrufe zur politischen Einigung

Gewissermaßen als >Gegenprobe< für die eben festgestellte >Neutralisierung< der
Europa-Vorstellung empfiehlt sich ein Blick auf solche Texte, die aufgrund
ihrer inhaltlichen Ausrichtung den »appellahven« Charakter des Europa-Begriffs
besonders klar in den Vordergrund stellen sollten: Texte also, die nicht nur eine
(wie auch immer geartete) Zusammengehörigkeit des Erdteils konstatierten,
sondern vielmehr einen Zusammenhalt aktiv einforderten, etwa im Sinne einer
politischen Einigung.
Um die Sammlung einschlägiger Dokumente, die er als »Europapläne« be-
zeichnete, bemühte sich insbesondere der Journahst und Wissenschafts-Schrift-
steller Rolf H. Foerster, der in den 1960er Jahren mehrere Publikationen vorlegte
- gemäß eigener Einschätzung »nicht aus leidenschaftslosem historischem In-
teresse, aber auch nicht aus Schwärmerei«.^ Für Foerster bildete (wie für viele
andere auch) der Partikularismus das wichtigste Kennzeichen Europas, das er
damit in einem inhaltlichen Gegensatz zum einheitsorientierten Abendland

das ist Eamparten. Der ander lad, daz ist German;', das ist Entsediand nnd d;'e zn ;'nn gedören. D;'e
dritten, d;'e s;'nd Frantzoni, das ist Frandricd nnd d;'e ocd zn ;'nn gedören. D;'e uierden s;'nd Yspan;',
das ist Spangenland nnd d;'e (dnngricd so dar? zn ;'nn gedören. Die /nnften, das s;'nd Zlngiici, das ist
.Engenland nnd d;'e zn ;'nn gedören.
216 Foerster 1967, S. 7. Zu Leben und Werk Foersters als »Europa-Historiker« s. Duchhardt 2006-
2007. Eine kommentierte Sammlung einschlägiger Quellen in (gekürzter) deutscher Überset-
zung bietet Foerster (Hg.) 1963.
 
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