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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0412

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Unter einem Stern? Europa in Prophetien und Astrologie

411

4.3. Europa in der astrologischen Theorie
Da in arabischen Texten, die im 12. Jahrhundert die Basis für den Entwicklungs-
schub der Astrologie legten, die Kategorie »Europa« kaum jemals eine Rolle
spielte, erstaunt es nicht, dass auch die lateinischen Übersetzungen und die
darauf aufbauenden Traktate den Erdteil zunächst so gut wie nicht nannten.^
Eine Ausnahme bildete lediglich das sogenannte »Quadripartitum«, also das
»Tetrabiblos« des Ptolemäus, das im 12. Jahrhundert übersetzt wurde: Neben
Verweisen auf den allgemeinen Einfluss der Klimazonen auf das Erscheinungs-
bild und den Charakter der jeweiligen Bevölkerung, ordnete diese Schrift auch
den Regionen der Erde einzelne Gestirne zu. Für Ptolemäus war Europa als
nord-westliches Erdviertel von Jupiter und Mars beherrscht, was die dort le-
benden Völker freiheitsliebend, kriegerisch, rein und großmütig mache Aller-
dings verteilten sich diese Eigenschaften in seinem Modell nicht gleichmäßig
auf alle Bewohner des Erdteils, sondern variierten je nach individueller Situie-
rung, da sich an unterschiedlichen Orten auch weitere Einflüsse der Gestirne
bemerkbar machen konnten. Daher waren in dieser Darstellung die Bretonen
und Germanen aufgrund der Vorherrschaft von Widder und Mars stolzer
und wilder, während der Einfluss von Löwe und Sonne die Bewohner Italiens
besser zur Herrschaft geeignet, großherziger und schneller bereit zum Zu-
sammenschluss werden tießA Diese und weitere Ausdifferenzierungen hin-
derten Ptolemäus aber nicht, das ganze Weltviertel unter dem Namen Europa
zusammenzufassen. Darüber hinaus zeichnete sich in seinem Werk eine gewis-
se Bevorzugung Europas ab, da er den anderen Erdvierteln zwar auch einzelne
positive Züge zuschrieb, das Gesamturteil aber eher negativ ausfie) A
Die Zeit des 12. bis 14. Jahrhunderts sah eine intensive Auseinandersetzung
mit den übersetzten und stark kommentierten Werken der arabischen Astrolo-
gen. Hinsichtlich der Frage nach Europa bieten die einschlägigen Schriften aber
ein zwiespältiges Bild: Einerseits blieb der Erdteil weitgehend außerhalb des
Fokus der Erörterungen, andererseits ist schon früh das Bedürfnis der lateini-
schen Leser und Bearbeiter erkennbar, der fest etablierten Vorstellung vom
dreigeteilten orMs auch in diesem Kontext Raum zu verschaffen. Ptolemäus
bot mit seinen klimatheoretischen Passagen einen Ansatzpunkt für Deutun-
gen, die den Einfluss der Himmelskörper auf einzelne Regionen festmachten.
Die grundlegende Orientierung entsprechender Modelle an den Klimazonen

als handwerkliches Element immer wieder eingefordert wurde, war die Medizin, s. die Beiträge
in Akasoy/Bumett/YoeR-Tlahm (Hg.) 2008, zum lat. Westen v.a. Carey 2008. Zur »Astrometeoro-
logie« s. Jenks 1983, die Kometentheorie untersucht Jervis 1985.
93 Ein Überblick über die wichtigsten Texte (das »Quadripartitum« des Ptolemäus, das ihm
fälschlicherweise zugeschriebene »Centiloquium«, den »Liber introductorius major« des Al-
bumasar [Abu Masar, 1884] und das »De judiciis astrorum« des Hali Abenragel ['Ali b. Abi
r-Rigäl, t nach 1040]) bei Boudet 2006, S. 52-57.
94 Ptolemäus, Tetrabiblos, hg. Feraboli -1995, S. 106-115 (II 3,7-21), hier 111 (II 3,13).
95 Ebd., S. 110-113 (II 3,15f.). Konsequenterweise kennt die im Werk folgende, tafelartige Zuord-
nung der Sternzeichen zu einzelnen Regionen daher auch keinen Verweis auf die Erdteile,
s. ebd., S. 128-131 (II 4,2-4).
96 Ebd., S. 114-129 (II 3,22-50).
 
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