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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0460

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>Richtige< Bilder

459

werden konnten. Die Tatsache, dass dabei antike Traditionen und antikes geo-
graphisches Wissen eine Grundlage für die weitere Entwicklung boten und
entsprechend fortgeschrieben wurden, trug ihrerseits zu den konkreten Dar-
stellungsformen und -inhalten bei. In Übereinstimmung mit der aus der Antike
übernommenen Lehre von der Dreiteilung des bewohnten or&zs erschien die
bekannte Welt regelmäßig dreiteilig strukturiert, wobei den Erdteilen Asien, Afri-
ka und Europa verschieden gestaltete Anteile zugewiesen werden konnten^
Als typisches Modell der bildlichen Wiedergabe prägte sich schon frühzeitig
die Form der sogenannten »T-O-Karten« aus.^ Diese Bildwerke zeigten in ihrer
meist geosteten Variante die Trias der Erdteile in eine Kreisform einbeschrie-
ben, die sich vorrangig aus der Projektion der sphärischen Erdkugel auf einen
zweidimensionalen Bildträger ergabt Das in den Kreis (oder das >0<) einbe-
schriebene >T< repräsentierte mit Don, Nil und Mittelmeer die weitgehend etab-
lierten Grenzen zwischen den Erdteilen (s. Abb. 8). Daneben besaß es aus Sicht
der Zeitgenossen auch den Vorzug, als griechisches >T< die Form eines Kreuzes
zu zeigen, das dem or&zs einbeschrieben war und die Kartendarstellung damit
zugleich einer symbolischen Deutung zugänglich machte Selbst wenn diese
Struktur in den der >vierteiligen< Variante erweitert wurde, auf
denen mit der fern? ein ebenso unbekannter wie nach landläufiger Mei-
nung unerreichbarer vierter Erdteil erschien^, behielt die Darstellung der be-
kannten Ökumene doch ausnahmslos die Dreiergliederung bei. Dasselbe gilt
auch für zahlreiche »Zonenkarten«, welche die Klimazonen des orMs zeigten und
häufig in der nördlichen Hemisphäre ebenfalls die Trias der Erdteile näher
ausführten.^ Auf der Basis der traditionellen, bis in das 13. Jahrhundert alleine
belegten Spielart der mittelalterlichen Kartographie konnte sich daher die skiz-
zenhaft verkürzte Darstellung des T-O-Schemas als Formel für den gesamten
or&zs etablieren und damit in entsprechende Zusammenhänge der Weltreprä-
sentation Eingang finden V
Erst im späten 13. Jahrhundert trat, wie schon erwähnt, die Variante der
Portulankarten hinzu, die vermutlich als pragmatische Darstellungen geogra-
phischer Verhältnisse dem Gebrauchskontext der Seefahrt entstammten und
dementsprechend zunächst vor allem die Küstenlinien - insbesondere des

43 Insgesamt lassen sich vier Gattungen unterscheiden: dreigeteilt, viergeteilt, Zonenkarten und
Mischformen unter dem Einfluss der Portulane (ab dem späten 13. Jh), s. die Aufstellung bei
Woodward 1987, S. 294-299; ebd., S. 298, der Hinweis, dass die dreigeteilten Karten mit
ca. 50 % der erfassten Werke den größten Anteil stellen. Zu weiteren Klassifizierungsansät-
zen im Überblick s. Hoogvliet 2007, S. 32-37, sowie Edson 2008, S. 219-221.
44 Vgl. zu den Konstruktionsprinzipien dieser Werke Hoogvliet 2007, S. 38-41.
45 Zur Vorstellung von der sphärischen Erdstmktur einführend Simek 1992, S. 16-54, und Goetz
2012, S. 67-70.
46 Vgl. knapp etwa Jostkleigrewe 2009, S. 259f.
47 Zur Darstellung des »Australkontinents« s. insbesondere von den Brincken 1992, S. 193-202;
s.a. von den Brincken 2008 [1992], und Simek 1992, S. 55-73.
48 Belege und Abbildungen in von den Brincken 1992, u.a. Abb. 5 (Freisinger Macrobius-Karte,
11. Jh.), 22 (Zonenkarte der Bibel von Arnstein, 12. Jh.) und 39 (Isländische Zonenkarte, um 1300).
49 Vgl. hierzu Kap. XVI 7; s.a. von den Brincken 1988, S. 33, die den großen Anteil der »kleinen
Schema-Karten« an der gesamten Überlieferung betont: »Manche dieser Karten messen im
Durchmesser ganze 2 cm, sie sind nur Signum für die Welt.«
 
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