Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0182

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Neue > Einsatzfelder <

181

Apostel. Stattdessen rückte die real fassbare Ebene der Kirchenorganisation in
das Zentrum ihrer Darstellung. Konkret ging es also um das Motiv von der
Ausbreitung der Kirche und damit der christlichen Gemeinschaft über die
Grenzen zwischen den Erdteilen hinweg, das vor allem bei der Kommentie-
rung neutestamentlicher Schriften in den Blick geriet.^ Schon Beda hatte im
frühen 8. Jahrhundert bei seiner Deutung der Apostelgeschichte auf die Aus-
breitung des Glaubens in alle drei Erdteile verwiesen: Die drei Männer, welche
der Hauptmann Cornelius zu Petrus gesandt habe (Apg 10,7-8), repräsentier-
ten dieser Lesart zufolge Europa, Asien und Afrika - und zwar in eben dieser
Reihenfolge.^ Während Beda hiermit klar auf die universale Sendung der
Kirche abhob, blieb ein zweiter Hinweis recht oberflächlich, obwohl er ausge-
sprochen traditionsbildend wirkte: Der Gelehrte kommentierte nämlich die
Adressierung des ersten Petrusbriefs an Empfänger in der Schwarzmeerregion,
in Galatien, Kappadokien, Asien und Bithynien mit dem Hinweis, dass sich all
diese Provinzen in Asien befänden, es aber ein weiteres Bithynien in Europa
gebe, von dem das asiatische seinen Namen erhalten habe/'" Schon hier fällt auf,
dass der Akt der Benennung von Europa nach Asien führte, während in der
historischen Darstellung der Völker und ihrer Herkunft üblicherweise der
Weg in der Gegenrichtung verlief.
Auch weitere Autoren verorteten die aus dem Neuen Testament bekannten
Geschehnisse in konkreterer Manier räumlich und nutzten hierzu die Erdteil-
Terminologie. Dass in diesem Rahmen auch Europa als Begriff erschien, war,
wie schon gesehen, nicht dem biblischen Vorbild selbst zu verdanken, son-
dern vielmehr der festgefügten Motivik eines triadisch auf gebauten orMs.
Während die oben diskutierten Beispiele aus der exegetischen Tradition aber
die Trias der Erdteile ununterschieden als Bestandteil der Welt oder der einen
Kirche erklärten, bot der Blick auf die Tätigkeit der Apostel die Möglichkeit
zu stärker differenzierenden Darstellungen. Die Entwicklung erfolgte über
mehrere Stufen: Zunächst musste überhaupt die Erdteil-Terminologie erst
einmal für diesen Kontext etabliert werden. Daraufhin ließ sich ein Bild ent-
werfen, bei dem das Wirken der Apostel in relativ gleichberechtigter Weise

58 Die Schwerpunktverlagerung von der abstrakten und ideellen Heiligkeit zur konkreten Or-
ganisation der Kirche ist allerdings auch bei der Deutung alttestamentarischer Texte zu
beobachten. So unterstrich Walahfrid Strabo, Liber Genesis, in: PL 113, Sp. 126 (c. 18, v. 6),
die Deutung der drei Söhne Noahs als Sinnbild der Kirche sowie der Verbreitung des Evan-
geliums in der ganzen Welt.
59 Beda Venerabilis, Expositio actuum apostolorum, hg. Laistner 1983, S. 49 (c. 10): Pres misit ad
Petrnm Corneiins, (?nia creditnra gentiiitas apostoiicae /idei EMropam, Asiam, Zl/ncam^Me snEegit
partim stndiis miiitariEns, Eoc est instantia praedicandi, partim domesticis negotiis occnpandas. Vgl.
allerdings bereits das vor 544 entstandene Werk des Arator Subdiaconus, Historia Apostolica,
hg. Orbän, Bd. 1, S. 289, vv. 874-877 (120): lam^ne capax/idei Corneiins indice noto / Ad Petrnm
tres ire inEet. Con/essio trina / Sic neniet generantis a^nae nnmernm^ne per ipsnm / Pnropae aE?ne
Asiae Biin/ae^ne teneEitnr oris. Zur Datierung s. ebd., Bd. 1, S. 4L; vgl. Laarhoven 1991, S. 8.
60 Beda Venerabilis, In epistolas septem catholicas, hg. Laistner 1983, S. 225 (II i 1: »In primam
epistolam Petri«): Omnes Eae prouinciae snnt Graecornm in Asia. Sed et aiia Bitin/nia est in Bnro-
pa, de pna iiii pni in Asia snnt Bitin/ni originem dncere perin'Eentnr.
 
Annotationen