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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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Bildnis der cyprischen Königin gemalt habe. Der Aretiner hat es im Hause des
Herrn Giovanni Cornaro selber noch gesehen, aber als sein venezianischer Nach-
ahmer die „Maraviglie dell'arte" schrieb, muß dieses Portät bereits verschollen
gewesen sein1). Sonst hätte sich der wortreiche Ridolfi kaum mit der trockenen
Konstatierung begnügt, daß ein solches Bildnis existiert habe. Denn über Porträts,
die er aus eigener Anschauung kannte, pflegte Ridolfi, besonders wenn deren
Modelle seine Leser interessierten, gern ausführlicher zu sprechen. Das erhellt
aus der Beschreibung, die er einem anderen Bilde Caterina Cornaros, einem
von Tizians Hand widmete. Da heißt es: „... Von der gleichen Art" — wie
die anderen Frühwerke, — „ist das Porträt der Königin Caterina Cornaro in ihrer
Witwentracht, wobei Tizian zum Schwarz der Gewandung den Glanz der Haut in
wirksamen Gegensatz brachte. Nach diesem Bildnis wurden die unzähligen Kopien
verfertigt, denen man überall begegnet, und deren manche, wie dies bei der Zeiten
Ungunst vorkommt, ihren Ursprungsort mit einem anderen vertauscht haben2)"...
Diese Charakteristik Ridolfis paßt vortrefflich auf die Porträts Caterina Cornaros,
von denen hier die Rede war, und da sie alle nichts von der Art Giorgiones, da-
gegen selbst in Einzelheiten, wie dem stark akzentuierten Daumenballen an der
rechten Hand Caterinas3), sehr viel von der Weise Tizians haben, so dürfen wir,
zumal Ridolfi selbst auf die vielen Kopien von Tizians Werke hinweist4), die Bild-
nisse der Königin in Hannover, Treviso und das verschollene aus dem Palazzo
Vendramin als Kopien nach dem verlorenen Originale Tizians, und die übrigen
Porträts als mehr oder weniger freie Varianten dieses Gemäldes bezeichnen.
Aus Ridolfis Bemerkung, daß Tizian in Caterinas Porträt zum Schwarz der
Kleidung das helle Fleisch kontrastieren ließ, ergibt sich ohne weiteres, daß Tizian
die Königin als jugendliche Frau darstellte; denn vor den Bildnissen älterer Damen
daß Vasari schon bei seinem zweiten Aufenthalt in Venedig Giorgiones Porträt nicht mehr gesehen
hat. Die Wendung „qual io viddi giä", läßt doch vermuten, daß er den letzten Eigentümer des Ge-
mäldes nicht mehr anzugeben weiß.
(i) Herbert Cook wollte (s. „Giorgione" London 1907, p. 75ff.), dieses verlorene Porträt Giorgiones in
der sog. „Schiavona" der Galerie Crespi zu Mailand wiedererkennen. Aber bekanntlich ist Giorgiones
Autorschaft an diesem Bildnis durchaus nicht gesichert, die Ähnlichkeit der „Schiavona" mit dem
Modell einer „Caterina Cornaro" genannten Marmorbüste aus dem Besitz des Grafen Pourtales erstens
nicht so schlagend, wie Cook annehmen möchte, und dann läßt sich nicht erweisen, daß die Marmor-
büste wirklich ein Porträt Caterinas sei. Malaguzzi-Valeri, s. „Rassegna d'arte" 1901, p. 41 ff., be-
zweifelt es mit guten Gründen, und wenn auch die Büste in Asolo erworben wurde (s. Bode im Jahr-
buch der Königl. Preuß. Kunstsammlungen 1883, p. 144), so folgt daraus noch nicht, daß sie Caterina
darstellt. Auch in dem Porträt der Stifterin einer „Santa Conversazione" von Jacopo di Barbari des
Berliner Kaiser Friedrich-Museum (Nr. 26A) wollte man Caterina Cornaro erkennen, was nicht un-
möglich wäre. Dagegen gilt ein Damenporträt im Wiener Hofmuseum, das früher „Bildnis Caterina
Cornaros von Paolo Veronese" hieß (Nr. 395), heute mit besserem Recht als das „Porträt einer Vero-
nesischen Dame" von Antonio Badile (Wickhoff).
(2) Ridolfi: op. cit. I, p. 198 . . . „e con la maniera stessa [sc. der frühen Werke] ritrasse la regina
Caterina Cornara in abito vedovile, campeggiando tra quelle nere spoglie il candore delle carni, dalla
quale si sono tratte 1' infinite copie che vanno intorno, molto delle quali per la vicissitudine de' tempi
han cangiato patria."
(3) S. Morelli: „Die Galerien Borghese" etc. Leipzig 1890, S. 58.
(4) Crowe und Cavalcaselle „Tizian" (Deutsche Ausgabe), Leipzig 1877, S. 423 (Anm. v. S. 422) be-
ziehen die Stelle von den „infinite copie" auf das angebl. Bildnis Caterinas in den Uffizien. Daß dies
ein Irrtum ist, folgert aus der vorhergehenden Beschreibung des Porträts, die zu dem florentinischen
Gemälde nicht paßt.

Monatshefte für Kunstwissenschaft, IV. Jahrg. 1911, Heft 1.

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