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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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Von dem Giebel ist keine Spur geblieben, doch die Säulchen dienten zur Kon-
struktion eines Barockaltars, der den Bogen der Apsis schloß, aber kürzlich zerstört
worden ist. Die Säulchen befinden sich jetzt an der inneren Fassadenwand der
Kirche, zu beiden Seiten des Hauptportals1). Sie sind 2,15 m hoch und ihr größter
Umfang beträgt 0,67 m, der Sarkophag ist an der Basis 2,06 m lang und ungefähr
I m hoch; das Ganze bildete also ein Denkmal von beträchtlichem Umfang, das
ungefähr die Größe dessen von Bartolomeo Carafa in S. Maria del Priorato haben
mußte, welches ein Werk des Maestro Paolo mit dem Beinamen „Romano" ist.
Wie in der allgemeinen Form, so stimmen auch die Grabmale des Carafa und
des Briobris in allen Eigentümlichkeiten des Stils überein. Hier wie dort dieselbe
Lage der Person, gewisse Einzelheiten der Waffenkleidung, die Art, den Arm zu
beugen, der Überschlag des Kragens. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß
Magister Paulus di Vetralla eins ist mit dem gleichnamigen Künstler von S. Maria
del Priorato. In diesem zweiten Werk zeigt sich der Meister schon viel freier und
gewandter, doch unverändert behält er einige alte technische Gewohnheiten bei.
Noch viel näher steht dem Grabdenkmal des Briobris das des Anguillara in Capranica
di Sutri, das auch eine viel archaischere Auffassung als das des Carafa zeigt, eine
Auffassung, die wir im Grabdenkmal des Kardinals Stefaneschi (a 1417) nicht mehr
vorfinden.
Darum wäre ich nicht abgeneigt anzunehmen, daß das Grab des Carafa (f 1405)
einige Jahre später, vielleicht um 1415 geschaffen wurde, während das des Anguillara
sich gut dem Datum 1408 anpaßt und chronologisch dem des Briobris näher steht.
Man muß also für Maestro Paolo das Prädikat „römisch" aufgeben und ihn, um
ihn von dem späteren Paolo di Mariano zu unterscheiden, mit seinem wahren
Namen Paolo da Gualdo Cattaneo2) nennen. So war also der Meister, der von
den ungelenken Formen des Grabmals der Anguillara zu den ausgesprochen feinen
des Stefaneschigrabes gelangte, nicht „ein Römer, der lange in Toskana und in
Süditalien gelebt hat3), sondern ein Umbrer, der aus Gualdo Cattaneo bei Spoleto,
seiner Vaterstadt, nach Viterbo gegangen ist, wo er sich an der Lokalkunst der
Marmorai, die Papst- und Kardinalsgräber in S. Francesco schufen, bildete. Nach
einem langen Aufenthalt in dieser Gegend, wo seine Werke von den vornehmsten
Familien, wie die der Herren von Vico und der Anguillara geschätzt wurden,
begab er sich nach Rom.
Ein anderes Werk, das sicher Meister Paolo zuzuschreiben ist und von ihm aus-
geführt wurde, ehe er sich nach Rom begab, besteht in einer Gedenktafel, die im
Säulengang des Domes von Civitacastellana eingemauert ist. Es handelt sich um
das Grab des Niccolo de Summa, eines neapolitanischen Edelmannes, der 1403
gestorben war. Er ist in Waffen dargestellt wie Briobris in Vetralla, das Haupt
ruht auf dem Helm wie bei den Anguillara auf dem Grabmal in Capranica, in der
Rechten hält er einen Schild, der mit dem Wappen seines Hauses, den beiden

(1) Zu beiden Seiten des Sarkophags sollten dann wahrscheinlich zwei Engel stehen, die, wie auf
dem Grabmal der Anguillara di Capranica, die Vorhänge des Bettes zurückzogen. In der Tat ist das
Bett kürzer als der Sarkophag und läßt gerade an den Enden so viel Raum frei, wie zur Aufstellung
der Engel nötig war. Dieselbe Tatsache läßt sich auf dem Grabmal des Carafa in S. Maria del
Priorato feststellen.

(2) Die Hypothese, daß Magister Paulus ein Römer gewesen sei, hat sich leider schon lange auch in
Werke allgemeineren Charakters als eine Tatsache eingeschlichen. Ved. D. Angeli, Roma, il,
Bergamo 1909, Pag. 17g—181.

(3) Filippini, op. cit. pag. 178.

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