begegnen, die wir anderswo und früher vergebens suchen. Münster hat, wie er in
der Widmung der Erstausgabe seiner Kosmographie (1544) bemerkt, bereits 18 Jahre
vorher mit den Vorarbeiten für das Werk begonnen, also im Jahre 15261). Bald
darauf, um 1530, als er mit Holbein bereits in Beziehungen stand, wird er diesen
auch zur Zeichnung der dann erst viel später veröffentlichten Kosmographie-
Illustrationen angeregt haben. Eins steht aber nunmehr fest: So wie Beatus
Rhenanus unserm Meister die Kenntnis des klassischen Altertums erschlossen hat2),
so war es Sebastian Münster, der ihm die physikalischen und astrono-
mischen Kenntnisse vermittelt hat, denn ohne solche wäre er schlechter-
dings nicht imstande gewesen, die mancherlei Sonnenuhren, vor allem die Tafel mit
der Mauersonnenuhr, oder das „Instrument beider Lichter" oder endlich die eng-
lischen Entwürfe für kleine und große Horologien zu zeichnen. Als erster dürfte
indessen Nikolaus Kratzer, der Hofastronom Heinrichs VIII., die mathematische
Begabung Holbeins, der ihn, umgeben von seinen astronomischen Instrumenten,
porträtierte, erkannt, als erster auch Sebastian Münster auf ihn aufmerksam gemacht
haben; denn daß Kratzer, ein geborener Münchener, mit dem in ganz Europa als
Geograph und Astronom genannten Seb. Münster zum mindesten einen schriftlichen
Verkehr unterhielt, darf doch wohl als sicher angenommen werden. Im Jahre 1528
aber malte Holbein in England den Nikolaus Kratzer, im August desselben Jahres
war er sodann wieder in Basel und im Herbst 1529 kam Sebastian Münster selbst
hierher. Und bald genug war Holbein auf dem ihm bis vor kurzem noch unbe-
kannten Gebiete zu Hause, ein gelehriger Adept seiner berühmten Gönner. Der
Basler Rat jedoch, welcher im Jahre 1531 den Künstler mit dem Malen der beiden
Uhren am Rheintor betraute, verlangte — dies glauben wir nunmehr aussprechen
zu dürfen — mehr als die bloße handwerksmäßige Aufmalung eines Zifferblattes;
es handelte sich allem Anscheine nach zunächst um die regelrechte, fachmännische
Anlage zweier Sonnenuhren, welche an den dem Rheine und der Stadt zuge-
wandten Seiten des Torturmes ihren Platz finden sollten, und in zweiter Linie erst
um deren künstlerische Ausmalung. Daß aber Holbein dafür der rechte Mann war,
hat er uns durch die hinterlassenen Horologien-Holzschnitte bewiesen 8).
(i) Vgl. S. Vögelin, „Sebastian Münsters Cosmographey", Basler Jahrbuch 1882, pag. 111.
(2) Vgl. Salomon Vögelin, „Wer hat Holbein die Kenntniss des classischen Alterthums vermittelt?",
Repertorium f. Kunstwissenschaft X, pag. 345ff.
(3) Bisher galt jene Uhrmalerei, ähnlich wie das Malen der „etlich schilt am stettlin Waldenburg",
welche 1526 im Ausgabenbuch des Basler Rates erwähnt werden, als Arbeit niedriger Art (vgl. etwa
His, „Die Basler Archive über Hans Holbein den Jüngern", Zahns Jahrbücher für Kunstwissenschaft,
III. Jahrg., pag. 121 u. 129). Beide Arbeiten wären sich auch sehr gleichwertig, wenn es sich eben
bei der einen um eine einfache Zifferblattmalerei handeln würde. Daß dies jedoch nicht der Fall
sein kann, geht nicht zuletzt auch daraus hervor, daß Holbein für die Wappenschilde in Waldenburg
2 Pfund, 10 Schillinge, für die Uhren am Rheintor dagegen 17 Pfund, 10 Schillinge als Bezahlung
erhielt (vgl. His, a. a. O.).
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der Widmung der Erstausgabe seiner Kosmographie (1544) bemerkt, bereits 18 Jahre
vorher mit den Vorarbeiten für das Werk begonnen, also im Jahre 15261). Bald
darauf, um 1530, als er mit Holbein bereits in Beziehungen stand, wird er diesen
auch zur Zeichnung der dann erst viel später veröffentlichten Kosmographie-
Illustrationen angeregt haben. Eins steht aber nunmehr fest: So wie Beatus
Rhenanus unserm Meister die Kenntnis des klassischen Altertums erschlossen hat2),
so war es Sebastian Münster, der ihm die physikalischen und astrono-
mischen Kenntnisse vermittelt hat, denn ohne solche wäre er schlechter-
dings nicht imstande gewesen, die mancherlei Sonnenuhren, vor allem die Tafel mit
der Mauersonnenuhr, oder das „Instrument beider Lichter" oder endlich die eng-
lischen Entwürfe für kleine und große Horologien zu zeichnen. Als erster dürfte
indessen Nikolaus Kratzer, der Hofastronom Heinrichs VIII., die mathematische
Begabung Holbeins, der ihn, umgeben von seinen astronomischen Instrumenten,
porträtierte, erkannt, als erster auch Sebastian Münster auf ihn aufmerksam gemacht
haben; denn daß Kratzer, ein geborener Münchener, mit dem in ganz Europa als
Geograph und Astronom genannten Seb. Münster zum mindesten einen schriftlichen
Verkehr unterhielt, darf doch wohl als sicher angenommen werden. Im Jahre 1528
aber malte Holbein in England den Nikolaus Kratzer, im August desselben Jahres
war er sodann wieder in Basel und im Herbst 1529 kam Sebastian Münster selbst
hierher. Und bald genug war Holbein auf dem ihm bis vor kurzem noch unbe-
kannten Gebiete zu Hause, ein gelehriger Adept seiner berühmten Gönner. Der
Basler Rat jedoch, welcher im Jahre 1531 den Künstler mit dem Malen der beiden
Uhren am Rheintor betraute, verlangte — dies glauben wir nunmehr aussprechen
zu dürfen — mehr als die bloße handwerksmäßige Aufmalung eines Zifferblattes;
es handelte sich allem Anscheine nach zunächst um die regelrechte, fachmännische
Anlage zweier Sonnenuhren, welche an den dem Rheine und der Stadt zuge-
wandten Seiten des Torturmes ihren Platz finden sollten, und in zweiter Linie erst
um deren künstlerische Ausmalung. Daß aber Holbein dafür der rechte Mann war,
hat er uns durch die hinterlassenen Horologien-Holzschnitte bewiesen 8).
(i) Vgl. S. Vögelin, „Sebastian Münsters Cosmographey", Basler Jahrbuch 1882, pag. 111.
(2) Vgl. Salomon Vögelin, „Wer hat Holbein die Kenntniss des classischen Alterthums vermittelt?",
Repertorium f. Kunstwissenschaft X, pag. 345ff.
(3) Bisher galt jene Uhrmalerei, ähnlich wie das Malen der „etlich schilt am stettlin Waldenburg",
welche 1526 im Ausgabenbuch des Basler Rates erwähnt werden, als Arbeit niedriger Art (vgl. etwa
His, „Die Basler Archive über Hans Holbein den Jüngern", Zahns Jahrbücher für Kunstwissenschaft,
III. Jahrg., pag. 121 u. 129). Beide Arbeiten wären sich auch sehr gleichwertig, wenn es sich eben
bei der einen um eine einfache Zifferblattmalerei handeln würde. Daß dies jedoch nicht der Fall
sein kann, geht nicht zuletzt auch daraus hervor, daß Holbein für die Wappenschilde in Waldenburg
2 Pfund, 10 Schillinge, für die Uhren am Rheintor dagegen 17 Pfund, 10 Schillinge als Bezahlung
erhielt (vgl. His, a. a. O.).
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