Italianismen. Daß seine Säulen auf Löwen ruhen, könnte schließlich ebenso aus
der Gepflogenheit der Kunst von Arles, wie aus Italien abzuleiten sein, da sich
beide gerade hierin berühren, aber die baldachinartige Vorschiebung der äußeren
Säulen, die trennenden Stiere, und ebenso die kleinen Figürchen in den Archivolten
lassen sich auf italienische Anregungen zurückführen.
Auch an den beiden anderen romanischen Portalen der Gegend sind italienische
Formen nachzuweisen, die Löwen genau so ins Profil gestellt und obendrein zu-
sammengekauerte Träger an dem reichen Portal von Pompierre. Das Portal von
Vomecourt-sur-Madon (Abb. 4) ist sogar als Ganzes, vor allem in der Kapitell-
dekoration stark von Laitre-sous-Amance beeinflußt, denn die durchbrochene Arbeit
der inneren Säulen ist wohl sicher spätere Zutat. Besonders das Tympanon, das
in der rechten Hälfte die Marien am Grabe, in der linken ein Turnier zeigt,
außerdem einen Löwen, und in der Mitte zwei Räder, ist im Figurenstil voll-
kommen von dort abhängig, nur roher ausgeführt und schlechter proportioniert.
Die Gestalten und ihre Gewandung sind in Form und Behandlung geradezu identisch,
und der Engel am Grabe Christi trägt wie die Engel in Laitre-sous-Amance von
den gleichgeformten Flügeln den einen nach vorn gehoben, den anderen nach
hinten gesenkt. Interessant ist das Turnier auf der linken Seite, das ohne
italienische Anregung, etwa von S. Zeno in Verona her, hier gar nicht zu er-
klären wäre.
Es ist nun längst bekannt, daß der italienische Einfluß im Elsaß nicht schwächer
ist, als hier in Lothringen. Dort hat die oft abgebildete Kirche St. Peter und
Paul in Rosheim (nach 1132) eine Fassade, die eine fast genaue Kopie von
S. Zeno in Verona ist. Die Turmlosigkeit, die starke Abtrennung der Seiten-
schiffsfassaden von der Mittelschiffsfront, der Abschluß durch die flachen Pult-
dächer, vor allem aber die Dekoration mit Lisenen und Rundbogenfries und die
Abgrenzung des Giebelfeldes sind genau übernommen. Das einzige, was in Verona
fehlt, ist die kräftige Verbindung der Seitenschiffsabschlüsse durch einen Rundbogenfries
über die Mittelschiffsfassade hinweg und die akroterienartigen Tierfiguren an den
Ecken. Diese Formen finden sich aber an anderen Kirchen Italiens um so öfter,
insbesondere scheint hier eine Reminiszenz an Lucca vorzuliegen. Es ist begreif-
lich, daß Polaczek, wohl einer Andeutung Woltmanns folgend, in Giebelfeld und
Akroterien Anklänge an antike Formen sucht,1) wenn er naturgemäß auch keine
Traditionskette konstruieren kann. Denn als Vorbild kommen doch nur italienische
Kirchen in Betracht. Es handelt sich bei der Abtrennung des Giebeldreiecks um
den Ausdruck des inneren Dachgerüstes in der Fassade, die allen stark konstruktiv
empfindenden Zeiten und Künstlern gemeinsam ist. Sie findet sich am antiken
Tempel und hier in der mittelalterlichen Kirchenarchitektur ebenso, wie etwa an
Peter Behrens' Krematorium in Hagen, ohne daß man an Abhängigkeit denken
dürfte. Stark von italienischen Vorbildern abhängig scheint auch die Kirche von
Murbach, wie Polaczek meint, nach 1139, gewesen zu sein, deren Langhaus leider
abgebrochen ist, deren schöner Chorschluß aber an die Fassade des Domes von
Verona erinnert, sogar seine Zwerggalerie zum Blendarkadenfries umgestaltet
hat. Man empfand damals in Deutschland die Mauer noch zu sehr als begren-
zende Fläche, um die wandsprengende Zwerggalerie jetzt schon konsequent anzu-
wenden. An diese großen italienisierenden Fassaden schließen sich dann die
kleineren Kirchen an, Altdorf, Sigolsheim, St. Georg in Hagenau, die alle in der
(1) Hausmann und Polaczek, Denkmäler der Baukunst im Elsaß. Straßburg 1906, S. 19.
118
der Gepflogenheit der Kunst von Arles, wie aus Italien abzuleiten sein, da sich
beide gerade hierin berühren, aber die baldachinartige Vorschiebung der äußeren
Säulen, die trennenden Stiere, und ebenso die kleinen Figürchen in den Archivolten
lassen sich auf italienische Anregungen zurückführen.
Auch an den beiden anderen romanischen Portalen der Gegend sind italienische
Formen nachzuweisen, die Löwen genau so ins Profil gestellt und obendrein zu-
sammengekauerte Träger an dem reichen Portal von Pompierre. Das Portal von
Vomecourt-sur-Madon (Abb. 4) ist sogar als Ganzes, vor allem in der Kapitell-
dekoration stark von Laitre-sous-Amance beeinflußt, denn die durchbrochene Arbeit
der inneren Säulen ist wohl sicher spätere Zutat. Besonders das Tympanon, das
in der rechten Hälfte die Marien am Grabe, in der linken ein Turnier zeigt,
außerdem einen Löwen, und in der Mitte zwei Räder, ist im Figurenstil voll-
kommen von dort abhängig, nur roher ausgeführt und schlechter proportioniert.
Die Gestalten und ihre Gewandung sind in Form und Behandlung geradezu identisch,
und der Engel am Grabe Christi trägt wie die Engel in Laitre-sous-Amance von
den gleichgeformten Flügeln den einen nach vorn gehoben, den anderen nach
hinten gesenkt. Interessant ist das Turnier auf der linken Seite, das ohne
italienische Anregung, etwa von S. Zeno in Verona her, hier gar nicht zu er-
klären wäre.
Es ist nun längst bekannt, daß der italienische Einfluß im Elsaß nicht schwächer
ist, als hier in Lothringen. Dort hat die oft abgebildete Kirche St. Peter und
Paul in Rosheim (nach 1132) eine Fassade, die eine fast genaue Kopie von
S. Zeno in Verona ist. Die Turmlosigkeit, die starke Abtrennung der Seiten-
schiffsfassaden von der Mittelschiffsfront, der Abschluß durch die flachen Pult-
dächer, vor allem aber die Dekoration mit Lisenen und Rundbogenfries und die
Abgrenzung des Giebelfeldes sind genau übernommen. Das einzige, was in Verona
fehlt, ist die kräftige Verbindung der Seitenschiffsabschlüsse durch einen Rundbogenfries
über die Mittelschiffsfassade hinweg und die akroterienartigen Tierfiguren an den
Ecken. Diese Formen finden sich aber an anderen Kirchen Italiens um so öfter,
insbesondere scheint hier eine Reminiszenz an Lucca vorzuliegen. Es ist begreif-
lich, daß Polaczek, wohl einer Andeutung Woltmanns folgend, in Giebelfeld und
Akroterien Anklänge an antike Formen sucht,1) wenn er naturgemäß auch keine
Traditionskette konstruieren kann. Denn als Vorbild kommen doch nur italienische
Kirchen in Betracht. Es handelt sich bei der Abtrennung des Giebeldreiecks um
den Ausdruck des inneren Dachgerüstes in der Fassade, die allen stark konstruktiv
empfindenden Zeiten und Künstlern gemeinsam ist. Sie findet sich am antiken
Tempel und hier in der mittelalterlichen Kirchenarchitektur ebenso, wie etwa an
Peter Behrens' Krematorium in Hagen, ohne daß man an Abhängigkeit denken
dürfte. Stark von italienischen Vorbildern abhängig scheint auch die Kirche von
Murbach, wie Polaczek meint, nach 1139, gewesen zu sein, deren Langhaus leider
abgebrochen ist, deren schöner Chorschluß aber an die Fassade des Domes von
Verona erinnert, sogar seine Zwerggalerie zum Blendarkadenfries umgestaltet
hat. Man empfand damals in Deutschland die Mauer noch zu sehr als begren-
zende Fläche, um die wandsprengende Zwerggalerie jetzt schon konsequent anzu-
wenden. An diese großen italienisierenden Fassaden schließen sich dann die
kleineren Kirchen an, Altdorf, Sigolsheim, St. Georg in Hagenau, die alle in der
(1) Hausmann und Polaczek, Denkmäler der Baukunst im Elsaß. Straßburg 1906, S. 19.
118