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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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trefflich, gründlich, der Gegenstand erschöpfend.
Ich erlaube mir nur ein paar ganz unbedeutende
Bemerkungen.
Ich kann mich nicht vereinigen mit der Ansicht
derer, die einen starken Einfluß des Lystra-Bildes
auf Rembrandt's Predigt Johannes des Täufers ent-
decken wollen. (Es ist, nebenbei gesagt, sehr
schade, daß Freise dieses Bild nicht auch repro-
duziert hat). Ich nehme aber an, daß es ein
Lastman'sches Werk desselben Gegenstandes ge-
geben hat, welches dem Rembrandt'schen näher
stand. Hierbei will ich eine kuriose, freilich nicht
eigentlich zur Sache gehörende Begebenheit er-
zählen. Vor einiger Zeit hing zufällig in Berlin
die Lastman'sche Susanna des Delaroff über der
Rembrandt'schen Grisaille - Predigt des Täufers.
Und was fand ich kürzlich in dem Inventar des
„Ridders" Aernout Hooft, 1680, Amsterdam, werden
gleichzeitig erwähnt:
een kleyn Schilderytje van wit en swart (gri-
saille) von Lastman, synde een predicatie
van Johannes de Dooper
und sofort dahinter:
een Schilderytje van Lastman synde een
Susanna met de boeven.
Es steht also wohl fest, daß Lastman eine
Grisaille mit der Predigt des Johannes gemalt.
Und diese mag vielleicht Rembrandt veranlaßt
haben, diesen Gegenstand auch Grau in Grau zu
behandeln. Obenerwähnte Grisaille Lastman's
wird bei Freise ja auch sub 46 a, in zwei spä-
teren Sammlungen erwähnt. So lange wir dieses
Bild noch nicht aufgefunden, sollten wir in dem
Lystra-Bild noch nicht zu viel suchen wollen —
was eben dort nicht zu finden ist.
Ein weiteres Bedenken habe ich gegen die Be-
hauptung Freise's (S. 262), daß Rembrandt's früher
Bileam sich nicht mehr in seinem ursprünglichen
Zustand befindet. Ich hatte das Bild monatelang
in meinem Zimmer, und kann konstatieren, daß
es von einer Hand gemalt ist und die beiden
Bretter genau aneinander passen und wohl nichts
dazwischen gewesen ist.
Noch einmal: dieses Buch, das endgültig Last-
man's Bedeutung, Leben und Werk in muster-
gültiger Weise festlegt, ist eine Arbeit von größtem
Fleiß und seltener Gewissenhaftigkeit. Ich habe
z. B. kaum je eine Abhandlung gesehen, wo die
Funde und Attributionen anderer, mit solcher Treue
erwähnt werden. Dieses soll hier einmal ausge-
sprochen werden, wo andere zuweilen ihre Vor-
gänger, denen sie oft das beste ihrer Arbeit ent-
lehnen, nicht scheuen, geringschätzend abzubrechen.
A. Bredius.

DICTIONNAIRE DES SCULPTEURS
DE L'ECOLE FRANQAISE PAR STA-
NISLAS LAMI. 4 Bände. Paris (Honore
Champion) 1898—1911.
I. Band: Vom Mittelalter bis zum Siecle
de Louis XIV.
II. Band: Das Siecle de Louis XIV.
III. u. IV. Band: Das XVIII. Jahrhundert.
In dem Geleitwort des ersten Bandes, das Gustave
Larroumet dem großen Unternehmen seines Freundes
gewidmet hat, steht der Satz: „Si les repertoires
vraiment scientifiques sur les matieres artistiques
abondent en d'autres pays, ils sont encore rares
dans le nötre“: eine Behauptung, deren rühmens-
werte Bescheidenheit im Widersprucn steht mit
den Tatsachen, und durch die der Referent in die
seltene Lage versetzt wird, den Verfasser und
seinen Eideshelfer gegen sie selbst in Schutz
nehmen zu müssen. Von einem „abonder" der
wissenschaftlichen Repertorien ist die deutsche,
wie dte englische und italienische Kunstwissen-
schaft noch weit entfernt, und man hat in Frank-
reich allen Grund, solz zu sein auf die seit Jahr-
zehnten dort gepflegten Bestrebungen, alles do-
kumentarische Material über die Kunstschätze der
Nation mit größter philologischer Akkuratesse zu
zu sammeln und zu ediren.
Der vorliegende Dictionnaire der französischen
Bildhauer zumal ist eine Leistung, von der gesagt
werden muß, daß sie ihresgleichen sucht in der
gesamten kunstwissenschaftlichen Literatur aller
Länder. So sehr grade wir in Deutschland mit
Befriedigung auf die bibliographischen und lexi-
kalischen Arbeiten der letzten Jahrzehnte blicken
können, wie sie in den Inventaren der Provinzen,
den Literatur-Nachweisen des Repertoriums und
seiner Nachfolger — einerseits, wie in der Ency-
klopädie des „Thieme-Becker" andererseits, vor-
liegen — wer hätte wohl bei uns, nachdem der
große und kühne Versuch Julius Meyers und seiner
Genossen so schlecht belohnt worden war, den
Mut gehabt, als Einzelner sich an eine Riesen-
aufgabe zu wagen, wie sie hier, von einem Fran-
zosen geleistet, vorliegt. Wir haben die gewiß
einzig dastehende Tatsache zu konstatieren, daß
ein Bildhauer von Beruf zwanzig Jahre hindurch,
ohne jede fremde Hilfe und ohne jede wissen-
schaftliche oder pekuniäre Unterstützung, seine
Mußestunden der Aufgabe opfert, all den Hunderten
von großen und kleinen Namen seiner Genossen
aus den frühesten Tagen des Mittelalters bis zum
Ende des 18. Jahrhunderts in einem monumentalen
Schriftwerk einen Ehrentempel zu errichten.

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