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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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hervor, daß mich bei der Zuweisung des Alphabetes Schneeli Nr. x und des Lu-
cretiatitels an Ambrosius doch die große Verwandtschaft beider Arbeiten mit den
gleichzeitigen Werken Hans Holbeins sowohl im Ornament und Putten wie in den
Figurenszenen beunruhigte. Für die Entscheidung der Frage sind inzwischen etwas
andere Grundlagen gewonnen. Zunächst waren meine Angaben über das Auf-
tauchen der ersten Holzschnitte von Ambrosius Holbein nicht genau, wegen des
einen unglücklichen Irrtums in der Datierung der zweiten Frobenschen Ausgabe
des Theodorus Gaza. (Siehe unten, Beginn des Abschnittes: Berichtigungen zum
bisherigen Werk.) Ferner ist das Alphabet Schneeli Nr. i nicht mehr fraglich,
weil es, was bisher ganz übersehen wurde, eine bezeichnete Arbeit des Hans Hol-
bein ist. Dieses seit November 1516 in Frobenschen Drucken verwendete Alphabet
ist in dem, bei Schneeli fehlenden Buchstaben O1), signiert (Abb. 1). Das Initial
zeigt unter einem Totenschädel einen großen menschlichen Röhrenknochen nebst
drei Rippen, oben links etwas Pflanzenornament, oben rechts ein viereckiges Holz-
täfelchen mit Zapfen an der oberen Kante zum Annageln. Auf diesem sattsam be-
kannten Künstlertäfelchen ist Hans Holbeins Monogramm angebracht, bestehend
aus dem kleineren vom größeren umschlossenen lapidaren (Doppel)-H, womit auch
die Version D der Holbeinischen Kebestafel signiert ist. Trotz aller Scheu kann
ich nicht anders, als eine alte belächelte Wortspielerei aus früherem Jahrhundert
wieder aufzunehmen und zu finden, daß die hohlen Gebeine in dem gerade mit
H H versehenen Vokal O eine Anspielung auf den Namen Holbeins, Hohlbein, ent-
halten. In der bisherigen Beschreibung des Alphabets fehlte übrigens noch der
Buchstabe K mit Harnisch, Schwert und Pflanzenornament, der bei Froben in
Erasmus Adagien von 1517/18 vorkommt.
2. Die Sicherung des vorgenannten Alphabets für Hans Holbein entscheidet nun
auch weiter, daß der im April 1517 in Erasmus: de duplici copia verborum er-
schienene Quarttitel mit dem Tod der Lucretia und dem Tuch der Veronika (Wolt-
mann, Ambrosius Holbein Nr. 4, in meinem Verzeichnis Ambrosius Nr. 6) tatsäch-
lich von Hans Holbein ist. Es erscheinen somit die Holzschnitte Hans Holbeins
in den Basler Druckwerken in ununterbrochener Reihe von Oktober 1516 bis Mai
1517, ein Nachzügler im Juli 1517, die Holzschnitte Ambrosius Holbeins schließen
sich in einer längeren Reihe seit dem Mai 1517 zeitlich an, signierte Blätter sind
darunter seit Juni 1517.
3. Eine horizontale Zierleiste mit dem Tod der „Verginea" durch die Hand ihres
Vaters „Verginius", 0,157 m breit und 0,031 m hoch mit einfacher Linieneinfassung
und weißem Luftgrund (Abb. 2); Metallschnitt von Jacob Faber, erscheint in der
Offizin Ludwig Königs in Basel 1619 und 1636 in des Basler Stadtschreibers
Johann Rudolph Sattler „Thesaurus Notariorum" und gehört zu einer Folge von
Leisten gleicher Breite aber zweierlei Höhen, welche Taten und Erlebnisse be-
rühmter Frauen aus der altrömischen Stadtgeschichte behandelt. Drei davon, die
mit der Gesandtschaft der römischen Frauen vor „Marcius Coriolanus", mit der
Flucht der „Cloelia" aus dem Lager des „Porsena" und dem Tod der Virginia sind
von Holbein gezeichnet, eine vierte, die mit der Cloelialeiste in der Höhe überein-
stimmt und die frevelhafte Fahrt der „Tullia" über den Körper ihres Vaters „Ser-
vius Tullius" zum Gegenstand hat, ist geringer, ist offenbar ein eigener Entwurf
(1) Ich verweise auf die vorzüglich scharfen Abdrucke in Frobens: Historiae Augustae scriptores, Sue-
tonius etc., Basel 1518, Folio; und in Erasmus Annotationes in nov. test, bei Froben in Basel 1519,
mit den Signaturen CC I. 14 und F. G. V.41 in der Basler Universitätsbibliothek.

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